Endspurt mit Höhenflug
Der Deutsche Leitindex Dax erreicht nach dem Absturz im März einen historischen Rekordwert. Experten warnen jedoch vor zu euphorischer Stimmung.
Kurz vor Jahresschluss freudige Mienen auf dem Frankfurter Börsen-parkett: Ein 1246 Seiten langer Vertrag über einen doch noch geordneten Austritt der Briten aus der EU, mit dem nur wenige noch gerechnet hatten, ein 900 Milliarden Dollar schweres Konjunktur-programm in den USA, das Präsident Trump lange blockiert hatte und die ersten Corona-impfungen haben den Deutschen Aktienindex am Montagmorgen um 9.33 Uhr auf ein neues Allzeit-hoch von 13 818,65 Punkten geschoben. Damit überwand das wichtigste Börsen-barometer hierzulande den letzten Rekord vom 17. Februar diesen Jahres. Damals hatte der Dax 13 795 Zähler erreicht.
Privatanleger treiben Kurse
„Besser könnten Nachrichtenlage und Stimmung an der Börse kaum sein“, kommentierte Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets den neuen Rekord. „Große Probleme wurden in letzter Sekunde gelöst und auf dem Weg aus der Corona-pandemie sind Wirtschaft und Gesellschaft mit dem Impfstart in Europa ein ganzes Stück vorangekommen.“Auch der Mdax für Börsenwerte aus der zweiten Reihe verbuchte am Montag mit 30 803 Punkten einen neuen Rekord. Dem Vernehmen nach haben vor allem Privatanlegern den Dax auf sein neues Hoch getrieben, professionelle Investoren hätten ihre Bücher faktisch schon geschlossen.
Damit hat der Dax seit Jahresanfang trotz Corona um rund 4,3 und der Mdax sogar um etwa 8,5 Prozent zugelegt. Noch erstaunlicher ist die Entwicklung seit dem Tiefstand von 8256 Zählern Mitte März. Seitdem ist das wichtigste deutsche Börsenbarometer um rund 67 Prozent gestiegen. Alle 30 Dax-werte standen am Montag am frühen Nachmittag im Plus. Am deutlichsten zulegen konnte das Papier des Essens-lieferdienstes Delivery Hero mit zeitweise rund 10 Prozent. Mit mehr als 2Prozent nach oben ging es bei der Deutschen Post, bei Linde und Henkel.
Trotz des Höhenflugs gibt es aber auch mahnende Stimmen. In der Weihnachtswoche habe sich die Situation in Deutschland nicht entspannt, stellen etwa die Experten der Commerzbank fest. Der Rückgang der gemeldeten Neuinfektionen sei allein auf den reduzierten Testumfang zurückzuführen. Die Zahl der in deutschen Krankenhäusern intensiv-medizinisch behandelten Corona-patienten sei indes weiter gestiegen.
Zudem mahnen Chartexperten zur Vorsicht angesichts des erst einmal nur knappen Sprungs des Dax über sein altes Rekordhoch. Normalerweise macht ein Anstieg auf eine neue Bestmarke den Weg frei für weitere Gewinne. Aktuell könnte es sich aber auch um ein sogenanntes „Fehlsignal“handeln, zumal die Handelsumsätze zwischen den Jahren niedrig seien, sagte ein Börsianer. So gingen nachhaltige Ausbrüche nach oben oftmals mit hohen Umsätzen einher – ein Zeichen, dass viele Investoren einsteigen und somit ein Maß ihres Vertrauens in den Anstieg. Wie nachhaltig die aktuelle Entwicklung ist, dürfte sich daher erst im neuen Jahr so richtig zeigen.
Freilich blieb das Rekord-hoch im Dax am Montag eine kurzfristige Episode. Im Tagesverlauf rutschte der Index wieder unter die Marke von 13 800 und zeitweise auch unter den Rekordstand von Mitte Februar. Was allerdings der guten Laune am drittletzten Handelstag des Jahres keinen Abbruch tat. Am Mittwoch um 14 Uhr schließen Händler und Banken ihre Börsenbücher für das Corona-jahr 2020.
Aktuell kann es sich laut Börsianer auch um ein Fehlsignal handeln.