Der Aufstieg in allerletzter Sekunde
Als die Baseketballdamen des HSB 1993 mit einem 59:57-Sieg über Bamberg den Aufstieg in die 1. Bundesliga schafften, kochte die Heidenheimer Karl-rau-halle.
Bei unseren historischen Momenten aus der Heidenheimer Sportgeschichte wollen wir heute an eine Zeit erinnern, in der im Brenztal noch nicht König Fußball die erste Geige spielte. Angesagt waren beispielsweise Fechten und Basketball, wobei sich im Spiel auf den 3,05 Meter hoch hängenden Korb besonders die Damen des HSB hervortaten, die es sogar zweimal in die 1. Bundesliga schafften. Zuletzt vor knapp 28 Jahren.
Und dieser Aufstieg war ein besonderer, alles spitzte sich auf das letzte Spiel der Aufstiegsrunde
zwischen Tabellenführer DJK Don Bosco Bamberg und dem HSB zu, der mit einem Sieg noch die Meisterschaft und den Sprung in die 1. Liga schaffen konnte.
Es war der 24. April 1993 und die Karl-rau-halle zum Bersten gefüllt. Rund 1100 Fans fragten sich, ob die Heidenheimer Damen gegen die favorisierten Gäste aus Bayern – angeführt von der überragenden Kanadierin Janet Fowler – die Überraschung schaffen können.
Und das Spiel erfüllte alle Erwartungen. Nach nervösem Beginn und fünf Punkten Rückstand kam die Mannschaft von Trainer Zvonko Penovic immer besser ins Spiel. Mannschaftskapitänin Maya Kuchenbecker ackerte und wirbelte in ihrer unnachahmlichen Weise.
20 Punkte von Kuchenbecker
Am Ende war sie mit 20 Punkten die Topscorerin der Partie, gefolgt von Eva Ruzickova (14), der für diese Saison geholten Verstärkung aus Tschechien, und Dagmar Brozio (13), einer der beiden dem Team angehörenden Töchter von Oswald Brozio, mit dessen Arbeit der Höhenflug des Heidenheimer Basketballs überhaupt erst begonnen hatte. Defensivspezialistin Ulla Pütter hielt die gefürchtete Fowler bei 15 Punkten, aber auch die anderen Spielerinnen in einem ausgeglichen agierenden Team erfüllten ihre Aufgabe.
So glich der HSB aus, führte zur Pause 30:26 und nach 26 Minuten mit 40:28. Aber es war noch lange nicht Schluss. Das Spiel wurde zur Abwehrschlacht, um jeden Rebound erbittert gekämpft. Sieben Minuten vor Spielschluss lagen die Gastgeberinnen noch mit zwölf Punkten vorn, verpassten dann aber mehrfach die Chance zur Vorentscheidung – vor allem von der Freiwurflinie.
Nur noch acht Sekunden
Bamberg kam heran, ein Dreipunktewurf bedeutete das 57:54, und nachdem der HSB trotz zwei Offenisvrebounds nicht punktete, gehörte auch der vermeintlich letzte Angriff den Gästen. Die Heidenheimerinnen verteidigten mit allem, was sie hatten, aber acht Sekunden vor dem Ende senkte sich ein Verzweiflungswurf der Bambergerin Renate Ochmann von jenseits der Dreipunktelinie zum Entsetzen der Hsb-damen in den Korb – 57:57. Das schien die Verlängerung zu sein, in der Bamberg wohl die besseren Karten gehabt hätte.
Aber die Hsblerinnen reagierten unglaublich nervenstark, ein Pass von Silvia Brozio übers ganze Feld landete bei Yvonne Musch, die stieg hoch und mit der Schlusssirene fiel der Ball durch den Ring. „Der Korbleger ihres Lebens“titelte am folgenden Montag die Heidenheimer Zeitung. Musch war es auch, die im vorletzten Spiel beim HSB-SIEG in Nördlingen mit zwei Freiwürfen vier Sekunden vor Schluss das „Endspiel“erst ermöglicht hatte.
Nach dem Sieg in allerletzter Sekunde gab es kein Halten mehr, Mannschaft und Fans verwandelten die Karl-rau-halle in ein Tollhaus. Der HSB spielte zum zweiten Mal nach der Saison 1985/86 im Oberhaus des deutschen Damenbasketballs.
Erneut dauerte das Gastspiel nur ein Jahr, letztlich erwiesen sich die Standortnachteile gegenüber den Metropolen und Universitätsstädten doch als zu groß. Dennoch war es eine unvergessene Zeit und die Hsbler haben sich ihren Platz in der deutschen Basketballgeschichte gesichert.
Dass es nicht zum Klassenerhalt reichte, lag sicher auch daran, dass mit Eva Ruzickova eine der überragenden Spielerinnen der Aufstiegssaison ihre Karriere aus gesundheitlichen Gründen beenden musste. Die Tschechin fand in Heidenheim dennoch ihr Glück. Sie ist bei der Firma Hartmann tätig und mit dem langjährigen Hsb-basketballer Bernd Engelhart verheiratet, der ja seit Februar 2020 das Heidenheimer Fechtzentrum leitet.
Eva Engelhart engagiert sich weiter in der Basketballabteilung, die beiden Söhne spielen natürlich auch. David in Heidenheim und Ulm, Jonas mittlerweile in Würzburg beim ehemaligen Klub von Dirk Nowitzki. Die dortige Damenmannschaft trainiert übrigens die Janet Fowler.
Heute im Ü-40-team
Einige der damaligen Aufstiegsheldinnen zog es in die Ferne, so auch Meistercoach Penovic, der viele Jahre die Heidelberger Herren trainierte. Andere leben wie Engelhart noch in Heidenheim, die Jüngeren spielten in den vergangenen Jahren erfolgreich in der Ü-40-auswahl, die sich mehrmals für die deutschen Meisterschaften qualifizierte.
Beispielsweise die damalige Kapitänin, die heute Maya Schönfelder heißt und die bis vor Kurzem sogar noch in der aktuellen ersten Damenmannschaft aushalf. Und die damalige Schützin des entscheidenden Korbes? Yvonne Tauscher stellte ihre außergewöhnliche Sportlichkeit später auch in anderen Disziplinen hervor, ist mittlerweile eine renommierte Taekwondo-meisterin.