Beim Abschied vom Laden auch ein bisschen Wehmut
Geschäftsaufgabe Haushaltswaren vom Kochlöffel bis zur Wäschespinne wurden beim Sanitärbetrieb Bäuerle in der Heidenheimer Straße mehr als 55 Jahre lang angeboten. Jetzt ist der Laden dicht, Corona spielt dabei aber nur eine Nebenrolle.
Paula Bäuerle hat 55 Jahre lang ihren Laden für Haushaltswaren geführt. Jetzt ist geschlossen, Corona hat damit jedoch nur am Rande zu tun.
Heimlich, still und leise hat vor wenigen Wochen ein beliebter Giengener Laden seine Türen geschlossen. Das seit 1965 in der Heidenheimer Straße 35 bestehende Haushaltswarengeschäft beim Heizungs- und Klimatechnikbetrieb Bäuerle Gmbh & Co. KG existiert nicht mehr. Eigentlich war geplant, den Laden zum Jahreswechsel zu schließen, erklärten Paula Bäuerle, die von Anfang an den Laden führte, und ihr Neffe, Andreas Bäuerle. Der Corona-lockdown Mitte Dezember hat dann aber dafür gesorgt, dass das Aus noch früher erfolgte.die grundsätzliche Entscheidung, keine Haushaltswaren mehr zu verkaufen, habe aber mit der Pandemie nichts zu tun, betont Paula Bäuerle: „Corona war nicht schuld.“Die Gründe seien vielmehr in einem veränderten Käuferverhalten zu suchen.
Schwierige Versorgung
Zudem sei es für den Einzelhandel immer schwieriger geworden, im gewohnten Umfang über den Großhandel versorgt zu werden. „Die Umsatzentwicklung war speziell in den letzten Jahren rückläufig. Hätte es sich gelohnt, dann hätte ich schon gerne weitergemacht“, berichtet Paula Bäuerle. So hätte vor Kurzem schon der dritte Großhandel, über den die Zulieferung erfolgte, aufgehört zu existieren. Bisher hätte man noch schnell reagieren können, wenn im Sortiment etwas fehlte und deshalb eine Nachlieferung erfolgen musste. Doch dieser Kundenservice war immer schwieriger aufrechtzuerhalten.
Von der Vase übers Geschirr bis zu Kochtopf, Kleiderbügel und Wäschespinne reichte das Angebot im Haushaltswarenladen Bäuerle. Wer die typische Aussteuerware für Hochzeitspaare suchte, war in der Heidenheimer Straße 35 an der richtigen Adresse. Neben alltäglichen Gebrauchsgegenständen wurde dort auch gerne nach stilvollen Geschenkartikeln gesucht.
Doch ein solches Sortiment wird mittlerweile auch in Discountern und Möbelgeschäften angeboten. „Und dort wird halt der Kochtopf oder die Pfanne dann so nebenher beim Einkaufen mitgenommen“, schildert Paula Bäuerle, ohne damit Kritik am Käuferverhalten üben zu wollen: „Die Zeiten sind eben so. Es geht ja anderen Fachgeschäften mit ihren Sortimenten nicht anders.“
Im Corona-jahr 2020 war es für Verbraucher ohnehin angezeigt, möglichst dort einzukaufen, wo das Sortiment am breitesten aufgestellt ist, um unnötige Kontakte
durch das Aufsuchen einzelner kleiner Geschäfte zu vermeiden. Aber gerade auch von persönlichen Kontakten lebte solch ein Fachbetrieb wie in Giengen. „Wir hatten auch Kundschaft aus der Umgebung, etwa aus Nattheim. Und oft wurde uns gesagt: Ihr habt doch hoffentlich den Laden noch lange offen“, sagt Andreas Bäuerle. Für das Heizungs- und Sanitärgeschäft sei es natürlich auch von Vorteil gewesen, Laufkundschaft im Hause zu haben.
Stück Tradition geht verloren
In Giengen geht mit der Schließung des Ladens nicht nur eine Tradition, sondern auch ein Stück althergebrachter Verkaufskultur zu Ende. Paula Bäuerle, die früher noch mit zusätzlichem Personal den Laden betrieb, zuletzt aber nur noch alleine tätig war, erinnert sich noch an die kleinen Anfänge im Geschäft hinter dem Giengener Rathaus und dann den Umzug 1965 in die Heidenheimer Straße. Stammkundschaft wurde ebenso bedient wie Menschen, die eher gelegentlich den Laden aufsuchten. „Wir hatten auch viele junge Leute unter unseren Käufern“, sagt Paula Bäuerle. Auch nach Schließung des Ladens bringt sich die 76-Jährige weiter ins Familienunternehmen ein, indem sie beispielsweise Termine mit Kunden vereinbart für Aufträge im Sanitärbetrieb.
Und: Vielleicht wird ja der Laden nochmals kurz geöffnet, um die Restware über einen abschließenden Räumungsverkauf anzubieten. Allzu umfangreich ist der Artikelbestand nicht mehr. „Wenn wir wie geplant zum Jahreswechsel aufgehört hätten, wäre vermutlich noch fast alles über den Ladentisch gegangen“, ist Paula Bäuerle überzeugt. Andreas Bäuerle schätzt die noch vorhandenen Verkaufsgegenstände auf rund fünf Prozent des sonst üblichen Warensortiments.
Was mit den Räumlichkeiten des bisherigen Ladens geschieht, will der Geschäftsführer momentan noch offenlassen: „Vielleicht findet sich ja ein Mieter. Für unseren Sanitärbereich brauchen wir den Platz jedenfalls nicht.“