Heidenheimer Neue Presse

Beim Abschied vom Laden auch ein bisschen Wehmut

Geschäftsa­ufgabe Haushaltsw­aren vom Kochlöffel bis zur Wäschespin­ne wurden beim Sanitärbet­rieb Bäuerle in der Heidenheim­er Straße mehr als 55 Jahre lang angeboten. Jetzt ist der Laden dicht, Corona spielt dabei aber nur eine Nebenrolle.

- Von Thomas Grüninger

Paula Bäuerle hat 55 Jahre lang ihren Laden für Haushaltsw­aren geführt. Jetzt ist geschlosse­n, Corona hat damit jedoch nur am Rande zu tun.

Heimlich, still und leise hat vor wenigen Wochen ein beliebter Giengener Laden seine Türen geschlosse­n. Das seit 1965 in der Heidenheim­er Straße 35 bestehende Haushaltsw­arengeschä­ft beim Heizungs- und Klimatechn­ikbetrieb Bäuerle Gmbh & Co. KG existiert nicht mehr. Eigentlich war geplant, den Laden zum Jahreswech­sel zu schließen, erklärten Paula Bäuerle, die von Anfang an den Laden führte, und ihr Neffe, Andreas Bäuerle. Der Corona-lockdown Mitte Dezember hat dann aber dafür gesorgt, dass das Aus noch früher erfolgte.die grundsätzl­iche Entscheidu­ng, keine Haushaltsw­aren mehr zu verkaufen, habe aber mit der Pandemie nichts zu tun, betont Paula Bäuerle: „Corona war nicht schuld.“Die Gründe seien vielmehr in einem veränderte­n Käuferverh­alten zu suchen.

Schwierige Versorgung

Zudem sei es für den Einzelhand­el immer schwierige­r geworden, im gewohnten Umfang über den Großhandel versorgt zu werden. „Die Umsatzentw­icklung war speziell in den letzten Jahren rückläufig. Hätte es sich gelohnt, dann hätte ich schon gerne weitergema­cht“, berichtet Paula Bäuerle. So hätte vor Kurzem schon der dritte Großhandel, über den die Zulieferun­g erfolgte, aufgehört zu existieren. Bisher hätte man noch schnell reagieren können, wenn im Sortiment etwas fehlte und deshalb eine Nachliefer­ung erfolgen musste. Doch dieser Kundenserv­ice war immer schwierige­r aufrechtzu­erhalten.

Von der Vase übers Geschirr bis zu Kochtopf, Kleiderbüg­el und Wäschespin­ne reichte das Angebot im Haushaltsw­arenladen Bäuerle. Wer die typische Aussteuerw­are für Hochzeitsp­aare suchte, war in der Heidenheim­er Straße 35 an der richtigen Adresse. Neben alltäglich­en Gebrauchsg­egenstände­n wurde dort auch gerne nach stilvollen Geschenkar­tikeln gesucht.

Doch ein solches Sortiment wird mittlerwei­le auch in Discounter­n und Möbelgesch­äften angeboten. „Und dort wird halt der Kochtopf oder die Pfanne dann so nebenher beim Einkaufen mitgenomme­n“, schildert Paula Bäuerle, ohne damit Kritik am Käuferverh­alten üben zu wollen: „Die Zeiten sind eben so. Es geht ja anderen Fachgeschä­ften mit ihren Sortimente­n nicht anders.“

Im Corona-jahr 2020 war es für Verbrauche­r ohnehin angezeigt, möglichst dort einzukaufe­n, wo das Sortiment am breitesten aufgestell­t ist, um unnötige Kontakte

durch das Aufsuchen einzelner kleiner Geschäfte zu vermeiden. Aber gerade auch von persönlich­en Kontakten lebte solch ein Fachbetrie­b wie in Giengen. „Wir hatten auch Kundschaft aus der Umgebung, etwa aus Nattheim. Und oft wurde uns gesagt: Ihr habt doch hoffentlic­h den Laden noch lange offen“, sagt Andreas Bäuerle. Für das Heizungs- und Sanitärges­chäft sei es natürlich auch von Vorteil gewesen, Laufkundsc­haft im Hause zu haben.

Stück Tradition geht verloren

In Giengen geht mit der Schließung des Ladens nicht nur eine Tradition, sondern auch ein Stück althergebr­achter Verkaufsku­ltur zu Ende. Paula Bäuerle, die früher noch mit zusätzlich­em Personal den Laden betrieb, zuletzt aber nur noch alleine tätig war, erinnert sich noch an die kleinen Anfänge im Geschäft hinter dem Giengener Rathaus und dann den Umzug 1965 in die Heidenheim­er Straße. Stammkunds­chaft wurde ebenso bedient wie Menschen, die eher gelegentli­ch den Laden aufsuchten. „Wir hatten auch viele junge Leute unter unseren Käufern“, sagt Paula Bäuerle. Auch nach Schließung des Ladens bringt sich die 76-Jährige weiter ins Familienun­ternehmen ein, indem sie beispielsw­eise Termine mit Kunden vereinbart für Aufträge im Sanitärbet­rieb.

Und: Vielleicht wird ja der Laden nochmals kurz geöffnet, um die Restware über einen abschließe­nden Räumungsve­rkauf anzubieten. Allzu umfangreic­h ist der Artikelbes­tand nicht mehr. „Wenn wir wie geplant zum Jahreswech­sel aufgehört hätten, wäre vermutlich noch fast alles über den Ladentisch gegangen“, ist Paula Bäuerle überzeugt. Andreas Bäuerle schätzt die noch vorhandene­n Verkaufsge­genstände auf rund fünf Prozent des sonst üblichen Warensorti­ments.

Was mit den Räumlichke­iten des bisherigen Ladens geschieht, will der Geschäftsf­ührer momentan noch offenlasse­n: „Vielleicht findet sich ja ein Mieter. Für unseren Sanitärber­eich brauchen wir den Platz jedenfalls nicht.“

 ?? Foto: Rudi Penk ?? Ein traditions­reicher Name in Giengen: der Sanitärbet­rieb Bäuerle, hier mit der langjährig­en Ladenbetre­iberin Paula Bäuerle und ihrem Neffen Andreas vor dem seit Kurzem geschlosse­nen Geschäft.
Foto: Rudi Penk Ein traditions­reicher Name in Giengen: der Sanitärbet­rieb Bäuerle, hier mit der langjährig­en Ladenbetre­iberin Paula Bäuerle und ihrem Neffen Andreas vor dem seit Kurzem geschlosse­nen Geschäft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany