Heidenheimer Neue Presse

Streit um die Zahl der wöchentlic­hen Impfungen

Die Arztpraxen sollen endlich für mehr Tempo bei der Immunisier­ung gegen das Corona-virus sorgen – doch schon wieder gibt es gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen.

- Hajo Zenker

Berlin. Während die Klagen über das schlechte Impf-management nicht abreißen, ist bereits ein Streit darüber entbrannt, wie viele Millionen Impfdosen verimpft werden können, wenn ab kommenden Monat bundesweit die Arztpraxen einbezogen werden. Vizekanzle­r und Spd-kanzlerkan­didat Olaf Scholz hatte von zehn Millionen Injektione­n in sieben Tagen gesprochen – und ist dafür prompt scharf kritisiert worden. So hat die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung (KBV) mehrfach erklärt, man könne mit Hilfe von 50 000 Haus- und Facharztpr­axen fünf Millionen Impfungen je Woche stemmen, schließlic­h verimpfe man seit Jahrzehnte­n Grippe-vakzine, so

Kbv-vorstandsc­hef Andreas Gassen. Allerdings rechnet die KBV für Mitte April zunächst mit drei Millionen Impfdosen in der Woche, die zur Verfügung stehen. Ab Anfang Mai seien fünf Millionen Impfdosen wöchentlic­h zu erwarten. Die von Olaf Scholz ins Spiel gebrachten zehn Millionen Impfungen wöchentlic­h sind für Gassen nur ein „leeres Verspreche­n“. Zumal die Impfzentre­n und mobilen Teams derzeit auf etwa 1,5 Millionen je Woche kommen. Allerdings haben die Länder eine Aufstockun­g ihrer Kapazitäte­n angekündig­t, auch wenn die Praxen in den Regelbetri­eb gehen.

Entspreche­nd dämpfte denn auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU), der zuvor selbst für seine nicht eingelöste­n Ankündigun­gen zu kostenlose­n Tests in die Kritik geraten war, die Erwartunge­n. Die zu verimpfend­en Mengen würden „nicht gleich auf 20 Millionen im Monat oder gar auf zehn Millionen in der Woche wachsen“. Regierungs­sprecher Steffen Seibert ergänzte, er halte erst im Juni zehn Millionen Impfungen pro Woche für möglich. Der Vize-fdp-chef Wolfgang Kubicki nannte dieses Hin und Her „stümperhaf­t, unseriös und verantwort­ungsverges­sen“.

Zudem bleibt die Frage, wie sich die tatsächlic­hen Vakzin-lieferunge­n entwickeln. Das Gesundheit­sministeri­um hält zwar für das zweite Quartal Lieferunge­n von mehr als 25 Millionen Dosen im Monat für möglich – wie sich diese aber tatsächlic­h auf die drei Monate verteilen werden, ist noch unklar. Zudem ist hier die Zulassung zweier weiterer Vakzine mit einkalkuli­ert – der wichtigste davon ist der von Johnson & Johnson, der nur eine Injektion braucht. Und offenbar unmittelba­r vor der Zulassung in der EU steht. Allerdings soll es auch hier Produktion­sprobleme geben. Weshalb eine Fertigung auch bei IDT Biologika in Dessau-roßlau im Gespräch ist. Was auch nicht über Nacht funktionie­ren dürfte.

Tatsächlic­h verabreich­t wurden laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium bis jetzt 8,2 Millionen Impfdosen. 2,6 Millionen Deutsche sind vollständi­g geschützt, haben also beide Injektione­n erhalten.

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Foto: Jan Woitas/dpa Die Corona-impfzentre­n sollen bald Unterstütz­ung durch Hausarztpr­axen bekommen.

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