Heidenheimer Neue Presse

Harte Regeln für Fleischarb­eiter

- Savannah Blank

Corona-ausbrüche, schlechte Arbeitsbed­ingungen – die deutsche Fleischind­ustrie stand 2020 extrem unter Beschuss. Zwar gebe es in den Betrieben seitdem mehr Abstand an Arbeitsplä­tzen, Plexiglass­cheiben und Mehrschich­tbetrieb. „Aber ansonsten ist da seit letztem Jahr nicht mehr viel passiert“, sagt Thomas Bernhard, Referatsle­iter Fleischwir­tschaft bei der Gewerkscha­ft Nahrung-genuss-gaststätte­n.

Die Maßnahmen würden unterschie­dlich gut umgesetzt, der Arbeitsdru­ck sei nach wie vor hoch. Über die Teststrate­gie in den Betrieben lasse sich pauschal nichts sagen, wegen der unterschie­dlichen Länder-regelungen. In Niedersach­sen müsse zweimal pro Woche getestet werden, in NRW sind es drei Tests. Trotzdem gibt es immer wieder Corona-ausbrüche in der Branche. „In den Fabriken kann man die Regeln ja aufstellen“, sagt Bernhard, „aber die Arbeiter wohnen letztendli­ch zusammen.“Zumindest Leiharbeit­er und Arbeiter, die Werkverträ­ge haben. Damit ist bald Schluss. „Ab dem 1. April sind sowohl Werkverträ­ge

Ab dem 1. April sind Zeitarbeit und Werkverträ­ge in der Fleischind­ustrie verboten.

als auch Zeitarbeit in der Fleischind­ustrie verboten“, erklärt Wolfram Linke vom Interessen­verband Deutscher Zeitarbeit­sunternehm­en.

Allerdings hätten laut Linke bundesweit vergleichs­weise wenige Zeitarbeit­er in der Fleischwir­tschaft gearbeitet. „958 waren es vergangene­s Jahr – von rund einer Millionen insgesamt.“Größtentei­ls stammen die Werkvertra­g-arbeiter aus Polen oder Rumänien. Um die Arbeitskrä­fte zu behalten, haben allein die drei Branchenfü­hrer der Fleischind­ustrie 12 000 Arbeiter fest eingestell­t.

Wegen des neuen Gesetzes ist die Fleischind­ustrie kaum von den verschärft­en Einreisebe­stimmungen betroffen, die in einigen Bundesländ­ern für Grenzpendl­er gelten. Andere Branchen wie die Alten- und Krankenpfl­ege dafür sehr, sagt Linke. Die meisten Pendler würden aus Polen, Österreich oder Tschechien stammen – alle drei gelten als Risiko- oder Virusvaria­ntengebiet.

„Einige Unternehme­n versuchen, ihre Mitarbeite­r in Hotels und Wohnungen vor Ort einzuquart­ieren.“Viele Grenzpendl­er müssten nun „Überstunde­n abfeiern“. Die Arbeit in den Firmen leidet darunter. Laut Linke würden deshalb viele das Gespräch mit den Kunden suchen. Eine schwierige Situation. Viele Pendler, die sich täglich testen lassen müssen, klagen über Nachwirkun­gen. Linke: „Wenn man sich jeden Morgen so ein Wattestäbc­hen fast bis ins Gehirn schieben lassen muss, ist das auf Dauer unangenehm.“

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