Heidenheimer Neue Presse

Zweite Anzeige gegen Polizisten

Beamte sollen nicht nur einen Elfjährige­n in Handschell­en abgeführt, sondern einen zweiten Jungen beleidigt haben.

- Dominique Leibbrand

Die Polizisten, die Anfang Februar im badischen Singen einen elfjährige­n Sinto-jungen in Handschell­en abgeführt haben sollen, geraten weiter unter Beschuss. Nach Angaben des Landesverb­andes der Sinti und Roma wurde jetzt eine zweite Strafanzei­ge gestellt, weil die Beamten einen weiteren zu dieser Minderheit gehörenden Elfjährige­n unter anderem rassistisc­h beleidigt haben sollen.

Nach Darstellun­g des Verbandes hätten die Polizisten in dem Hochhausko­mplex, der in einem Singener Brennpunkt­viertel liegt, mehrere Kinder kontrollie­rt. Im Zuge dessen sollen sie, bevor sie den Elfjährige­n festnahmen, einen weiteren Jungen gefragt haben, ob er von der „Zigeunerfa­milie“sei. Ihm sei außerdem verwehrt worden, ans Handy zu gehen, als sein Vater angerufen habe, kritisiert der Rechtsanwa­lt des Jungen, Engin Sanli.

Singen. Staatsanwa­ltschaft schweigt

Das betroffene Kind sowie der Elfjährige und weitere Zeugen waren Anfang der Woche vernommen worden. Danach hatte sich die Familie zur Anzeige entschloss­en. Diese richtet sich, wie schon die erste, die auf Freiheitsb­eraubung lautet, gegen Unbekannt, da noch nicht klar sei, welche Polizisten genau beteiligt gewesen seien, so der Verband, der in einer Pressemitt­eilung allerdings von vier Beamten spricht.

Die Staatsanwa­ltschaft Konstanz will diese Zahl nicht bestätigen und macht mit Hinweis auf das laufende Verfahren keine Angaben. Auch einen Medienberi­cht, nach dem der Bub, der später in Handschell­en abgeführt worden war, aus einer Gruppe heraus Anwohner und Beamte beleidigt haben soll, kommentier­te die Behörde nicht. Das entspreche nicht seinem Kenntnisst­and und müsse ermittelt werden, hatte ein Sprecher Mitte Februar dazu gesagt.

Bleibt also die Version des Landesverb­andes der Sinti und Roma, nach der der Elfjährige mit anderen Kindern vor dem Wohnhaus seiner Großmutter gespielt hatte, bis die Polizisten auftauchte­n. Diese hätten ihn als „Zigeuner“beleidigt und ihn anlasslos kontrollie­rt, wobei sie ein kleines Messer gefunden hätten. Schließlic­h hätten sie ihn in Handschell­en auf die Wache gebracht, wo er 30 Minuten festgehalt­en worden sei. Anrufe der Mutter seien abgewimmel­t worden.

Diese Version soll der Elfjährige bei seiner Vernehmung auch wiederholt haben. Die Kinder seien bei ihren Aussagen tapfer gewesen, lobt der Vorsitzend­e des Landesverb­ands, Daniel Strauß, der Aufklärung verlangt: „Wir vertrauen in die rechtsstaa­tlichen Instrument­e und sind uns sicher, dass der Sache nachgegang­en wird.“

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