Lieber Schimpftermin,
aus irgendeinem Grunde bist Du gerade in aller Munde, auch im schönen Heidenheim. Alle wollen dich haben, sicher haben auch alle jede Menge Grund, mal so richtig loszuschimpfen. Aber alle gleichzeitig geht natürlich nicht, also immer schön der Reihe nach.
Zuerst sind die Alten dran. Das ist auch gerecht, denn die haben am meisten erlebt und deshalb auch den größten Bruddelbedarf. Zum Beispiel können sie darüber schimpfen, dass früher mehr Disziplin herrschte. Heute macht doch jeder, was er will, die Menschen sind lethargisch und es gibt sogar eine gewisse Schimpfmüdigkeit.
Wer von den älteren Mitbürgern in der DDR groß wurde, kann da nur mit dem Kopf schütteln. Dort gab es keine Schimpfverweigerer und man blickte verächtlich gen Westen: Nimm das, Klassenfeind.
Wenn die Jahrgänge 1950 abwärts durch sind, ist das medizinische Fachpersonal an der Reihe. Kein Wunder, bei diesen Arbeitszeiten, den Bedingungen und der Bezahlung haben sie mindestens genauso viel Anlass zum Motzen wie die Senioren. Und wehe, es klatscht noch mal einer!
Dann kommen Lehrer, Erzieher, Soldaten und Menschen mit Vorerkrankung und irgendwann dürfen auch wir uns darauf freuen, mal so richtig Dampf abzulassen. Wenn nicht wieder so ein Schimpfdrängler dazwischen grätscht. Ein paar haben eben besonders großen Bedarf, Zeter und Mordio zu schreien. Wahrscheinlich Bundestagsabgeordnete, die nicht verstehen können, warum sie ihr Mandat aufgeben sollen, obwohl sie doch nur eine absolut marktgerechte Provision für die Vermittlung von Schutzmasken ein kassiert haben.
Naja, dann sollen sie mal schimpfen, vielleicht können sie uns bei dieser Gelegenheit auch erklären, warum es zwischen Hersteller und Unternehmen überhaupt eines Vermittlers bedarf. Oh, jetzt sind wir selbst am Meckern, dabei haben wir doch noch gar keine Zulassung. Kannst Du mal ein Auge zudrücken, lieber Schimpftermin?
Ach, Du liest es ja nicht . . .