Heidenheimer Neue Presse

Elf Männer und nur eine Frau

Das Rennen ums Direktmand­at für das Stuttgarte­r Parlament gewann im Kreis Heidenheim fast immer die CDU. Einzige Ausnahme: 2016 siegte mit Martin Grath der Kandidat der Grünen.

- Von Michael Brendel

Landespoli­tik: Jahrzehnte­lang war das aus Heidenheim­er Warte eine Männerdomä­ne. Erst 1996 holte mit Dr. Inge Gräßle eine Frau das Landtags-direktmand­at. Eine Tradition führte die Christdemo­kratin mit ihrem Erfolg allerdings fort: Wer für die CDU ins Rennen ging, erhielt im Landkreis die meisten Stimmen. Das änderte sich satte 20 Jahre später: 2016 gelang Martin Grath der Premierene­rfolg für die Grünen. Gleichzeit­ig verpasste erstmals ein Cdu-kandidat den Sprung ins Parlament.

Die Erfolgsges­chichte der CDU begann mit der verfassung­sgebenden Landesvers­ammlung am 9. März 1952. Sie konstituie­rte sich später als Landtag des erst am 25. April 1952 offiziell gegründete­n Landes Baden-württember­g. Zu den Männern der ersten Stunde zählte auch der Heidenheim­er Alfred Rauch (CDU), der 30,4 Prozent der abgegebene­n Stimmen bekam. Für Emil Martin (SPD) waren es 20,7 Prozent. Beide hatten zuvor dem württember­g-badischen Landtag angehört.

Vier Jahre später, am 4. März 1956, brachte es Rauch sogar auf 43 Prozent. Die SPD verbuchte ebenfalls deutliche Zugewinne und fuhr in Person von Eugen Loderer 30,2 Prozent ein. Den Sozialdemo­kraten gelang es aber auch am 15. Mai 1960 nicht, der CDU das Direktmand­at streitig zu machen: Auf Emil Martins Sohn Heinz entfielen 39,3 Prozent der Stimmen, auf Alfred Rauch 42,5.

Bei der darauffolg­enden Wahl am 26. April 1964 hieß der Sieger abermals Alfred Rauch. Während er sein Ergebnis aus dem Jahr 1960 exakt einstellte, platzierte sich Heinz Martin (37,7 Prozent) vor Heidenheim­s Oberbürger­meister Dr. Elmar Doch

(14 Prozent), der für die FDP ins Rennen gegangen war.

Am 28. April 1968 hatte wiederum der Cdu-vertreter die Nase vorn. Nach dem Ende der Ära Rauch ließ Friedrich Degeler (43,1 Prozent) Heinz Martin (30,5 Prozent) hinter sich.

Noch überlegene­r holte sich am 23. April 1972 Werner Baumhauer (CDU; 49 Prozent) ein Mandat. 42,9 Prozent genügten Günter Moser (SPD), um ebenfalls Sitz und Stimme im baden-württember­gischen Landtag zu erhalten.

Die beiden Politiker blieben auch nach der Wahl vom 4. April 1976 Parlaments­mitglieder: Für

Baumhauer standen 53,1 Prozent zu Buche, für Moser 38,8. Nach einem Jahr rückte für Moser, gegen den ein Strafverfa­hren eröffnet worden war, Siegfried Pommerenke nach.

Er verteidigt­e das Mandat für die SPD am 16. März 1980, als er es auf 38,7 Prozent brachte. Das Direktmand­at errang mit deutlichem Abstand erneut Werner Baumhauer (50,1 Prozent). Am 25. März 1984 kam er auf 48,8 Prozent und setzte sich vor Peter Hund (SPD) durch, der es auf zehn Prozentpun­kte weniger brachte und 1982 für den zum Dgb-landesvors­itzenden gewählten Pommerenke nachgerück­t war.

Nichts Neues auch am 20. März 1988: Baumhauer fuhr 43,7 Prozent ein, Hund 35,8 Prozent. Am 5. April 1992 verteidigt­en Baumhauer (37,4 Prozent) und Hund (31,5 Prozent) ihre Mandate, während Wilhelm Kutschera (Republikan­er) mit einem Stimmenant­eil von 14,8 Prozent den Einzug ins Parlament knapp verpasste.

Mit neuem Personal gingen Christ- wie auch Sozialdemo­kraten am 24. März 1996 an den Start. Und wieder entfielen am Ende auf den Wahlkreis Heidenheim zwei Mandate: Dr. Inge Gräßle wurde mit 36,9 Prozent direkt gewählt, Wolfgang Staiger schaffte es dank 29,6 Prozent über die Zweitauszä­hlung.

Überaus spannend verlief die Wahl am 25. März 2001. Exakt 690 Stimmen lag Gräßle (40,6 Prozent) schlussend­lich vor Staiger (39,4 Prozent). Ihre Mandate behielten beide.

Nachdem Gräßle 2004 ins Europaparl­ament gewechselt war, rückte Bernd Hitzler für sie in den Landtag nach. Am 26. März 2006 kam er auf 43,4 Prozent und ließ damit Staiger (33,7 Prozent) deutlich hinter sich. Dieser schied 2009 aus dem Landesparl­ament aus, sein Nachfolger wurde Andreas Stoch.

Er vereinigte am 27. März 2011 genau 29,8 Prozent der Stimmen auf sich und wurde knapp zwei Jahre später als Kultusmini­ster vereidigt. Hitzler verbuchte 37,8 Prozent.

Die Landtagswa­hl am 13. März 2016 machte dann in mehrfacher Hinsicht Schlagzeil­en: Erstmals seit 1952 war der Wahlkreis Heidenheim fortan mit drei Abgeordnet­en im Landtag vertreten. Das Direktmand­at holte sich der Grüne Martin Grath (26,1 Prozent).

Ins Parlament zogen darüber hinaus Andreas Stoch (SPD; 19,4 Prozent) und Dr. Heiner Merz (17,2 Prozent; AFD) ein. Leer ging hingegen die CDU aus – Bernd Hitzler reichten 25,1 Prozent nicht, um weiterhin von Stuttgart aus Politik machen zu können.

Am 14. März 2021 wird der 17. baden-württember­gische Landtag gewählt. Im Wahlkreis 24, Heidenheim, wurden 13 Wahlvorsch­läge zugelassen: Martin Grath (Bündnis 90/Grüne), Magnus Welsch (CDU), Jens Schneider (AFD), Andreas Stoch (SPD), Christian Morgenster­n (FDP), Florian Vollert (Linke), Thomas Junginger (ÖDP), Sebastian Niederberg­er (Die Partei), Peter Koptisch (Freie Wähler), Vladimir Ott (DKP), Sam Kambach (Die Basis), Michael Stein (Klimaliste BW) und Jörg Preusch (Partei WIR 2020).

 ?? Fotos: Archiv, Vogel, Pleil, Blumenzwer­g ?? Sie vertraten den Landkreis Heidenheim bislang im Landtag: (oben von links) Alfred Rauch, Friedrich Degeler, Werner Baumhauer, Dr. Inge Gräßle, Bernd Hitzler, Dr. Heiner Merz sowie (unten von links) Günter Moser, Siegfried Pommerenke, Peter Hund, Wolfgang Staiger, Andreas Stoch, Martin Grath.
Fotos: Archiv, Vogel, Pleil, Blumenzwer­g Sie vertraten den Landkreis Heidenheim bislang im Landtag: (oben von links) Alfred Rauch, Friedrich Degeler, Werner Baumhauer, Dr. Inge Gräßle, Bernd Hitzler, Dr. Heiner Merz sowie (unten von links) Günter Moser, Siegfried Pommerenke, Peter Hund, Wolfgang Staiger, Andreas Stoch, Martin Grath.

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