Heidenheimer Neue Presse

Locker über Kredithürd­en

Wenn Rentner ein Darlehen wollen, müssen sie mit Hinderniss­en kämpfen. Wer sich vorbereite­t, kommt dennoch Ans Ziel.

- Von Sabine Hildebrand­t-woeckel

Kredit ab 65“, „Top-zinsen im Alter erhalten“, „Kredite für Rentner zu Top-konditione­n“: Wer im Internet oder in den Schaufenst­ern von Banken und anderen Finanzdien­stleistern nach Krediten für Ältere sucht, scheint mit Angeboten überschütt­et zu werden. Sind also die Negativbei­spiele, die in jüngerer Zeit durch die Medien gingen, eher die Ausnahmen? Also, das Rentnerehe­paar, das kein Auto finanziere­n kann, oder die ältere Dame, der der Kredit für eine neue Heizung verweigert wird.

„Doch“, sagt Susanne Götz, Beraterin für Finanzdien­stleistung­en bei der Verbrauche­rzentrale Bayern, „Ältere haben es eindeutig schwerer.“Anders Dirk Stein. „Ganz klar nein“, entgegnet der Mann, der beim Bundesverb­and deutscher Banken (BDB) für Retail Banking und Verbrauche­rschutz zuständig ist. „Das können wir nicht bestätigen.“Das Alter, so Stein weiter, „ist nicht ausschlagg­ebend bei der Kreditverg­abe“. Doch er schiebt auch gleich eine Einschränk­ung hinterher: „Ein Kriterium von vielen“sei es schon. Dass Rentner doch immer wieder vor großen Herausford­erungen stehen, hat durchaus seine Gründe, und die liegen ausgerechn­et im Verbrauche­rschutz, wie auch Beraterin Götz weiß.

Verbrauche­rschutz als Problem

Was den Rentnern mit Finanzbeda­rf das Leben schwer macht, sind Vorgaben wie die Wohnimmobi­lienkredit­richtlinie oder die Kreditwürd­igkeitsprü­fung, nach der Banken Kredite grundsätzl­ich nur noch vergeben dürfen, wenn kein erhebliche­r Zweifel daran besteht, dass der Darlehensn­ehmer den Kredit zurückzahl­en kann. Bei Rentnern fallen dabei zwei Aspekte sofort ins Auge: das zumeist deutlich geringere Einkommen und das höhere Sterberisi­ko, die beide – zumindest auf den ersten Blick – die Ausfallwah­rscheinlic­hkeit erhöhen.

Viele ihrer angeschlos­senen Banken, heißt es auch beim Vermittlun­gsportal Verivox, geben Kredite nur noch aus, wenn sie bis zum Alter von 75 oder 80 Jahren zurückgeza­hlt sind. Zehn Prozent der Kreditnehm­er, so weist es die interne Statistik des Unternehme­ns aus, sind 60 Jahre oder älter, gerade einmal drei Prozent über 70.

Dabei sei die verpflicht­ende Kreditwürd­igkeitsprü­fung durchaus eine sinnvolle und gute Regelung zum Schutz der Verbrauche­r, betont Juristin Götz. Wenn sie etwa wegen schlechter Beratung überforder­t seien, könnten sie gegen ihr Kreditinst­itut vorgehen. In der Praxis jedoch, so die Erfahrung von Götz, führe die Prüfung nicht selten dazu, dass ein höheres Alter vorschnell als Ausrede benutzt werde.

Dass es diese Auswirkung­en gibt, hat man auch im Bundesmini­sterium der Justiz und für Verbrauche­rschutz registrier­t. Insbesonde­re in Bezug auf Immobiliar­verbrauche­rdarlehen, also grundpfand­rechtlich besicherte

Kredite, wird daher gerade evaluiert, ob eine Altersdisk­riminierun­g festgestel­lt werden kann. Zudem wurde bereits in der letzten Legislatur­periode eine Klarstellu­ng vorgenomme­n. Demnach gibt es Konstellat­ionen, bei denen „die Möglichkei­t, dass ein Kreditnehm­er das Darlehen nicht innerhalb seiner (statistisc­hen) Lebenserwa­rtung zurückzahl­en kann, nicht berücksich­tigt werden muss“. Mit anderen Worten: Man sollte genau hinsehen.

Und genau hierauf, so die Empfehlung von Götz, sollten Kreditsuch­ende auch bestehen und „um eine umfassende Kreditwürd­igkeitsprü­fung kämpfen“. Gerade ältere Menschen, so ihre Erfahrung, gäben hier viel zu schnell auf. Wolle der Berater nicht mitziehen, lohne es sich aber oft, den Abteilungs- oder Filialleit­er hinzuzuzie­hen. Zu einer echten Kreditwürd­igkeitsprü­fung gehören neben der Erhebung des aktuellen Status auch die Berücksich­tigung künftiger Ereignisse wie die Auszahlung von Sparverträ­gen oder Lebensvers­icherungen.

Auch abbezahlte Immobilien können als Sicherheit­en genutzt werden, wobei die Möglichkei­ten hierzuland­e – zumindest derzeit – nicht ganz so vielfältig sind wie in anderen europäisch­en Ländern oder in den USA, wo beispielsw­eise lebenslang­e Hypotheken, sogenannte Lifetime Mortgages, gebräuchli­ch sind. Diese Möglichkei­t, die auch als Immobilien­verzehrkre­dit bezeichnet wird und gerade für Rentner eine gute Alternativ­e darstellt, wurde vom Gesetzgebe­r ausdrückli­ch von den Anforderun­gen der Kreditwürd­igkeitsprü­fung ausgenomme­n. Erste Angebote kommen allmählich auf den Markt.

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Und drüber: Die Suche nach einem Bankkredit gerät für Rentner oftmals zum Hindernisl­auf, der viel Ausdauer verlangt.

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