Löw weit weg von „Lame Duck“
Nach seiner Rücktrittsankündigung ist der Bundestrainer von Fesseln befreit.
Von wegen Lahme Ente: Der persönliche Befreiungsschlag von „Ich-entscheide“-bundestrainer Joachim Löw hat rund um die angeschlagene deutsche Fußball-nationalmannschaft in Windeseile für völlig neue Konstellationen gesorgt. Nicht mehr die Rolle und die Zukunft des „ewigen Jogi“stehen plötzlich im Brennglas der Öffentlichkeit, sondern: Kann das Team um Kapitän Manuel Neuer nach 15 Jahren unter Löw seinem Chef bei der Europameisterschaft im Sommer einen glänzenden Abgang verschaffen? Und vor allem: Wer übernimmt den Posten als wichtigster Fußballlehrer des Landes?
Löw hat mit seinem angekündigten Abschied nach der Euro im Sommer die größten Probleme Richtung DFB geschoben. Der Verband bekam das postwendend zu spüren: Jürgen Klopp als Nachfolgekandidat Nummer eins, den sich viele Fans wünschen würden, erneuerte seine Absage.
„Dass ich gefragt wurde, ist erstmal eine Ehre. Aber ich sage: Nein, ich habe einen Vertrag, und selbst wenn Liverpool mich hier rausschmeißt: Wenn meine Zeit hier rum ist, werde ich erstmal ein Jahr Pause machen“, sagte der Trainer des englischen Meisters FC Liverpool dem Tv-sender Sky. Klopp bekräftigte: „So funktioniert das einfach nicht. Und dementsprechend: Nein.“
Rangnick zeigt Interesse
Neben Klopp sind Bayern-trainer Hansi Flick (56), den Dfb-direktor Oliver Bierhoff sehr schätzt, Ex-leipzig-manager und -Trainer Ralf Rangnick (62) und U21-nationalcoach Stefan Kuntz (58) die heiß gehandelten Kandidaten. Rangnick zeigt sich interessiert. Es sein eine „Stelle, die niemanden in Deutschland kalt lässt“, sagte er am Mittwoch bei Sky. „Für mich ist es in erster Linie eine Frage des Timings. Im Moment bin ich frei.“
Löw braucht die Nachfolge-diskussion nicht zu beschäftigen. Eine „Lame Duck“wird der 61-lährige durch seinen Rückzug nicht. Im Gegenteil: Er hat sich von enormem Ballast befreit. Endlos-debatten um eine Rückkehr der von ihm aussortierten Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng, Rücksichtnahme auf Vereine, Kritik von Experten und Ex-spielern sowie persönliche Sympathiewerte bei den Fans im Sturzflug – all das hat Löw abgeschüttelt. Nur noch eines zählt für ihn: „Ich werde mein Bestes geben, unseren Fans bei diesem Turnier große Freude zu bereiten.“
Jetzt sind die Spieler auf dem Platz mehr in der Pflicht. Eine Wagenburg-mentalität wie beim Wm-triumph in Brasilien könnte helfen. „Nun gibt es einen Grund mehr, dass wir alles versuchen, die Europameisterschaft erfolgreich zu bestreiten“, schrieb Dfb-kapitän Manuel Neuer bei Instagram.