Millionen ergaunert?
Weil es zu Betrugsfällen gekommen sein soll, hat das Wirtschaftsministerium die Abschlagszahlungen gestoppt. Sie sollen „in Kürze“wieder anlaufen.
Nur die Abschlagszahlungen auf die Corona-wirtschaftshilfen wurden wegen des Verdachts von Betrügereien kurzfristig gestoppt. Sie sollen „in Kürze wieder anlaufen“, betonte das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch. Die regulären Zahlungen liefen dagegen weiter. Auch die „Neustarthilfe“für Soloselbstständige werde weiterhin ausgezahlt.
In „einigen wenigen Fällen“seien „mit erheblicher krimineller Energie“Zahlungen ergaunert worden, so eine Sprecherin des Ministeriums. Über die Zahl der Verfahren und die Schadenssumme wollte sie sich wegen der laufenden Ermittlungen nicht äußern. Nach einem Bericht des „Handelsblatts“geht es um drei Tatverdächtige und eine Schadenssumme von weniger als 15 Millionen Euro.
Erst am Dienstag war bekannt geworden, dass das Ministerium die Zahlungen bereits Ende vergangener Woche wegen des Verdachts auf Betrügereien gestoppt hatte. Eigentlich war eine Sicherheitsprüfung eingebaut worden, um Missbrauch zu verhindern: Nur Soloselbstständige, bei denen es um relativ geringe Summen geht, können die Anträge selbst stellen. Ansonsten müssen sie über „prüfende Dritte“wie Steuerberater oder Anwälte laufen. Es heißt jetzt, Betrüger hätten die
Identität einer Anwältin gestohlen und genutzt und ihre eigene Kontonummer angegeben.
Ausgesetzt wurden die Vorauszahlungen auf die November- und Dezemberhilfe sowie die Überbrückungshilfe III. Die beiden ersten erhalten Unternehmen wie Restaurants und Hotels, die bereits Anfang November schließen mussten. Sie bekommen 75 Prozent ihres Vorjahresumsatzes; andere Hilfen wie Kurzarbeitergeld werden abgezogen. Die Überbrückungshilfe III geht unter anderem an Einzelhändler, die erst Mitte Dezember vom Lockdown betroffen waren, oder an Unternehmen, die wegen der Corona-pandemie existenzgefährdende Umsatzeinbrüche erlitten haben. Dabei werden nur Teile der Fixkosten erstattet.
Die Abschlagszahlungen auf die November- und Dezemberhilfe seien zu über 96 Prozent überwiesen worden, betonte das Ministerium. Bisher wurden 7,8 Milliarden Euro ausgezahlt. Davon waren 3,9 Milliarden Euro Abschlagszahlungen.
Auf die Überbrückungshilfe III, die erst seit dem 10. Februar beantragt werden kann, gibt es Vorauszahlungen von 586 Millionen Euro.
Betrugsfälle hätten sich vermeiden lassen, wenn die Finanzämter die Bearbeitung und Auszahlung der Hilfen übernommen hätten, kritisierte Michael Theurer, Fdp-fraktionsvize im Bundestag. Denn diese hätten die
Kontodaten und könnten daher überprüfen, ob diese mit den Antragstellern übereinstimmten. Allerdings hatten es die Finanzminister der Länder abgelehnt, die Auszahlung den Finanzämtern zu übertragen. Daher musste das Bundeswirtschaftsministerium für die Abschlagszahlungen eine eigene Software entwickeln und die Förderbanken der Länder mit der Abwicklung der Anträge beauftragen, was viel Zeit erforderte. Theurer hält es immer noch für möglich, die Finanzämter einzuschalten.
Der Bund hat bisher mehr als 85 Milliarden Euro bewilligt.
Fehler im System
Die Grünen-bundestagsabgeordnete Claudia Müller kritisierte Fehler im System: Im Wirtschaftsausschuss des Bundestags sei erklärt worden, dass Abschlagszahlungen nur an Kontonummern gehen könnten, die den Finanzämtern bekannt seien. Das habe offenbar nicht funktioniert.
Bisher hat der Bund über 85 Milliarden Euro Corona-hilfen an Unternehmen bewilligt. Bei den neuen Programmen wollte die Regierung Betrügereien wie bei der Soforthilfe eigentlich verhindern. Sie hatten vor einem Jahr bei Beginn der Corona-pandemie kleine Unternehmen ohne größere Prüfungen erhalten. Es waren zahlreiche Fälle bekanntgeworden, in denen Kriminelle dies ausgenutzt hatten, etwa indem sie mehrfach Anträge stellten.