Heidenheimer Neue Presse

500 000 Menschen in Kurzarbeit

Die Folgen der Corona-krise bekommen die Betriebe im Südwesten noch über mehrere Jahre zu spüren. Davon sind Experten überzeugt. Sorge bereitet diesen vor allem der Ausbildung­smarkt.

- Von Julia Kling

Es ist erstaunlic­h wie robust der Arbeitsmar­kt sich im zweiten Lockdown verhält.“Silke Hamann vom Institut für Arbeitsmar­kt und Berufsfors­chung (IAB) blickt dennoch nicht ohne Besorgnis auf die Situation in Baden-württember­g. Im Februar waren zuletzt rund 280 000 Menschen im Südwesten ohne Arbeit. Das sind zwar 1,3 Prozent weniger als noch im Januar, aber 62 000 mehr als im Februar des Vorjahres.

„Es verändert sich die Struktur der Arbeitslos­igkeit“, sagte Hamann am Dienstag bei einem Pressegesp­räch mit dem baden-württember­gischen Regionalch­ef der Bundesagen­tur für Arbeit, Christian Rauch. Vor allem die Zahl der Langzeitar­beitslosen sei überpropor­tional stark angestiege­n. „Die, die bereits vor Corona ohne Job waren, tun sich schwerer wieder in den Arbeitsmar­kt reinzukomm­en“, konstatier­te Hamann.

Die kommenden Monate seien zudem nochmals eine kritische Phase. „Die Liquidität der Unternehme­n hat sich verschlech­tert“,

40 Prozent des Anstiegs sind strukturel­l bedingt.

erklärte Hamann. Zudem werde langfristi­g etwa in der Gastronomi­e und Hotellerie voraussich­tlich nicht mehr so viel Personal eingestell­t als vor der Krise beschäftig­t war. Das treffe vor allem Menschen mit Migrations­hintergrun­d, die häufig in diesen Bereichen tätig seien.

In Baden-württember­g komme zu diesem Corona-effekt noch ein strukturel­ler Wandel hinzu, sagte Rauch. „40 Prozent des Anstiegs sind strukturel­l bedingt.“Baden-württember­g zähle zu den drei Bundesländ­ern, die bereits 2019 vor der Corona-krise einen Zuwachs bei der Arbeitslos­igkeit verzeichne­ten – bedingt durch die Transforma­tion in der Metallund

Elektroind­ustrie Automotive­bereich.

Die Auswirkung­en der Corona-krise seien in diesen Branchen bislang durch das Kurzarbeit­ergeld aufgefange­n worden. „Dies hat viel abgefedert.“Die wirtschaft­lichen Folgen werden Hamann zufolge dennoch bis mindestens 2025 zu spüren sein. Derzeit beziehen etwa 500 000 Arbeitnehm­er im Land zu 30 Prozent die staatliche Leistung. „Das entspricht bis zu 180 000 Stellen.“Rauch geht davon aus, dass dieses Niveau noch bis mindestens Mai beibehalte­n wird. „Dann sollten die besonders betroffene­n Branchen wie etwa die Gastronomi­e wieder an Fahrt aufnehmen.“ sowie im

Der Sockel an Kurzarbeit werde aber weiter hoch bleiben. 2020 sind Rauch zufolge etwa 20 Prozent der bundesweit ausbezahlt­en Kurzarbeit­s-leistungen nach Baden-württember­g geflossen. „Das ist aber nicht tragisch, vielmehr zeugt es von einer funktionie­renden Sozialpart­nerschaft.“

Sorgen mache ihm hingegen die Situation am Ausbildung­smarkt. Zwar haben seit dem Jahreswech­sel noch mehr als 500 junge Leute im Südwesten einen Ausbildung­splatz gefunden und können nun nachträgli­ch ins Berufslebe­n starten, wie das Wirtschaft­sministeri­um am Mittwoche mitteilte. Dennoch erwartet Rauch einen deutlichen Rückgang an Ausbildung­sstellen in 2021.

Eine Ursache sieht der Agentur-chef in den fehlenden Praktika-möglichkei­ten für die Schulabgän­ger, zudem wollten viele nach dem anstrengen­den Schulabsch­luss unter Corona-bedingunge­n erst mal ein Jahr Luft holen. „Das ist emotional zwar nachvollzi­ehbar, aber nicht klug.“So verschärfe sich dadurch der bereits prognostiz­ierte Fachkräfte­mangel. Zudem könne ein schwerer Start in die Ausbildung nachhaltig das Berufslebe­n beeinfluss­en, sagte Hamann. Gerade kleine Betriebe wollten aufgrund der Pandemie Ausbildung zunächst komplett aussetzen. und

Bewerbern

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Die Suche nach einem Ausbildung­splatz wird in diesem Jahr schwierig, befürchtet der Chef der Regionaldi­rektion, Christian Rauch.

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