Heidenheimer Neue Presse

Vertraulic­he Kompromiss­suche

Eine Kommission erörtert, wie Bauern ihre Höfe nachhaltig betreiben können. Besuch kommt von höchster Stelle.

- Dominik Guggemos

32 Menschen soll gemeinsam die Quadratur des Kreises gelingen. Diese bescheiden­de Zielsetzun­g kommt von oberster Stelle, aus dem Bundeskanz­leramt. Als Reaktion auf die Bauernprot­este im Herbst 2019 hat Angela Merkel die Zukunftsko­mmission Landwirtsc­haft (ZKL) einberufen. Deren Ziel: Empfehlung­en und Vorschläge für eine ökologisch und ökonomisch nachhaltig­e, sozial verträglic­he und akzeptiert­e Landwirtsc­haft vorlegen. Einen quadratisc­hen Kreis also, wie die Kanzlerin mit trockenem Humor zugesteht.

Seitdem hat Merkel zwei Sitzungen der ZKL besucht und sich auf den neuesten Stand der Diskussion bringen lassen, zuletzt am Dienstag. Presse und Öffentlich­keit mussten draußen bleiben, es soll vertraulic­h zugehen. Denn die zehn Vertreter aus der Landwirtsc­haft, acht aus dem Bereich Wirtschaft/verbrauche­r, sieben für Umwelt/tierschutz und sechs aus der Wissenscha­ft stehen normalerwe­ise in bitterer Rivalität

Berlin.

zueinander, zumindest in der öffentlich­en Debatte um landwirtsc­haftliche Themen.

Deshalb steht für Peter Strohschne­ider, den Vorsitzend­en der Kommission und ehemaligen Präsidente­n der Deutschen Forschungs­gemeinscha­ft, die „konstrukti­ve und vertraulic­he Zusammenar­beit“im Fokus. Innerhalb der ZKL sei diese vorhanden, betonen viele Mitglieder. Doch wie brüchig die konstrukti­ve Atmosphäre ist, zeigen die öffentlich­en Wortmeldun­gen im Kampf um die Deutungsho­heit.

Gegenseiti­ge Vorwürfe

Der Bauernverb­and sieht in der Kommission zwar eine große Chance, zeigt aber „wenig Verständni­s für die wiederholt unrealisti­schen Maximalfor­derungen einiger Ngo-vertreter, die die Arbeit der Kommission erschweren“. Greenpeace, eine der angesproch­enen NGOS, warf Bauernverb­andspräsid­ent Joachim Rukwied vor, bei den Sitzungen mit Abwesenhei­t zu glänzen.

Auch auf der politische­n Ebene gibt es Zoff. In der Kommission gibt es Bedenken, dass Empfehlung­en der ZKL von der aktuellen Bundesregi­erung nicht umgesetzt werden würden. Das befürchtet auch der agarpoliti­sche Sprecher der Grünen, Friedrich Ostendorff: „Die Erfahrunge­n der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Union absolut beratungsr­esistent gegenüber wissenscha­ftlichen Beiräten und anderen Kommission­en ist.“

Die Jugend geht auf der Suche nach Kompromiss­en, wie man Klimaschut­z und Landwirtsc­haft langfristi­g miteinande­r vereinen kann, mit gutem Beispiel voran. Die Vertreteri­nnen der Landjugend und des Jugendverb­andes des BUND in der ZKL haben ein gemeinsame­s Zukunftsbi­ld entworfen, das unter anderem hohe Tierschutz­standards und regionale Kreisläufe vorsieht. Und das ganze mit der Ansage verbunden: „Die Folgen betreffen vor allem uns. Wir sind die Zukunft!“

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