Vertrauliche Kompromisssuche
Eine Kommission erörtert, wie Bauern ihre Höfe nachhaltig betreiben können. Besuch kommt von höchster Stelle.
32 Menschen soll gemeinsam die Quadratur des Kreises gelingen. Diese bescheidende Zielsetzung kommt von oberster Stelle, aus dem Bundeskanzleramt. Als Reaktion auf die Bauernproteste im Herbst 2019 hat Angela Merkel die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) einberufen. Deren Ziel: Empfehlungen und Vorschläge für eine ökologisch und ökonomisch nachhaltige, sozial verträgliche und akzeptierte Landwirtschaft vorlegen. Einen quadratischen Kreis also, wie die Kanzlerin mit trockenem Humor zugesteht.
Seitdem hat Merkel zwei Sitzungen der ZKL besucht und sich auf den neuesten Stand der Diskussion bringen lassen, zuletzt am Dienstag. Presse und Öffentlichkeit mussten draußen bleiben, es soll vertraulich zugehen. Denn die zehn Vertreter aus der Landwirtschaft, acht aus dem Bereich Wirtschaft/verbraucher, sieben für Umwelt/tierschutz und sechs aus der Wissenschaft stehen normalerweise in bitterer Rivalität
Berlin.
zueinander, zumindest in der öffentlichen Debatte um landwirtschaftliche Themen.
Deshalb steht für Peter Strohschneider, den Vorsitzenden der Kommission und ehemaligen Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die „konstruktive und vertrauliche Zusammenarbeit“im Fokus. Innerhalb der ZKL sei diese vorhanden, betonen viele Mitglieder. Doch wie brüchig die konstruktive Atmosphäre ist, zeigen die öffentlichen Wortmeldungen im Kampf um die Deutungshoheit.
Gegenseitige Vorwürfe
Der Bauernverband sieht in der Kommission zwar eine große Chance, zeigt aber „wenig Verständnis für die wiederholt unrealistischen Maximalforderungen einiger Ngo-vertreter, die die Arbeit der Kommission erschweren“. Greenpeace, eine der angesprochenen NGOS, warf Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied vor, bei den Sitzungen mit Abwesenheit zu glänzen.
Auch auf der politischen Ebene gibt es Zoff. In der Kommission gibt es Bedenken, dass Empfehlungen der ZKL von der aktuellen Bundesregierung nicht umgesetzt werden würden. Das befürchtet auch der agarpolitische Sprecher der Grünen, Friedrich Ostendorff: „Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Union absolut beratungsresistent gegenüber wissenschaftlichen Beiräten und anderen Kommissionen ist.“
Die Jugend geht auf der Suche nach Kompromissen, wie man Klimaschutz und Landwirtschaft langfristig miteinander vereinen kann, mit gutem Beispiel voran. Die Vertreterinnen der Landjugend und des Jugendverbandes des BUND in der ZKL haben ein gemeinsames Zukunftsbild entworfen, das unter anderem hohe Tierschutzstandards und regionale Kreisläufe vorsieht. Und das ganze mit der Ansage verbunden: „Die Folgen betreffen vor allem uns. Wir sind die Zukunft!“