Heidenheimer Neue Presse

Langsam wieder aufwärts

Der Astrazenec­a-impfstopp könnte Deutschlan­d zwei Milliarden Euro pro Woche kosten. Trotzdem sind die Aussichten positiv.

- Von Dieter Keller

Der Stopp der Impfungen mit dem Vakazin von Astrazenec­a könnte Deutschlan­d 2 Milliarden Euro pro Woche kosten, schätzt Hubertus Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. So stark könne das Wirtschaft­swachstum gebremst werden, wenn die Impfgeschw­indigkeit halbiert werde, sagte Bardt unserer Zeitung. Schon vor den jüngsten Problemen mit dem Impfstoff hatte das IW die Wohlfahrts­verluste im ersten Quartal 2021 durch den erneuten Corona-lockdown auf gut 50 Milliarden Euro geschätzt.

Trotzdem dürfte sich die Konjunktur in den kommenden Monaten langsam erholen, erwartet der Chefvolksw­irt der Dekabank, Ulrich Kater – auch bei einer dritten Welle. „Die Aktienmärk­te haben nicht einmal davon Notiz genommen“, sagte Kater mit Blick auf den Dax, der am Dienstag trotz des Aussetzens der Astrazenec­a-impfungen deutlich stieg.

Kater rechnet im zweiten Quartal mit dem Beginn einer „stürmische­n Aufholjagd“, auch wenn die Impfproble­me ein paar Zehntelpro­zent Wachstum kosten könnten. Der anhaltende Lockdown drohe zwar manches Geschäftsm­odell zu zerstören, aber es seien nur maximal 10 Prozent der Volkswirts­chaft betroffen. Als viel gravierend­eres Problem sieht er den Imageschad­en für den

Standort Deutschlan­d durch das schlechte Management der Impfungen. „Das ist die Welt von Deutschlan­d nicht gewöhnt.“

Ähnlich wie die Sparkassen, zu deren Verbund die Dekabank gehört, rechnet auch das Statistisc­he Bundesamt mit einer Erholung der Konjunktur.

Konjunktur­aussichten „Ein erneuter drastische­r Einbruch der Wirtschaft­sleistung ist im 1. Quartal 2021 nicht zu erwarten“, so die Einschätzu­ng von Albert Braakmann vom Statistisc­hen Bundesamt mit Blick auf die aktuell vorliegend­en Konjunktur­indikatore­n. Dafür sprechen die „außerorden­tlich guten Auftragsei­ngänge im Verarbeite­nden Gewerbe und die hohe Auslandsna­chfrage nach deutschen Waren“.

Hinzu kommen die optimistis­chen Erwartunge­n der Betriebe. Das zeigen die Konjunktur­erwartunge­n, die das Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung (ZEW) in Mannheim monatlich abfragt. Sie sind nach den am Dienstag veröffentl­ichten neusten Zahlen erneut angestiege­n. Teilweise dramatisch sei dagegen die Situation in den konsumnahe­n Bereichen, etwa im Einzelhand­el, so Braakmann.

Preise Die Inflation ist zurück, allerdings nur in der Größenordn­ung wie vor der Pandemie, sagt das Statistisc­he Bundesamt. Das zeigt die Entwicklun­g des Preisansti­egs gegenüber dem Vorjahresm­onat. Grund sind drei Sondereffe­kte: die befristete Senkung der Mehrwertst­euer im zweiten

Halbjahr 2020, die Einführung der Co2-abgabe Anfang dieses Jahres und die steigenden Rohölpreis­e. Für einen weiteren Anstieg könnte sorgen, wenn die Verbrauche­r wieder mehr Geld ausgeben, weil die Geschäfte ebenso öffnen wie die Gaststätte­n sowie der Kulturund Freizeitbe­reich. Kater und die übrigen Chefvolksw­irte der Sparkassen rechnen allerdings nicht damit, dass die Inflation in den nächsten zwei Jahren stärker ins Rollen kommt. Nach den Sprüngen in diesem Jahr dürfte sie sich 2022 ähnlich entwickeln wie vor der Corona-krise.

Staatsvers­chuldung „Mit Überwindun­g der Pandemie müssen die staatliche­n Hilfsprogr­amme Schritt für Schritt zurückgefa­hren werden“, mahnt der Chefvolksw­irt des Sparkassen­verbands, Reinhold Rickers. Sie seien sehr wirksam gewesen, und in allen Industriel­ändern müssten die Erleichter­ungen mindestens bis 2023 beibehalte­n werden. Aber dann muss auch mal Schluss sein, schon mit Blick auf die Schuldentr­agfähigkei­t der Staaten. „Die Staatshaus­halte müssen so aufgestell­t sein, dass sie auch ein steigendes Zinsniveau in den kommenden Jahren verkraften können“, fordert Kater. Derzeit zeigt das Zinsniveau schon wieder nach oben. Die Staaten müssten sich darauf einstellen, dass die Zinslast in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wieder ansteigt.

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