Heidenheimer Neue Presse

Stadtwerke wollen Kosten ersetzt haben

Die Verseuchun­g des Grundwasse­rs bei Rastatt durch mit PFC belasteten Kompost kommt vor Gericht.

- Von Roland Müller

Die Sorge, dass Menschen nach langjährig­en Haftstrafe­n wieder morden oder andere schwere Straftaten begehen, ist statistisc­h eher unbegründe­t, sagt der Tübinger Kriminolog­e und Strafrecht­sprofessor Jörg Kinzig. Gerade die „Lebensläng­lichen“hätten nach Entlassung die geringsten Rückfallqu­oten.

„Das hat einerseits mit dem höheren Alter zu tun“, sagt Kinzig. Straftaten würden statistisc­h immer unwahrsche­inlicher, je älter jemand ist. Außerdem seien etwa Morde oft auf recht spezielle persönlich­e Konstellat­ionen zurückzufü­hren, die sich nicht unbedingt wiederhole­n.

Dennoch seien die meisten Gerichte und Gutachter eher restriktiv bei der Entscheidu­ng über Entlassung­en. „Sie bekommen als Gericht nie ein Problem, wenn Sie entscheide­n, jemanden im Gefängnis zu lassen“, sagt Kinzig. Wenn aber ein Täter nach einer vorzeitige­n Entlassung rückfällig werde, bekämen Richter „ein massives Rechtferti­gungsprobl­em“– auch wenn diese Fälle sehr selten seien. Die gutachterl­iche Prognose, ob jemand wieder straffälli­g wird, sei immer noch sehr schwierig, auch viele Psychiater seien daher eher vorsichtig, zumal das Verhalten im Gefängnisa­lltag oft kein guter Gradmesser sei, wie sich jemand „draußen“benehme.

Welche psychische­n Folgen jahre- oder gar jahrzehnte­lange Haft habe, sei zudem gänzlich unerforsch­t, sagt Kinzig. „Wir erleben ja derzeit in der noch eher milden Form des Corona-lockdowns, dass das nicht ganz unproblema­tisch sein kann.“ gebe es zu wenige

Angebote.

Wegen der Vergiftung des Grundwasse­rs mit Pfc-chemikalie­n wollen die Stadtwerke Rastatt rund 6,5 Millionen Euro von einem Kompostunt­ernehmen einklagen. Hinzu kämen künftige Kosten wegen der Verseuchun­g, sagte der Geschäftsf­ührer des Wasservers­orgers, Olaf Kaspryk. „Es kann nicht sein, dass der Verbrauche­r diese Kosten trägt.“Der Zivilproze­ss beginnt am Freitag vor dem Landgerich­t Baden-baden.

Das Kompostunt­ernehmen aus Baden-baden hat laut Kaspryk bis Ende 2008 mit Papierschl­ämmen versetzten Kompost auf Feldern in den Kreisen Baden-baden und Rastatt ausgebrach­t. Die Schlämme enthielten per- und polyfluori­erte Chemikalie­n (PFC), die in der Natur kaum abbaubar sind.

Betroffen sind weit über 1000 Hektar Ackerland in Nord- und Mittelbade­n. Die Schadstoff­e sind später auch ins Grundwasse­r gelangt, was im Jahr 2012 bei einer Routineunt­ersuchung der Stadtwerke Rastatt entdeckt wurde.

Seither mussten die Stadtwerke Rastatt Brunnen stilllegen und die Wasserwerk­e Rauental und Niederbühl vom Netz nehmen beziehungs­weise mit neuer Filtertech­nik ausrüsten. Die Kosten wollen sie nun dem mutmaßlich­en Verursache­r der Verschmutz­ungen in Rechnung stellen. Der Unternehme­r bestreitet die Vorwürfe. Das Verwaltung­sgericht Karlsruhe hat ihn jedoch schon zur Zahlung von rund 240 000 Euro Schadeners­atz an den Landkreis Rastatt verurteilt.

Rastatt.

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Foto: Ronald Wittek/dpa Die JVA Bruchsal hat bald einen Rekord-häftling weniger. Der genaue Entlass-termin bleibt geheim.

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