Stadtwerke wollen Kosten ersetzt haben
Die Verseuchung des Grundwassers bei Rastatt durch mit PFC belasteten Kompost kommt vor Gericht.
Die Sorge, dass Menschen nach langjährigen Haftstrafen wieder morden oder andere schwere Straftaten begehen, ist statistisch eher unbegründet, sagt der Tübinger Kriminologe und Strafrechtsprofessor Jörg Kinzig. Gerade die „Lebenslänglichen“hätten nach Entlassung die geringsten Rückfallquoten.
„Das hat einerseits mit dem höheren Alter zu tun“, sagt Kinzig. Straftaten würden statistisch immer unwahrscheinlicher, je älter jemand ist. Außerdem seien etwa Morde oft auf recht spezielle persönliche Konstellationen zurückzuführen, die sich nicht unbedingt wiederholen.
Dennoch seien die meisten Gerichte und Gutachter eher restriktiv bei der Entscheidung über Entlassungen. „Sie bekommen als Gericht nie ein Problem, wenn Sie entscheiden, jemanden im Gefängnis zu lassen“, sagt Kinzig. Wenn aber ein Täter nach einer vorzeitigen Entlassung rückfällig werde, bekämen Richter „ein massives Rechtfertigungsproblem“– auch wenn diese Fälle sehr selten seien. Die gutachterliche Prognose, ob jemand wieder straffällig wird, sei immer noch sehr schwierig, auch viele Psychiater seien daher eher vorsichtig, zumal das Verhalten im Gefängnisalltag oft kein guter Gradmesser sei, wie sich jemand „draußen“benehme.
Welche psychischen Folgen jahre- oder gar jahrzehntelange Haft habe, sei zudem gänzlich unerforscht, sagt Kinzig. „Wir erleben ja derzeit in der noch eher milden Form des Corona-lockdowns, dass das nicht ganz unproblematisch sein kann.“ gebe es zu wenige
Angebote.
Wegen der Vergiftung des Grundwassers mit Pfc-chemikalien wollen die Stadtwerke Rastatt rund 6,5 Millionen Euro von einem Kompostunternehmen einklagen. Hinzu kämen künftige Kosten wegen der Verseuchung, sagte der Geschäftsführer des Wasserversorgers, Olaf Kaspryk. „Es kann nicht sein, dass der Verbraucher diese Kosten trägt.“Der Zivilprozess beginnt am Freitag vor dem Landgericht Baden-baden.
Das Kompostunternehmen aus Baden-baden hat laut Kaspryk bis Ende 2008 mit Papierschlämmen versetzten Kompost auf Feldern in den Kreisen Baden-baden und Rastatt ausgebracht. Die Schlämme enthielten per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC), die in der Natur kaum abbaubar sind.
Betroffen sind weit über 1000 Hektar Ackerland in Nord- und Mittelbaden. Die Schadstoffe sind später auch ins Grundwasser gelangt, was im Jahr 2012 bei einer Routineuntersuchung der Stadtwerke Rastatt entdeckt wurde.
Seither mussten die Stadtwerke Rastatt Brunnen stilllegen und die Wasserwerke Rauental und Niederbühl vom Netz nehmen beziehungsweise mit neuer Filtertechnik ausrüsten. Die Kosten wollen sie nun dem mutmaßlichen Verursacher der Verschmutzungen in Rechnung stellen. Der Unternehmer bestreitet die Vorwürfe. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat ihn jedoch schon zur Zahlung von rund 240 000 Euro Schadenersatz an den Landkreis Rastatt verurteilt.
Rastatt.