Ersatzrakete gesucht
Ohne den lange verletzten Silas Wamangituka fehlt dem VFB eine Schlüsselfigur – doch verändert sich jetzt auch das Spiel?
Es sind Tränen der Enttäuschung geflossen. Denn bis zuletzt hatte Silas Wamangituka gehofft, dass der Befund doch nicht so schlimm ausfallen würde. Der Schmerz im rechten Knie hatte ja nachgelassen, und so verblasste im Kopf des Kongolesen das Horrorszenario, das sich recht schnell in München abgezeichnet hatte. Bereits unmittelbar nach dem 0:4 gegen den FC Bayern befürchtete Pellegrino Matarazzo das böse Wort mit „K“in den Mund nehmen zu müssen. Der Trainer des VFB Stuttgart hielt sich jedoch zurück und wollte lieber auf die endgültige Diagnose warten.
Der Kreuzbandriss bei Wamangituka hat sich inzwischen nach einer eingehenden Untersuchung bestätigt. Geknickt verließ der Stürmer das Vereinsgelände – gestützt und getröstet von Mannschaftsbetreuer Peter Reichert, der sich vor allem um die Französisch sprechenden Spieler beim VFB kümmert. Jetzt wird der 21-Jährige erstmals operiert, und vor November ist mit einem Comeback kaum zu rechnen.
Sechs bis acht Monate ist die handelsübliche Ausfalldauer nach einer solch schweren Verletzung. Sasa Kalajdzic benötigte sogar länger, da bei ihm noch weitere Bänder im Knie beschädigt waren. Bei Wamangituka ist das nicht der Fall. Genaue Prognosen über den Heilungsverlauf verbieten sich dennoch, und für einen jungen Fußballprofi, der gerade dabei war, in der Bundesliga voll durchzustarten, ist das alles ohnehin eine halbe Ewigkeit.
Elf Treffer hat Wamangituka bisher erzielt und vier Tore vorbereitet. Allein deshalb ist er für den VFB schwer zu ersetzen. „Er hat eine außergewöhnliche Qualität“, sagt Sportdirektor Sven Mislintat. Zumal sich Wamangituka mit seinen Tempodribblings zum Schrecken der gegnerischen Abwehrreihen entwickelt hat und die munter stürmenden Stuttgarter verkörperte. Die Frage ist nun, wie sich das Spiel ohne den Mann mit der Rückennummer 14 verändert, wenn die Rakete über rechts nicht mehr zündet.
Vielleicht gar nicht, da Nicolas Gonzalez nach einem Muskelfaserriss wieder einsatzfähig ist. Der Argentinier kommt mit seiner Torgefährlichkeit und seinem Tempo dem Spielertypus Wamangituka zumindest auf der einen Seite nahe. Auf der anderen Seite ist Gonzalez eben Linksfuß und sprintet deshalb meist den linken Flügel entlang.
Doch es geht auch über die rechte Flanke, wie Gonzalez bereits in der zweiten Liga gezeigt hat. Er flankt dann eben nicht, sondern zieht nach innen und sucht den direkteren Weg zum Tor. „Ich hätte schon mal gerne beide Spieler gleichzeitig und dauerhaft im Einsatz gehabt“, sagt Mislintat, „aber jetzt sind wir froh, dass sich Gonzalez in der Länderspielpause gut auf die nächste Partie gegen Werder Bremen vorbereiten kann.“
Gonzalez trainiert also fleißig. Ebenso wie Tanguy Coulibaly, der sich nicht nur gut mit Wamangituka versteht, sondern diesem in der Spielweise ähnelt – mit einem ausgeprägten Hang zu Übersteigern. Allerdings fehlt dem dribbelfreudigen Franzosen noch die starke Statistik. Er hat erst zwei Tore erzielt. Weshalb das 20-jährige Talent in puncto Entwicklungsstand eher dem Wamangituka aus der Zweitligasaison entspricht: noch etwas zu verspielt und nicht zielstrebig genug.
„Wir dürfen aber nicht Erik Thommy, Roberto Massimo und Darko Churlinov vergessen, die auf dieser Position ebenfalls eingesetzt werden können“, sagt Mislintat, der über den Sommer hinaus auf die Optionen im eigenen Kader vertraut. Einen Wamangituka-ersatz in der nächsten Transferphase zu verpflichten kommt für den Sportdirektor nicht infrage.
Gelegenheit, die Kandidaten unter Wettkampfbedingungen zu testen, bietet sich am Donnerstag. Da bestreitet der VFB ein Freundschaftsspiel gegen die Würzburger Kickers. Und Wamangituka selbst soll den Unglücksfall erst einmal sacken lassen. Danach stehen OP und Reha an, aus der er stärker zurückkommen soll. Bis dahin dürften die Spekulationen über einen möglichen Verkauf des Sturmjuwels ein Ende haben.
Silas Wamangituka hat für uns eine außergewöhnliche Qualität.
Vfb-sportdirektor