Stopp für den Impfexport?
Alarmstimmung in der britischen Regierung: Macht die Europäische Union im Impfstoffstreit mit Großbritannien Ernst und stoppt Exporte des Corona-vakzins von Astrazeneca? In einem Werk im niederländischen Leiden stapeln sich Millionen Impfdosen, 29 Millionen Dosen fanden italienische Behörden in Anagni – alle vorgesehen für die Briten. Doch die Europäische Union will Astrazeneca mit der Drohung eines Exportstopps dazu zwingen, erst die Lieferverträge mit Brüssel zu erfüllen.
„Wir werden handeln“, sagte die Chefin der Gesundheitsabteilung der Eu-kommission, Sandra Gallina, am Dienstag im Eu-parlament. Das Unternehmen habe dem Ansehen der Union enorm geschadet, die fehlenden Lieferungen hätten ein sehr ernstes Problem geschaffen. Nach Angaben der Kommission wird Astrazeneca bis Ende Juni höchstens 100 Millionen Dosen an die Union geliefert haben, ein Drittel der bis dahin zugesagten Menge. Auch aus Berlin kamen deutliche Töne: „Wir haben ein Problem mit Astrazeneca“, sagte Kanzlerin Angela Merkel.
Für Boris Johnson sind das sehr schlechte Nachrichten. Der bislang erfolgreichen Impfkampagne des britischen Premierministers, in deren Genuss schon die Hälfte der erwachsenen Briten kamen, droht ein massiver Rückschlag, wenn der Nachschub vom Kontinent fehlt. Wie ernst es der EU ist, hat Kommissionspräsidentin Ursula klar gemacht: „Wir haben die Möglichkeit, einen geplanten Export zu verbieten“, sagte von der Leyen. „Das ist die Botschaft an Astrazeneca: Du erfüllst erst deinen Vertrag gegenüber Europa, bevor du beginnst, in andere Länder zu liefern.“Im Vertrag sei klar geregelt, dass die EU Impfstoff aus Fabriken in der EU und in Großbritannien erhalte. „Von den Briten haben wir aber nichts bekommen, während wir ihnen Impfstoff liefern.“
Nach Einschätzung von Eu-beamten ist die Regierung in London ein großes Risiko eingegangen, weil sie alle vorhandenen Impfdosen sofort einsetzte und keine Reserven für die nötige Zweitimpfung angelegt hat. Dass sich der Premier nun gesprächsbereit zeigt, gilt in Brüssel als Erfolg. Zu welchem Schluss der Gipfel am Donnerstag kommt, ist offen. Exportverbote als härteste Maßnahme sind durchaus umstritten.