Notfallsanitäter und leidenschaftlicher Triathlet
Triathlet Thorsten Paulus erzählt von falschen Entscheidungen in seinem Sport, seinem großen Ziel und seiner Arbeit als Notfallsanitäter.
Der Dettinger Thorsten Paulus hat den Ironman in Hamburg als Ziel. Der 46-Jährige erzählt, was das mit seinen Tattoos zu tun hat.
Das passt nicht! Oder gerade doch? Thorsten Paulus ist sehr humorvoll. „Da habe ich noch eine Anekdote“ist nicht nur ein Ausspruch, den er gerne wählt. Nein, der Mann hat tatsächlich viel zu erzählen. Und der gebürtige Bolheimer, der inzwischen in Dettingen heimisch ist, lacht gerne. Dabei trägt er beruflich eine enorme Verantwortung: Paulus ist Notfallsanitäter. Seit 26 Jahren ist er im Rettungsdienst tätig. Passt das also? So ein kräftezehrender Beruf und Humor?
Auf jeden Fall. Denn Paulus hat verschiedene Seiten. Seine nachdenkliche zeigt er, als er sagt: „Manche Sachen vergisst man nicht, viele Einsätze bleiben einem im Kopf.“Ein Datum ist dem 46-Jährigen heute noch präsent, als wäre der Tag gestern gewesen: 19. Dezember 2003. Bei einer Bluttat am Heidenheimer Club „K2“starben drei junge Menschen. Paulus war im Einsatz und versuchte das Leben eines 15-Jährigen zu retten.
Das Datum ist auch präsent, weil Paulus Auszubildenden seine Erfahrung weitergibt und sich nicht verschließt. Der gelernte Elektroniker sagt aber auch: „Humor und Sprüche helfen, sich ein dickes Fell anzueignen.“Paulus ist oft einer der Ersten bei Unfällen. Die Belastungen der Noteinsätze seien aber nicht das Nervenaufreibende. „Es ist eher das menschliche Leid, das man erfährt.“Die Patienten selbst kenne er ja dabei nicht. „Wir versuchen das Möglichste für sie zu machen. Belastend sind aber die Schicksale der Angehörigen, wenn die Frau, der Mann, die Mutter oder die Tochter an die Unfallstelle kommt.“In solchen Fällen ziehen sich Notfallsanitäter aber auch eher zurück und holen ausgebildete Fachleute hinzu.
Anfänge im Kampfsport
Was ihm hilft, den Kopf freizubekommen? Sport! „Vielleicht habe ich mich auch deswegen für den Triathlon entschieden.“Sportlich war Paulus dabei seit jeher. Ursprünglich kommt er aus dem Kampfsport: Kickboxen, Thaiboxen oder Wing Chun – Paulus hat in Heidenheim und Göppingen viel ausprobiert.
Bis ihn ein nächtlicher Anruf einer Arbeitskollegin erreichte: Hannah Köpf fragte an, ob er nicht Lust hätte beim Triathlon in Ulm mitzumachen. „Das war vor sieben Jahren. Nachts um halb zwölf “, erinnert sich Paulus. „Ich dachte nur: Wieso nicht?“
Schwimmen, Laufen und Radfahren kann ich doch. Ich musste mir nur erst ein Fahrrad besorgen, da ich bis dahin nur ein Motorrad hatte.“Also eine Entscheidung aus einer Bierlaune heraus?
Keinesfalls, betont er. Interessant: Während für ihn Laufen als Kampfsportler ein Graus gewesen sei, eher eine Strafe für schlechte Trainingsleistungen, mache es ihm jetzt richtig Spaß.
Auch wichtig: „Triathleten können alles essen, was sie wollen. Ein Mann hat beim normalen Training einen Bedarf von 4500 Kalorien pro Tag“, sagt Paulus.
Nun kann man sich vorstellen, dass ein Training für einen Triathlon kraftraubend und anstrengend ist. Dazu passt aber das erste Tattoo, dass sich Paulus – unabhängig von seinen Triathlonplänen – 2013 hat stechen lassen. „No Mercy“(keine Gnade) ist auf seinem Rücken in großen Buchstaben verewigt. Schließlich haben Triathleten keine Gnade. Und zwar sich selbst gegenüber. „Ich habe lange über Tätowierungen nachgedacht und bin ein ziemlicher Spätzünder“, sagt Paulus. Wer ihn auf den für ihn richtigen Tätowierer gebracht hat? Richtig: Arbeitskollegin Hannah Köpf.
Ihr hat es Paulus auch zu verdanken, dass er 2014 in Ulm seinen ersten Triathlon absolvierte, über die sogenannte Sprintdistanz: 500 m Schwimmen, 20 km Radfahren und 5 km Laufen. Es war aber nur der Anfang. 2019 startete Paulus beim Ironman in Zell am See über die Mitteldistanz: 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21 km Laufen.
Wo geht’s zum Dixiklo?
Glatt lief ’s aber bei Weitem nicht. „Da habe ich viele Fehler während des Rennens gemacht“, erinnert sich Paulus. Zum einen war bei seinem Fahrradhelm der Nackenschutz ausgehängt. „Ich durfte erst starten, nachdem der Helm wieder korrekt saß“, sagt Paulus.
Zudem verlor er relativ früh seine Flasche mit Energiegels. Nachdem Paulus auf Gels, die an der Strecke angeboten wurden, zurückgriff, stellte er fest, dass er diese nicht vertrug. „Ich will es mal so ausdrücken: Seitdem weiß ich, dass die rosafarbenen Dixiklos in Österreich recht sauber sind“, erzählt Paulus – und lacht.
Und mehr noch. An der Wechselzone zum Laufen entfuhr es ihm: „Pauli, du Idiot!“Ein Kampfrichter
fragte nach: Wer ist dieser Pauli? „Ich musste ihm erklären, dass ich das selbst bin. Und dass ich mir Doppelknoten in meine Schnürsenkel gemacht habe und diese nach 90 Kilometern Radfahren nicht aufbekomme.“Nach knapp sechseinhalb Stunden kam er aber im Ziel an.
2020 wollte er beim Ironman in Hamburg teilnehmen. Sein Ziel über die Langdistanz (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42 km Laufen): möglichst in unter 13 Stunden ins Ziel zu kommen. Doch die Veranstaltung wurde aufgrund der Coronaviruspandemie verschoben.
Kein Training wegen Corona
Inzwischen hat Paulus einen Trainingsrückstand, da er sich wegen der Pandemie bewusst „rausgenommen“hat. „Bei intensivem Training fährt das Immunsystem herunter. Dann ist das Risiko, sich durch meine berufliche Tätigkeit zu infizieren, ziemlich hoch“, erklärt Paulus. Mittlerweile sei er zum ersten Mal geimpft worden.
Das Ziel lautet allerdings weiterhin: Langdistanz beim Ironman. Paulus hofft auf den 5. Juni im kommenden Jahr. Und dann wird auch sein Tattoo am rechten Oberarm (innen) fertiggemacht: Es zeigt einen Läufer, einen Schwimmer und einen Radfahrer. Es fehlen aber noch die beiden Buchstaben I und M in roter Farbe für das Ironmanzeichen.
Der Sport spielt bei seinen Tattoos somit eine wichtige Rolle. Den rechten Oberarm von Thorsten Paulus zieren polynesische Zeichen, die unter anderem für Zielstrebigkeit stehen. Auf seinem linken Oberarm ist zu lesen: „Fight and cry later“. Bei Triathlon-rennen gebe es Momente, in denen man denke: „Scheiße, warum tue ich mir das an?“, sagt Paulus. „Der Punkt ist aber, dass man sich sagen muss: „Heul nicht, lauf lieber weiter“, fügt er im Hinblick auf das letztgenannte Tattoo an. Wobei, er habe zwar schon wie wild geflucht, aber noch nie geheult.
Weitere Sport-tätowierungen? Bitte sehr: Paulus hat auf seiner rechten Wade eine polynesische Totenmaske in der Form einer
Schildkröte. „Sie sind die ausdauerndsten Schwimmer überhaupt und werden nicht müde“, erklärt er. So eine Schildkröte stehe für Ausdauer, Beharrlichkeit und Tapferkeit. Auf seiner rechten Brust „schwimmen“zudem Haie und ein Hammerhai.
In den vergangenen zwei Jahren kamen zwar keine weiteren Tattoos dazu. Das nächste Motiv, neben dem I und dem M für das Ironmansymbol ist aber schon in Planung: Auf seinem linken Arm will sich Paulus das Wappen der Stadt tätowieren lassen, in der er zum ersten Mal die Langdistanz knacken wird. Dazu werden auch die Distanzen samt Zeit gehören. „Ich hoffe auf Hamburg im nächsten Jahr“, sagt Paulus.