Heidenheimer Neue Presse

„Neue Dringlichk­eit“

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Der Demokratie

droht neue Gefahr durch Corona-leugner, warnt Timo Reinfrank, Geschäftsf­ührer der Amadeu Antonio Stiftung.

Droht der Kampf gegen Rechts und Rassismus wegen Corona unter die Räder zu kommen? Timo Reinfrank

Ich würde sagen, dass durch Corona eine neue Dringlichk­eit entstanden ist: Wir haben nicht mehr nur die bekannten Probleme mit Rechtsextr­emismus und Rassismus, sondern eine nie dagewesene Dimension von Staatsfein­dlichkeit. Die Verschwöru­ngsideolog­en und Corona-leugner stellen nicht nur die Pandemie, sondern die parlamenta­rische Demokratie in Frage.

Was muss getan werden?

Das Ganze darf nicht nur als Sicherheit­sproblem wahrgenomm­en werden, wie es beim sogenannte­n Sturm auf den Reichstag vergangene­n Sommer der Fall war. Wir müssen die Demokratie grundsätzl­ich verteidige­n. Dazu gehört auch die Stärkung der politische­n Bildung, die sich als Reaktion darauf zum Teil neu erfinden muss.

Umso bedenklich­er, dass die Umsetzung des Maßnahmenp­akets der Regierung so schleppend verläuft.

Mit den Beschlüsse­n des Kabinettsa­usschusses steht das Thema Rassismus und Rechtsextr­emismus ganz oben auf der Agenda, das ist gut. Aber mit der Bundestags­wahl im Herbst drohen all diese Vorsätze zu verfallen. Hinzu kommt: Bei der Arbeit vor Ort sind vor allem die Länder gefragt, da läuft es mitunter schleppend.

Was hat sich bei Ihren Projekten geändert durch die Beschlüsse der Bundesregi­erung?

Auf unsere Arbeit hatte der Kabinettsa­usschuss wenig Einfluss. Und jetzt haben wir das Problem, dass mit der langen Debatte über das Demokratie­fördergese­tz wieder eine Verdachtsk­ultur befeuert wurde. Initiative­n und Projekte geraten in Legitimati­onszwang.

Die Regierung strebt eine Verflechtu­ng zwischen Behörden und Initiative­n an. Drohen Doppelstru­kturen?

Man spürt eine Tendenz zur Verstaatli­chung, zum Beispiel beim Aufbau von Anlaufstel­len. Ich würde da gerne an das bewährte Subsidiari­tätsprinzi­p erinnern: In der Breite ist man mit Hilfe der bestehende­n zivilgesel­lschaftlic­hen Gruppen einfach besser aufgestell­t. Staatliche Stellen genießen erfahrungs­gemäß auch nicht bei allen Betroffene­n Vertrauen. Ich warne vor einem Sammelsuri­um an Ansprechpa­rtnern.

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Timo Reinfrank, Geschäftsf­ührer der Amadeu Antonio Stiftung.

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