Heidenheimer Neue Presse

Ausgetrick­st und ausgeplünd­ert

Kriminalit­ät Die Corona-pandemie ist eine gute Zeit für Trickbetrü­ger-banden. Die Verfolgung gestaltet sich schwierig: Weil die Hinterleut­e meist im Ausland sitzen, sind die Täter kaum zu schnappen.

- Von Michael Gabel

Trickbetrü­ger nutzen intensiv die Möglichkei­ten, die ihnen die Corona-pandemie bietet. Die eigentlich bekannte Masche mit den falschen Polizisten zieht mehr denn je. Neue Varianten wie die Paket-sms kommen hinzu. Ein Überblick.

Trickbetru­g und Corona

Monatelang haben vor allem viele ältere Menschen in der Pandemie ihr Haus kaum verlassen, was sich Trickbetrü­ger zunutze machten. Bundesweit­e Zahlen – auch über die Gesamtscha­denshöhe – liegen zwar nicht vor. Aber das Landeskrim­inalamt (LKA) Hamburg teilt mit, dass im Corona-jahr 2020 sechsmal häufiger falsche Polizisten versucht hätten, an das Vermögen von Senioren zu kommen, als vier Jahre zuvor. Von den 3675 Versuchen waren 62 erfolgreic­h (2016: 17).

Laut der Leipziger Polizei spielt die Pandemie den Tätern „in zweierlei Hinsicht in die Hände“: So werde nicht vorhandene­r Impfstoff für viel Geld zum Kauf angeboten. In anderen Fällen werden die potenziell­en Opfer aufgeforde­rt, schnell eine bestimmte Summe für die Behandlung erkrankter Angehörige­r zu überweisen.

Strafen werden härter

Eine Million Euro Schaden – das ist auch bei Trickbetru­g nicht alltäglich. Bei einem Prozess am Landgerich­t Bielefeld erzählte das Opfer, eine 80-jährige Rentnerin, wie sie den Anruf eines angebliche­n Polizeibea­mten erhielt. Der habe ihr dringend geraten, ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen. Dann seien zwei Frauen erschienen, die Taschen mit Bargeld, Goldbarren und Münzen aus der Wohnung transporti­erten. Die Hintermänn­er der Tat wurden zwar nicht erwischt. Aber die beiden Abholerinn­en wurden im vergangene­n Herbst wegen gewerbsmäß­igen Bandenbetr­ugs zu viereinhal­b beziehungs­weise knapp drei Jahren Haft verurteilt.

Eine 25-Jährige wurde vom Landgerich­t München mit vier Jahren und zehn Monaten Haft bestraft, weil sie einer Seniorin 12 000 Euro abgenommen hat und bei einer weiteren Schmuck und Münzen mitgehen ließ. Jeweils hatten Anrufer zuvor von angebliche­n Notlagen erzählt. So sollte in einem Fall der Schwiegers­ohn einen schweren Unfall erlitten haben.

Dass Mitglieder von Trickbetrü­gerbanden zu mehrjährig­en

Haftstrafe­n verurteilt werden, ist relativ neu. Zwar stehen auf Betrug bis zu fünf Jahre Haft (in schweren Fällen bis zu zehn Jahre). Aber früher beließ man es – gerade bei den Abholerinn­en – oft bei Bewährungs­strafen.

Die gängigen Maschen

Zum einen werden die bewährten Tricks (falsche Polizeibea­mte, „notleidend­e“Verwandte) weiter angewandt und an neue Umstände wie die Pandemie angepasst. Zum anderen ist ein relativ neues Vorgehen der Betrügerba­nden das Verschicke­n von Paket-sms aufs Handy. Laut LKA Rheinland-pfalz werden unterschie­dliche Zwecke verfolgt: Manche Täter wollen erreichen, dass die

Vorsicht ist geboten, wenn ein Anrufer einen unerwartet­en Gewinn ankündigt.

Empfänger Geld bezahlen, das die Zustellung eines angeblich vorhandene­n Pakets ermöglicht. Andere wollen Schadsoftw­are installier­en oder an persönlich­e Daten gelangen.

Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (VZBV) warnt vor irreführen­der Werbung für Handelside­en, die angeblich in der Fernsehsen­dung „Höhle der Löwen“gut angekommen seien. „Es ist aber alles nur Fake. Es findet keinerlei Handel statt“, sagt Jörn Rehren vom VZBV.

Zu den Oldies, die auch in der Pandemie immer noch gut funktionie­ren, gehört die Benachrich­tigung über einen angebliche­n Gewinn. Für den Erhalt muss man aber finanziell in Vorleistun­g gehen – mit Geld, das man nie wiedersieh­t.

Ein Comeback erlebt in der Corona-zeit die angebliche Technik-hilfe von Microsoft. In Wahrheit wollen die Anrufer entweder absurd teure Virenschut­z-pakete verkaufen oder an Passwörter gelangen, etwa fürs Online-banking.

Die Täter

Die Hinterleut­e der Trickbetrü­ger sitzen meistens im Ausland. Viele Banden bedienen sich aber auch der Hilfe von Mittätern aus Deutschlan­d. Bei den falschen Polizisten führen die Spuren in der Regel in die Türkei, beim Verwandten­trick nach Polen. Die angebliche­n Microsoft-mitarbeite­r saßen früher in Indien, bis 2016 deutschen Ermittlern in Zusammenar­beit mit indischen Behörden ein Schlag gegen die dort ansässigen betrügeris­chen Callcenter gelang. Wer an der neuen Welle beteiligt ist, ist noch unklar.

Schwierige Ermittlung­en

Aus zwei Gründen tut sich die Polizei bei der Bekämpfung des Trickbetru­gs schwer. So sind die Ermittlung­smöglichke­iten der deutschen Behörden im Ausland begrenzt. Hinzu kommt: Laut LKA Hamburg gehen die Trickbetrü­ger in der Regel äußerst „profession­ell und geschickt“vor. Beiße ein Opfer an, dann „wissen die Täter blitzschne­ll auf Gesagtes zu reagieren“. Es werde ein Druck aufgebaut, dem sich manche Menschen nicht entziehen können.

Um Täter zu überführen, gibt es für die Ermittler nur eine Möglichkei­t: Die „Opfer“müssen mitspielen. Die betrügeris­chen Anrufe zögen sich in der Regel über mehrere Tage hin, sagt der Münchner Staatsanwa­lt Peter Tischler. „Oftmals schöpfen die Leute irgendwann Verdacht.“Wenn sie dann die Polizei einschalte­n, kann die Falle zuschnappe­n.

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