Ausgetrickst und ausgeplündert
Kriminalität Die Corona-pandemie ist eine gute Zeit für Trickbetrüger-banden. Die Verfolgung gestaltet sich schwierig: Weil die Hinterleute meist im Ausland sitzen, sind die Täter kaum zu schnappen.
Trickbetrüger nutzen intensiv die Möglichkeiten, die ihnen die Corona-pandemie bietet. Die eigentlich bekannte Masche mit den falschen Polizisten zieht mehr denn je. Neue Varianten wie die Paket-sms kommen hinzu. Ein Überblick.
Trickbetrug und Corona
Monatelang haben vor allem viele ältere Menschen in der Pandemie ihr Haus kaum verlassen, was sich Trickbetrüger zunutze machten. Bundesweite Zahlen – auch über die Gesamtschadenshöhe – liegen zwar nicht vor. Aber das Landeskriminalamt (LKA) Hamburg teilt mit, dass im Corona-jahr 2020 sechsmal häufiger falsche Polizisten versucht hätten, an das Vermögen von Senioren zu kommen, als vier Jahre zuvor. Von den 3675 Versuchen waren 62 erfolgreich (2016: 17).
Laut der Leipziger Polizei spielt die Pandemie den Tätern „in zweierlei Hinsicht in die Hände“: So werde nicht vorhandener Impfstoff für viel Geld zum Kauf angeboten. In anderen Fällen werden die potenziellen Opfer aufgefordert, schnell eine bestimmte Summe für die Behandlung erkrankter Angehöriger zu überweisen.
Strafen werden härter
Eine Million Euro Schaden – das ist auch bei Trickbetrug nicht alltäglich. Bei einem Prozess am Landgericht Bielefeld erzählte das Opfer, eine 80-jährige Rentnerin, wie sie den Anruf eines angeblichen Polizeibeamten erhielt. Der habe ihr dringend geraten, ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen. Dann seien zwei Frauen erschienen, die Taschen mit Bargeld, Goldbarren und Münzen aus der Wohnung transportierten. Die Hintermänner der Tat wurden zwar nicht erwischt. Aber die beiden Abholerinnen wurden im vergangenen Herbst wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs zu viereinhalb beziehungsweise knapp drei Jahren Haft verurteilt.
Eine 25-Jährige wurde vom Landgericht München mit vier Jahren und zehn Monaten Haft bestraft, weil sie einer Seniorin 12 000 Euro abgenommen hat und bei einer weiteren Schmuck und Münzen mitgehen ließ. Jeweils hatten Anrufer zuvor von angeblichen Notlagen erzählt. So sollte in einem Fall der Schwiegersohn einen schweren Unfall erlitten haben.
Dass Mitglieder von Trickbetrügerbanden zu mehrjährigen
Haftstrafen verurteilt werden, ist relativ neu. Zwar stehen auf Betrug bis zu fünf Jahre Haft (in schweren Fällen bis zu zehn Jahre). Aber früher beließ man es – gerade bei den Abholerinnen – oft bei Bewährungsstrafen.
Die gängigen Maschen
Zum einen werden die bewährten Tricks (falsche Polizeibeamte, „notleidende“Verwandte) weiter angewandt und an neue Umstände wie die Pandemie angepasst. Zum anderen ist ein relativ neues Vorgehen der Betrügerbanden das Verschicken von Paket-sms aufs Handy. Laut LKA Rheinland-pfalz werden unterschiedliche Zwecke verfolgt: Manche Täter wollen erreichen, dass die
Vorsicht ist geboten, wenn ein Anrufer einen unerwarteten Gewinn ankündigt.
Empfänger Geld bezahlen, das die Zustellung eines angeblich vorhandenen Pakets ermöglicht. Andere wollen Schadsoftware installieren oder an persönliche Daten gelangen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) warnt vor irreführender Werbung für Handelsideen, die angeblich in der Fernsehsendung „Höhle der Löwen“gut angekommen seien. „Es ist aber alles nur Fake. Es findet keinerlei Handel statt“, sagt Jörn Rehren vom VZBV.
Zu den Oldies, die auch in der Pandemie immer noch gut funktionieren, gehört die Benachrichtigung über einen angeblichen Gewinn. Für den Erhalt muss man aber finanziell in Vorleistung gehen – mit Geld, das man nie wiedersieht.
Ein Comeback erlebt in der Corona-zeit die angebliche Technik-hilfe von Microsoft. In Wahrheit wollen die Anrufer entweder absurd teure Virenschutz-pakete verkaufen oder an Passwörter gelangen, etwa fürs Online-banking.
Die Täter
Die Hinterleute der Trickbetrüger sitzen meistens im Ausland. Viele Banden bedienen sich aber auch der Hilfe von Mittätern aus Deutschland. Bei den falschen Polizisten führen die Spuren in der Regel in die Türkei, beim Verwandtentrick nach Polen. Die angeblichen Microsoft-mitarbeiter saßen früher in Indien, bis 2016 deutschen Ermittlern in Zusammenarbeit mit indischen Behörden ein Schlag gegen die dort ansässigen betrügerischen Callcenter gelang. Wer an der neuen Welle beteiligt ist, ist noch unklar.
Schwierige Ermittlungen
Aus zwei Gründen tut sich die Polizei bei der Bekämpfung des Trickbetrugs schwer. So sind die Ermittlungsmöglichkeiten der deutschen Behörden im Ausland begrenzt. Hinzu kommt: Laut LKA Hamburg gehen die Trickbetrüger in der Regel äußerst „professionell und geschickt“vor. Beiße ein Opfer an, dann „wissen die Täter blitzschnell auf Gesagtes zu reagieren“. Es werde ein Druck aufgebaut, dem sich manche Menschen nicht entziehen können.
Um Täter zu überführen, gibt es für die Ermittler nur eine Möglichkeit: Die „Opfer“müssen mitspielen. Die betrügerischen Anrufe zögen sich in der Regel über mehrere Tage hin, sagt der Münchner Staatsanwalt Peter Tischler. „Oftmals schöpfen die Leute irgendwann Verdacht.“Wenn sie dann die Polizei einschalten, kann die Falle zuschnappen.