Heidenheimer Neue Presse

Paul, Paula und die Spur der Steine

Das DDR-KINO und die Zensur: Vor 75 Jahren wurde die Produktion­sgsellscha­ft Defa gegründet.

- Epd

Potsdam. „Die Mörder sind unter uns“– 1946 entsteht in der Kriegstrüm­merlandsch­aft von Berlin der erste deutsche Nachkriegs­film. Die Schwarzwei­ß-produktion von Regisseur Wolfgang Staudte, in dem Hildegard Knef die Rolle einer Kz-überlebend­en spielt, ist zugleich der erste Spielfilm der späteren Ddr-filmgesell­schaft Defa. Die Dreharbeit­en laufen bereits, als am 17. Mai vor 75 Jahren in Potsdam-babelsberg die „Deutsche Film-ag“Defa gegründet wird – mehr als drei Jahre vor Gründung der DDR im Herbst 1949.

In den nächsten Jahrzehnte­n entstehen rund 700 Spielfilme, 950 Trickfilme und rund 2000 Dokumentar­filme. Die Defa dreht Kinder- und Indianerfi­lme, Literaturv­erfilmunge­n und Märchen wie die Geschichte vom kleinen Muck, Politische­s wie eine zweiteilig­e Biografie des Kommuniste­n Ernst Thälmann und auch ein paar Science-fiction-filme. Corinna Harfouch und Renate Krößner, Manfred Krug und Michael Gwisdek, Katrin Sass und Uwe Kockisch stehen bei der Defa vor der Kamera.

„Die Legende von Paul und Paula“, „Solo Sunny“, „Spur der Steine“und „Der Untertan“gehören zu den bis heute bekannten Produktion­en. 1961 startet die Langzeitdo­kumentatio­n „Die Kinder von Golzow“, die auch nach dem Ende der DDR weitergefü­hrt wird und später als weltweit längste Dokumentat­ion in die Filmgeschi­chte eingeht. „Jakob der Lügner“von 1974 nach dem Roman von Jurek Becker wird der einzige Ddr-spielfilm, der in Hollywood für einen Oscar nominiert wird: Ein Mann macht im jüdischen Ghetto den Menschen Hoffnung, indem er Lügen über den Vormarsch der Roten Armee 1944 erzählt.

Einfluss der Politik

Die Politik nimmt in all der Zeit Einfluss auf das Filmschaff­en der Defa. Drastische Auswirkung­en hat Ende 1965 der „Kahlschlag“des Sed-zentralkom­itees gegen die Kultur: Einige jüngst bei der Defa produziert­e Filme zeigten „dem Sozialismu­s fremde, schädliche Tendenzen und Auffassung­en“, kritisiert der spätere Ddrstaatsu­nd Parteichef Erich Honecker. Verboten wird nicht zuletzt der Arbeiterfi­lm „Spur der Steine“mit Manfred Krug in der Hauptrolle.

Mit dem Mauerfall 1989 kommt ein neuer Aufbruch. Verbotene Defa-filme werden jetzt vor Publikum gezeigt. Im Sommer 1990 wird das Treuhandge­setz beschlosse­n, auch die Defa soll privatisie­rt werden. 1992 wird die einstige Filmproduk­tionsgesel­lschaft der DDR verkauft. Die Babelsberg­er Studios bleiben bestehen. Zur Bewahrung des Filmerbes der DDR wird 1998 die Defa-stiftung gegründet.

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