Heidenheimer Neue Presse

Grüner gründen

Start-ups Immer mehr junge Unternehme­n setzen auf nachhaltig­e Konzepte. Spoontaina­ble aus Heidelberg und Cirplus aus Hamburg wollen mit ihren Konzepten den Plastikver­brauch reduzieren.

- Von Julia Kling

Zunächst war der Wunsch da, etwas gegen den Plastikmül­l zu tun. „Wir wollten einen Unterschie­d erreichen“, sagt Gründerin Julia Piechotta. Gemeinsam mit ihrer Kommiliton­in Amelie Vermeer überlegte die Studentin, wo sich Plastik einsparen lässt. „Beim Eisessen kam uns dann die Idee. Denn eigentlich war alles essbar – außer dem Löffel.“

Aus der Idee entstand nach ausgiebige­r Recherche und ersten Backversuc­hen in der Wg-küche das Start-up Spoontaina­ble, das essbare Eislöffel und Rührstäbch­en aus Kakaoschal­en anbietet. Bei der Unternehme­nsgründung vor knapp drei Jahren war beiden Frauen wichtig, mit ihrem Start-up auf ganzer Linie nachhaltig zu agieren. „Deshalb verwenden wir für unsere Produkte auch Reststoffe, die bei der Produktion anderer Lebensmitt­el anfallen.“

Etwas gegen den Plastikmül­l wollte auch Christian Schiller tun, nachdem seine Füße bei einem Segelturn von Panama nach Kolumbien in einem Teppich aus Plastik badeten. „Das hat was in mir ausgelöst.“Anders als die Gründerinn­en aus Heidelberg entwickelt­e der 36-Jährige mit seinem Geschäftsp­artner Volkan Bilici kein Ersatzprod­ukt, sondern rief vielmehr eine Handelspla­ttform für recycelte Kunststoff­e ins Leben, Cirplus. „Damit wird der Einsatz von Neuware reduziert.“Seinen Partner lernte Schiller im Rahmen des Accelatore­n-programms von Entreprene­ur First in Berlin kennen. „Wir hatten drei Monate Zeit, um uns ein Modell zu erdenken“, berichtet Schiller.

In dieser Zeit erhielten beide ein „kleines Gehalt“wie Schiller sagt. Nach der Gründung Ende 2018 gab es 80 000 britische Pfund Risikokapi­tal im Gegenzug für 10 Prozent der Anteile ihres Unternehme­ns.

Mit ihrer Idee, ein grünes Start-up zu gründen, sind beide Unternehme­n nicht allein. Laut dem diesjährig­en „Green Start-up-monitor“setzen sich junge Gründer in Deutschlan­d zunehmend mit Lösungsans­ätzen für den Klimawande­l oder die Energie- und Mobilitäts­wende auseinande­r. Rund 43 Prozent zählen sich selbst der „Grünen Wirtschaft“zu, als grünes Startup zählen hingegen nur 30 Prozent. „Die Differenzi­erung in diesem Bereich ist schwer“, sagt Björn Kaminski vom Bundesverb­and Deutscher Start-ups. Entscheide­nd sei, ob sich das junge Unternehme­n selbst nachhaltig­e Ziele vorgegeben habe. „Nur dann zählt ein Start-up als grünes Start-up.“

Ein weiterer Aspekt sei die doppelte Dividende. Dazu werde neben der wirtschaft­lichen Komponente auch der Einfluss auf die Ökologie betrachtet. „Dabei stehen der Energie- und Co2-verbrauch und etwa die Abfallbese­itigungsst­rategie

im Fokus“, erklärt Kaminski. Das wird im Falle des Hamburger Unternehme­ns Cirplus auch von einem Investor erwartet, der ausschließ­lich in nachhaltig­e Unternehme­n investiert. „Wir müssen jedes Quartal berichten, wie viel CO2 wir eingespart haben“, erklärt Schiller.

Er beobachtet­e in den vergangene­n zwei Jahren einen Wandel bei den Kapitalgeb­ern. „Für eine zunehmende Zahl an Investoren muss auch der Nachhaltig­keitsfakto­r stimmen.“Das kann auch Kaminski bestätigen. Trotzdem sei es gerade für grüne Start-ups häufig schwierige­r, an Geld zu kommen. „Den Investoren fehlt häufig die Erfahrung, um die Geschäftsm­odelle einzuschät­zen.“Wie schwierig es ist, das Thema Nachhaltig­keit in der Gründungsp­hase nicht aus dem Blick zu verlieren, haben auch Julia Piechotta und Amelie Vermeer bemerkt. „Dazu muss man transparen­t arbeiten und etwa die Ressourcen­beschaffun­g für den Kunden nachvollzi­ehbar darstellen.“Mit ihrem essbaren Löffel haben die beiden heute 26-Jährigen bereits einen Beitrag zum Umweltschu­tz geleistet. „Wir konnten bislang fast fünf Millionen Plastiklöf­fel mit unserer essbaren Variante ersetzen“, berichtet Piechotta.

Mit dem hauptsächl­ich auf Geschäftsk­unden ausgericht­eten Vertriebsm­odell ist das Tübinger Unternehme­n trotz der Situation in der Gastronomi­e auf Wachstumsk­urs und bereits in den Regalen eines großen Discounter­s gelandet. Die Gewinnschw­elle hat das junge Unternehme­n bereits erreicht. Soweit ist Cirplus noch nicht. Schiller ist aber optimistis­ch. „Das erste Quartal 2021 war das beste seit der Unternehme­nsgründung.“Die momentanen Rohstoffen­gpässe rückten recyceltes Material in den Fokus. „Es findet ein Wandel hin zu mehr Altware statt.“Auf seiner Plattform wurden davon bislang weit mehr als eine Million Tonnen eingestell­t.

Investoren fehlt oft die Erfahrung in dem Bereich. Björn Kaminski Bundesverb­and Deutscher Start-ups

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Fotos: Spoontaina­ble Den Spoontaina­ble-gründerinn­en Julia Piechotta (links) und Amelie Vermeer kam beim Eisessen eine Idee. Alles war genießbar, nur der Löffel nicht. Das wollten sie ändern.
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Das Start-up um die beiden Gründerinn­en hat essbare Eislöffel entwickelt, um Plastikmül­l zu vermeiden.

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