Dorniger Lebensraum: die Dorngrasmücke (Sylvia communis)
Eine singende Dorngrasmücke ist im dichten Gestrüpp manchmal schwer zu sichten, wenn sie nicht zur Abwechslung zu einem kurzen Singflug startet. Der kratzende Gesang passt gut zum dornigen Lebensraum. Der wissenschaftliche Artname „communis“– „allgemein, überall vorkommend“– steht in traurigem Kontrast zur heutigen Verbreitung.
Dürren in der Sahelzone haben Ende der Sechzigerjahre einen markanten Rückgang ausgelöst. Bei einem so kleinen Vogel mit geringer Lebenserwartung (maximal acht Jahre sind für einen Vogel nachgewiesen) können solche Klimaereignisse verheerende Folgen haben. Der Bestand hat sich in der Zwischenzeit kaum erholen können, da der bevorzugte Lebensraum, Hecken, Kleinstrukturen, ungepflegte Böschungen und Brachflächen, allzu oft dem menschlichen „Ordnungsfimmel“zum Opfer fällt.
Die Intensivierung der Landnutzung mit Rückgang an Brutplätzen in Hecken,
Büschen und Feldgehölzen, Umbruch von Grünlandflächen zu Äckern oder Intensivierung der Grünlandnutzung haben Bestandsminderungen zur Folge. Dennoch ist die Dorngrasmücke in Baden-württemberg als Brutvogel der offenen Landschaft, die mit Hecken und Büschen oder kleinen Gehölzen durchsetzt ist, mit Ausnahme der Hochlagen des Schwarzwalds flächig verbreitet und die Art gilt als (noch) nicht gefährdet. Ein lokal sogar etwas positiver Bestandstrend der letzten Jahre lässt hoffen.
Das weltweite Verbreitungsgebiet der Art erstreckt sich vom westlichen Nordafrika und Europa ostwärts bis in die Baikalsee-region, südlich bis in den Nordiran und die mittelasiatischen Gebirge. Als Langstreckenzieher kehrt sie im April zu uns zurück und zieht bereits von Ende Juli an wieder nach Afrika. Die bei uns „beheimatete“Dorngrasmücke verbringt also den Großteil des Jahres auf einem anderen Kontinent!