Frank Schmidt zieht ein Zwischenfazit
Eine Woche vor Start der neuen Saison spricht der Trainer des 1. FC Heidenheim im Interview über die Vorbereitungszeit.
Nicht nur der seit Jahren bekannte Klimawandel, sondern auch die seit fast zwei Jahren bestehende Corona-pandemie hätten es bewiesen: Um solche Herausforderungen erfolgreich meistern zu können, sei ein ganz anderes Management erforderlich als das, was derzeit angewendet werde, so Hans-paul Riemann in seinem neuen Buch „Zukunft gestalten: Gegen den Strom!“Man habe es mit unterschiedlichen Interessen zu tun, mit Gewinnern und Verlierern, mit Regierungen und Völkern und mit verschiedenen Kulturen. Um den Beweis für seine Theorie anzutreten, wie man den Klimawandel in den Griff bekommen könne, zieht Riemann das Verhalten der Regierung in Zeiten der Pandemie kritisch zurate. Man müsse nicht nur wissen, was zu tun sei, sondern vor allem auch wie. Riemanns Vorschläge fußen auf einer aus den USA stammenden Methode aus den 70er-jahren, die dann ab 1980 an die deutsche Entwicklungshilfe angepasst wurde.
Herr Riemann, Ihr Werk widmen sie „der Jugend, die sich Sorgen um ihre Zukunft macht“. Was hat Sie tatsächlich dazu bewogen, auf 100 Seiten Ihren Ansatz zur Verbesserung der Gesellschaft anzubieten?
Hans-paul Riemann: Das eigentliche Thema, das mich schon immer interessiert hat, ist das systemische Denken. Dies ist etwas, was meiner Meinung nach selten bis gar nicht gemacht wird. Der systemische Denkansatz ist eine effektive Methode, um viele Akteure mit teils gegenläufigen Interessen unter einen Hut zu bringen. Dies ist die übliche Situation bei Projekten im politischen Umfeld.
Und, bekommt man heute auch alle Politiker unter einen Hut, wenn es um den Klimaschutz geht?
In einer großen deutschen Wochenzeitung wurden jüngst sechs Politiker aus den im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien zum Thema „Klimaschutz – Wo soll’s denn hingehen?“interviewt. Im Grunde konnte man da sechs Teile „Gerede“lesen. Denn: Ziele wie 1,5 Grad Celsius lassen sich leicht definieren. Aber wie man die Ziele erreicht, wusste von den Befragten keiner.
An dieser Stelle lohnt es sich vielleicht, den verblichenen Cdu-politiker Heiner Geissler zu zitieren, der einmal treffend feststellte: „In der Politik sind Emotionen Fakten.“Da das Thema Klima ja hochemotional diskutiert wird, dürfte die Bewerkstelligung ja eigentlich kein Problem sein, oder?
Moment, die Frage ist ja, wo die Emotion denn hingeht. Derzeit ist die Gesellschaft ja so gepolt, dass alle ihren Wohlstand und den damit verbundenen Konsum erhalten oder gar mehren wollen. Das widerspricht diametral den Belangen des Umweltschutzes. Aber es stimmt schon: In der Regel ist das Gefühl stärker als der Verstand. Also wird man nur etwas erreichen, wenn man die bestehenden Emotionen angemessen berücksichtigt.
Und diese Methode stammt aus den Vereinigten Staaten der 70er-jahre?
Die Amerikaner haben das „logical framework“entwickelt. Am Beginn eines Projekts steht zunächst eine Situations- und Problemanalyse. Aus dieser leiten sich die geplanten Ziele und die dafür notwendigen Maßnahmen ab. Die Logframe-matrix führt das linerare Wirkungsmodell und die geplanten Zwischenziele in Form einer standardisierten 16-Felder-tabelle zusammen.
Um beim Umweltschutz zu bleiben: Wo müsste man die 1,5 Grad Celsius in die Tabelle eintragen?
Als Ziel. Dann kämen die konkreten Maßnahmen, um das Ziel zu erreichen. Die Frage ist dann, wie sich die Wirkungen dieser Maßnahmen messen und verifizieren ließen. Das „logical framework“erfasst in diesem Zusammenhang übrigens auch die Risiken. Da die Planungen meist durch ein interdisziplinäres Team erfolgen, sieht man dann auch relativ schnell, was funktionieren würde, und vor allem, was nicht.
Interdisziplinär meint in diesem Fall?
Physiker, Biologen, Wirtschaftswissenschaftler . . .
. . . und die Politiker?
Das sind die Entscheider. Die sollten nur noch entscheiden, das machen wir, oder das machen wir nicht. Aber sie sollten sich mit Sicherheit nicht selbst hinsetzen, um an Detaillösungen zu arbeiten, wie sie es bei der Coronabekämpfung gemacht haben.
Warum tun sie es Ihrer Meinung nach doch?
Ich nehme an, dass sie glauben, sich dadurch einen Blumentopf verdienen zu können. Zu Beginn der Pandemie hatten Politiker wie Herr Söder scharfe Maßnahmen gefordert, wofür sie gefeiert wurden. Als man sah, dass die Maßnahmen nicht nutzten, schlug die Stimmung um. Ich schlage in meinem Buch eine solche Lösung nach dem nun bekannten Modell mit der Bildung eines Fachteams vor. Dann wäre es sicher anders gelaufen.
Leiden jetzt alle an der Profilierung vieler Einzelner?
Das ist sehr scharf formuliert. Ich habe mich in einem Kapitel intensiv mit dem Menschenbild beschäftigt, um zu verstehen, was den Menschen antreibt. Meiner Meinung nach ist das sein eigener Nutzen. Nun kann sich der eigene Nutzen auch als großer Schaden für ihn und für die Allgemeinheit herausstellen. Der Nutzen ist erst dann ein Nutzen, wenn er nachhaltig ist.
Haben Sie sich im Rahmen Ihres Buches auch die Mühe gemacht, konkrete Lösungsansätze nach Ihrem systemischen Ansatz zu erarbeiten?
Ja. Ich bin zum Schluss gekommen, dass die Basis, die geändert werden muss, der Weggang vom Konsum ist, hin zur Sparsamkeit. Aus meinen Kindheitstagen kann ich mich noch sehr gut an die Kriegswirtschaft erinnern, die total auf das Sparen ausgelegt war. Nun kam nach dem Krieg Ludwig Erhardt, der die Preisbindung abschaffte und damit die Märkte freigab. Er warf den Hebel um vom Sparen auf das Konsumieren. Heute wird deutlich über Bedarf konsumiert. Wenn Milliardäre für 20 Millionen Dollar aus Spaß an der Freude in den Weltraum fliegen, dann wird deutlich, welchen Grad an ökologischer Dekadenz die Menschheit schon erreicht hat.
Können sich Politik und ihre Amtsinhaber, die vom Wähler gewählt werden, eine solche Sparpolitik leisten?
Die Politik sollte es sich leisten. Sie ist die Führung des Volkes und hat es dahin zu bringen, wo es am besten sein sollte. Wenn ich aber zum Beispiel Herrn Seehofer sehe, der umgekehrt das tut, was seine Wähler fordern, dann ist das Populismus in Reinform.
Weil alle vier Jahre gewählt wird?
Das kommt noch hinzu. Im Grunde will ja keiner gegen den Strom schwimmen. Das hat mich auch zu dem Titel des Buches bewogen.
Bleibt nur noch die Frage, wer schwimmt wohin – und was ist der Strom?
Der Strom ist Wohlstand, Arbeit, Reisen, Individualität. Freiheit, wenn Sie so wollen. Die Schwimmer sind wir alle. Und da der Strom die Umwelt schädigt, wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als gegen selbigen zu schwimmen. Sei es mit der Einschränkung des Konsums, einer Politik der Sparsamkeit oder etwas völlig anderem. Vom populistischen Mittel der Regulierung halte ich dabei im Übrigen nichts. Es muss über Anreize geschehen.
Nun hat sich ja in den letzten Jahren nicht gar so viel geändert.
Ja, offensichtlich ist der Leidensdruck noch nicht hoch genug. Wenn der Meeresspiegel mal tatsächlich steigt, und das wird von der Wissenschaft so erwartet, dann ist im wahrsten Sinne des Wortes viel Land unter, und Europa muss befürchten, von einer Flüchtlingswelle ungeahnten Ausmaßes überschwemmt zu werden.
Bis der Leidensdruck aber so hoch ist, wird es schon zu spät sein. Kann das so funktionieren?
Zumindest ist die Gefahr groß, dass es so ist. Dafür ist es aber auch nie zu früh, um auf mögliche Gefahren aufmerksam zu machen.
In Ihrem Buch setzten Sie sich auch für die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens ein. Wie kann diese vom Staat gezahlte Summe dabei helfen, zu sparen? Schließlich führte mehr Guthaben des Einzelnen immer auch zu mehr Konsum.
Mein Ansatz lautet hier, das Arbeitspensum herunterzufahren, um den Export und den Konsum zu bremsen. Statt der Arbeit sollte nur noch der Konsum besteuert werden. Insgesamt sollte dadurch der Lebensstil bescheidener werden. Auch eine Besteuerung der Lebensmittel wäre hier sinnvoll. Schließlich werden pro Jahr mehr als ein Drittel aller Lebensmittel weggeschmissen, und die Preise in Deutschland sind sowieso niedriger als in anderen Ländern der EU. Das Grundeinkommen macht die Menschen unabhängiger und freier, es ist nicht vorgesehen, sie auch reicher zu machen.
Wer, außer dem, der darüber schreibt, sollte denn nun Ihr Buch lesen?
Im Prinzip jeder. Ich habe das Buch aus purem Interesse an der Sache geschrieben und nicht, um damit Geld zu verdienen. Alle, die sich für die Politik und den Umweltschutz interessieren, sollten dieses Buch lesen. Und auch die jungen Menschen, denen ja die Zukunft gehört.