An Bord der Zeitmaschine
„Oxford Circus“spielte am Samstagabend zweieinhalb Stunden Rock der 60er- und 70er-jahre und ließ ein begeistertes Publikum zurück.
Nachdem am Samstag zuvor „nur“rund 30 Besucher zu „Hackberry“kamen, war das Naturtheater am vergangenen Samstagabend nahezu ausverkauft. Grund hierfür waren vier Musiker, die sich in Formation „Oxford Circus“nennen. Timo Landenberger (Schlagzeug), Hendrik de Rijke (Gesang), Manfred Kubiak (Bass/ Gesang) und das Heidenheimer Aushängeschild in Sachen „guter Musik“, Siggi Schwarz (Gitarre), rockten schon am Vormittag die Heidenheimer Innenstadt, bevor es am Abend nochmal richtig losging. Getreu der ungeschriebenen Open-air-regel: „Je besser die Künstler, desto schlechter das Wetter“, öffneten sich pünktlich zum Konzertbeginn die Schleusen zu einem kurzen heftigen Regenguss. Beste Voraussetzungen also für einen vielversprechenden Konzert-abend.
„Es ist schön, nach neun Monaten endlich wieder auf der Bühne zu stehen“, so Schwarz, der den Abend mit vielen Anekdoten seiner Konzertreisen mit den Größen der Branche unterhaltsam moderierte. Bei einigen Künstlern, deren „Rock-klassiker“, wie Schwarz sie selbst nannte, am Abend gespielt wurden, stand er schon als Vorprogramm auf der Bühne, oder sie in seinem Aufnahmestudio.
So was hat lange gefehlt
Schon in den ersten Sekunden des Konzerts hatten die vier Musiker das Publikum auf ihrer Seite, nachdem sie mit dem „Kinks“-hit „You really got me“eröffneten. Es war nicht das einzige Mal an diesem Abend, dass man merken konnte, dass sowohl den Künstlern als auch dem Publikum solche Veranstaltungen gefehlt haben müssen. Der Beweis hierfür kam prompt mit der „Cream“nummer „Sunshine of your love“, die vom Publikum komplett im Takt mitgeklatscht wurde. Mit zunehmender Dauer des Konzerts konnte man auch nicht mehr von Applaus sprechen, denn der musste dem Jubel über das, was in den zweieinhalb Stunden zu hören war, weichen.
Mehr als eine Cover-band
Den Titel einer Cover-band trägt „Oxford Circus“eigentlich zu unrecht. Zwar beschreibt das „covern“in der Musik alles, was sich zwischen nachspielen und selbst interpretieren bewegt. Jedoch wird dieser Begriff den vier Musikern nicht gerecht. Dies zeigte sich auch bei der „Beatles“-nummer „Come together“, bei der Gitarrist Schwarz eines seiner vielen Soli an diesem Abend abfeuerte. Dem Publikum gefiel das, also war es auch gut so. Stichwort Solo: Der unerreichte Jimi Hendrix spielte beim legendären Monterey-pop-festival 1967 beim Cover des „Troggs“Hits „Wild Thing“, auf einer brennenden Gitarre. Ganz so weit ließ es Schwarz am Samstagabend, vermutlich aus schwäbischer Sparsamkeit heraus, nicht kommen. Jedoch ließ er es sich nicht nehmen, wenigstens mit der Gitarre hinter dem Kopf zu spielen. Überhaupt bestachen die Vier an diesem Abend mehr mit guter Musik als mit spektakulären Aktionen. Eben so, wie es sich für exzellente Musiker in einem gewissen Alter.
Premiere einer Eigenkomposition
Eine kleine Premiere gab es dann doch: In der Zeit der Pandemie schrieb Schwarz ein neues Album, aus dem nun zum allerersten Mal live die Eigenkomposition „Burning Out“zu hören war. Eine Uraufführung. Und da war dann wieder zu hören, dass Schwarz ein Freund der „echten“Musik der 60er- und 70er-jahre ist. Auch „Steamhammer“-fans kamen mit „Juniors wailing“voll auf ihre Kosten. Die Band spielte 1970 und 1972 in Heidenheim, und tatsächlich war an diesem Abend ein Mann im Publikum, der die Band anno 70 live erlebte.
Mit „AC/DCS“„The Jack“setzte Sänger Hendrik de Rijke dann noch eins drauf: Ganz entspannt tigerte der Mann mit der Bonscott-stimme durch die Reihen und ließ beim Refrain großzügig mitsingen. Damit erinnerte er das Publikum wohl auch an die Zeiten vor der Pandemie, bei der solche Einlagen vermutlich nicht erwähnt worden wären.
Nach rund zwei Stunden war dann mit der 19-teiligen Zeitreise Schluss – dachten die meisten. Natürlich gab es auch bei „Oxford Circus“die vom Publikum laut geforderte Zugabe. „Ein Wort, das ich monatelang vermisst habe“, offenbarte Schwarz, wohl im Namen der ganzen Gruppe. So musste nach dem letzten offiziell gespielten Song („ZZ TOP“, „La Grange“) logischerweise „Tush“kommen, gefolgt von „My Generation“(The Who) und „Satisfaction“(Rolling Stones) – und das Publikum hatte immer noch nicht genug und bekam, weil’s so schön war, noch einmal „Burning Out“. Dass es zum Dank für einen solchen Auftritt im Stehen dargebrachten Jubel gab, muss eigentlich nicht erwähnt werden.
Es ist schön, nach neun Monaten endlich wieder auf der Bühne zu stehen. Siggi Schwarz Musiker