Risiko Atomwaffen
Seit Russlands Präsident Wladimir Putin verkündet hat, im Zuge des Ukraine-kriegs die Atomstreitkräfte in Bereitschaft zu versetzen, ist sie wieder da, die Angst vor einem Atomkrieg. Der russische Einsatz von Hyperschallwaffen, die auch atomare Sprengköpfe tragen können, hat diese Sorge noch verstärkt. Ein Blick auf die Atomwaffenstaaten der Welt.
Welche Länder besitzen Atomwaffen? Seit dem ersten Einsatz einer Atombombe durch die USA 1945 in Japan haben acht Länder offiziell erklärt, Atomwaffen zu besitzen: Russland, USA, China, Frankreich, Großbritannien, Nordkorea, Indien und Pakistan. 1985 enthüllte der israelische Nukleartechniker Mordechai Vanunu, dass sein Land über Nuklearwaffen verfügt. Offiziell nimmt die Regierung nicht Stellung.
Wie viele Atomsprengköpfe gibt es weltweit? Insgesamt existierten 2021 auf der Welt nach Zählung des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri 13 080 Atomsprengköpfe, von denen mehr als ein Viertel einsatzbereit war. Über 90 Prozent davon gehören Russland und den USA. Den Höhepunkt erreichte das atomare Wettrüsten im Jahr 1986, als
Russland und die USA zusammen über 63 977 Nuklearsprengköpfe verfügten. Durch Abrüstungsverträge wurde seitdem der Großteil dieser Waffen vernichtet.
Welche Zerstörungskraft haben Atomwaffen? Bei strategischen Atomwaffen handelt es sich um Bomben mit einer riesigen Zerstörungskraft, die der Abschreckung dienen. Diese Gattung wird stationiert, um Großstädte und ganze Gegenden im Hinterland des Gegners auslöschen zu können. Taktische Atomwaffen wurden entwickelt, um in Gefechtslagen eine Abschreckung entfalten zu können. Die kleinsten Exemplare haben eine Sprengkraft von 300 Tonnen TNT. Zum Vergleich: Die Hiroshima-bombe setzte 12 500 Tonnen frei. Sie wurden noch nie im Kampf eingesetzt.
Welches Land besitzt die meisten Atomwaffen? Russland. Mit 6255 Nuklearsprengköpfen, davon etwa ein Viertel einsatzbereit, ist das Land die weltgrößte Atommacht. Auch wenn Ex-us-präsident Donald Trump gerade verkündete: „Wir sind die größere Atommacht“, verfügen die USA laut Sipri nur über 5550 Sprengköpfe. China hat 350, Frankreich 290, Großbritannien 225, Indien 156, Pakistan 165, Israel 90, Nordkorea 30 bis 40.
Könnte Deutschland Kernwaffen anschaffen? Nein. Bereits im Deutschlandvertrag 1955 hat sich die Bundesrepublik gegenüber den früheren Besatzungsmächten zu einem Verzicht auf Bau oder Anschaffung von Atomwaffen verpflichtet. Dies wurde im Zweiplus-vier-vertrag 1990 bekräftigt. Außerdem hat Deutschland 1975 den Atomwaffensperrvertrag ratifiziert. Als Nato-mitglied ist Deutschland vom nuklearen Schutzschirm des Bündnisses abgesichert, der auf Us-atomwaffen beruht. 20 davon lagern im Fliegerhorst Büchel in Rheinland-pfalz und könnten von deutschen Tornados zu ihrem Ziel geflogen werden. Allerdings gab es in den Jahren der Us-regierung unter Donald Trump Überlegungen, ob auf den Nato-schutzschirm Verlass ist und ob sich Deutschland an einem europäischen Schirm unter Verwendung französischer Atomwaffen beteiligen könnte.
Welche Staaten hatten Atomwaffen? Nach dem Zerfall der Sowjetunion lagerten auf dem Gebiet der Ex-sowjetrepubliken Ukraine, Belarus und Kasachstan tausende Sprengköpfe. Die Ukraine war damals de facto drittgrößte Atommacht der Welt. Gegen Sicherheitsgarantien durch die USA, Großbritannien und Russland verzichteten die drei Länder 1994 auf die Sprengköpfe.
Kann der Ukraine-krieg zu einem Atomkrieg führen? Das weiß niemand. Politiker wie Bundeskanzler Olaf Scholz haben immer darauf beharrt, dass die „große Herausforderung“darin liege, „zu verhindern, dass Putins Krieg auf andere Länder in Europa übergreift“, es also zu einer Konfrontation der USA und Russland kommt. Der Us-politologe Ian Bremmer vom Institut Eurasia Group sieht Hoffnung: „So dysfunktional die Beziehungen im Tagesgeschäft auch sind, bleiben existenzielle Befürchtungen vor einem Nuklearkrieg bei einer Reihe von politischen Führern tief verwurzelt.“Viele von ihnen hätten direkte Erfahrung aus dem Kalten Krieg und eine „professionelle, verantwortungsvolle Einstellung gegenüber Nuklearwaffen“. Sipri-direktor Dan Smith beruhigte kürzlich: „Ich glaube nicht, dass ein Atomkrieg eine wahrscheinliche Folge dieser Krise ist.“