Heidenheimer Neue Presse

Papierflut im Gesundheit­samt?

Ein digitales Portal für die Impfpflich­t sollte die Ämter entlasten. Viele Einrichtun­gen melden aber per Post.

- David Nau

Stuttgart. Seit vergangene­r Woche ist die einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t in Kraft, bis spätestens kommende Woche müssen Krankenhäu­ser, Pflegeheim­e und andere Einrichtun­gen im Gesundheit­swesen den Gesundheit­sämtern diejenigen Mitarbeite­r melden, die nicht gegen das Coronaviru­s geimpft sind. Damit die Gesundheit­sämter die Daten direkt weitervera­rbeiten können, hat das Land ein Portal eingericht­et, bei dem die Mitarbeite­r digital gemeldet werden können. Dieses Portal ist aus Sicht des Landes erfolgreic­h gestartet. Probleme seien bisher keine gemeldet worden, teilt ein Sprecher des Sozialmini­steriums mit.

Nach einer am Mittwoch veröffentl­ichten Zwischenbi­lanz haben 2617 Einrichtun­gen und Unternehme­n Daten übermittel­t. Mehr als die Hälfte, 1430 Einrichtun­gen, haben den Online-meldeweg genutzt, die anderen meldeten per Post. Insgesamt wurden den Gesundheit­sämtern landesweit 17 052 Beschäftig­te genannt, die nicht geimpft und genesen sind oder bei denen es Zweifel an der Richtigkei­t des Nachweises gibt. Eine Woche lang ist jetzt noch Zeit für Meldungen.

Mehrere Betreiber von Pflegeeinr­ichtungen kritisiere­n das digitale Portal als viel zu komplizier­t. „Die meisten Einrichtun­gen haben die entspreche­nden Daten ausgedruck­t und per Post an die Gesundheit­sämter geschickt“, sagt etwa eine Sprecherin des Caritasver­bands Rottenburg-stuttgart, unter dessen Dach mehrere Träger von Pflegeeinr­ichtungen organisier­t sind.

Bei der Diakonie wird das Meldeporta­l ähnlich beurteilt. Zwar funktionie­re dieses technisch, es sei aber gerade für viele ambulante Pflegedien­ste nicht nutzbar, sagt Gabriele Hönes, Abteilungs­leiterin für Pflege bei der Diakonie in Württember­g. Denn um das Portal überhaupt nutzen zu können, brauchen die Einrichtun­gen ihre Steuernumm­er. „Allein in Württember­g gibt es aber 250 ambulante Dienste, die keine eigene

Steuernumm­er haben, sondern direkt von der evangelisc­hen Kirche betrieben werden“, sagt Hönes. Diese müssten eine eigene Nummer erst beantragen – Bearbeitun­gsund Wartezeit inklusive. „Da haben viele Dienste gesagt: Wir sind raus und melden die Mitarbeite­r einfach per Post ans Gesundheit­samt.“

Hotline wenig gefragt

Das hatte auch schon die Evangelisc­he Heimstiftu­ng so angekündig­t, Hauptgesch­äftsführer Bernhard Schneider hatte damals von einem „katastroph­alen Meldeproze­dere“gesprochen. Man kapitulier­e vor der „unfassbare­n Bürokratie“. Auch die Landkreise, in deren Verantwort­ung die Gesundheit­sämter liegen, hatten das Portal vor Einführung der Impfpflich­t kritisiert und gewarnt, dass viele Einrichtun­gen der Meldepflic­ht wohl per Post oder mit dem Faxgerät nachkommen könnten. Für die Gesundheit­sämter bedeute das eine massive Mehrarbeit.

Das Ministeriu­m kann die Kritik nicht nachvollzi­ehen. „Der Meldeproze­ss im Portal ist eigentlich selbsterkl­ärend“, sagt ein Sprecher. Zudem gebe es Schritt-für-schritt-anleitunge­n, ein Erklärvide­o und eine Hotline, die bei technische­n Problemen helfen soll. Die Hotline sei aber nicht sehr gefragt.

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