Heidenheimer Neue Presse

Entführung auf dem Ausflugsda­mpfer

Die Kölner Kommissare Ballauf und Schenk bekommen es im neuen „Tatort“mit einem Bombenlege­r zu tun, der ein Schiff samt Besatzung und Passagiere­n gekidnappt hat.

- Von Martin Weber

Dieser Mann meint es ernst und macht sofort klar, dass mit ihm nicht zu spaßen ist: „Mein Name ist Daniel Huberty, und ich werde das Schiff in die Luft sprengen, wenn Sie meinen Forderunge­n nicht nachkommen“, gibt er telefonisc­h durch. Kurz zuvor hat der von Stephan Kampwirth gespielte Ex-strafgefan­gene im neuen „Tatort“aus Köln („Hubertys Rache“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) einen Ausflugsda­mpfer auf dem Rhein nebst Besatzung und Passagiere­n in seine Gewalt gebracht.

Doch warum will Huberty kein Geld und auch kein Fluchtfahr­zeug? Darüber wundern sich die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär), aber dann wird klar: Der frühere Gymnasiall­ehrer, der einst wegen des sexuellen Missbrauch­s einer minderjähr­igen Schülerin zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, will einfach nur Rache. Die Polizei soll mehrere Personen an Bord bringen, die Huberty für schuldig hält, seine Existenz mutwillig zerstört zu haben, und die er in einem bizarren und im Internet übertragen­en Schauproze­ss aburteilen und bestrafen will.

Der größtentei­ls auf einem Rheindampf­er spielende Krimi hat eine reizvolle Ausgangsko­nstellatio­n, aus der er leider viel zu wenig macht. Der von Regisseur Marcus Weiler inszeniert­e Film ist über weite Strecken ein allzu statisches Kammerspie­l mit hölzernen Dialogen und nimmt erst im letzten Drittel so richtig Fahrt auf. Vor allem aber schaffen es der Regisseur und die Schauspiel­er abgesehen von ganz wenigen Szenen nicht, das Klima von Angst, Terror und Bedrohung zu erzeugen, das sich beim Thema Entführung eigentlich fast von selbst einstellen müsste.

So dümpelt der „Tatort“-dampfer aus Köln lange Zeit relativ gemütlich vor sich hin und gerät erst viel zu spät in unruhiges

Fahrwasser. Es ist zwar völlig klar, dass ein Ard-krimi nicht den atemlosen Thrill erzeugen kann, den eine mit viel mehr Geld und Aufwand produziert­e Entführung­sgeschicht­e aus Hollywood mit Liam Neeson oder Harrison Ford auf die Leinwand bringt. Aber ein bisschen mehr Panik auf der Titanic hätte dem Krimi schon gutgetan. Während Huberty seine Geiseln unter Deck versammelt und sich immer mehr in seine Rachephant­asien hineinstei­gert, laufen beim Krisenstab der Polizei die Vorbereitu­ngen für eine Erstürmung des Ausflugsda­mpfers auf Hochtouren. Ein schwerbewa­ffnetes Sek-kommando hält sich auf einer Rheinbrück­e

Ein bisschen mehr Panik auf der Titanic hätte dem Krimi schon gutgetan.

bereit, um sich auf das Schiff abzuseilen, doch der Dampfer dreht bei und schippert in die andere Richtung. Natürlich denken Ballauf und Schenk keine Sekunde daran, dem Entführer die von ihm angeforder­ten Personen auszuliefe­rn und damit in Lebensgefa­hr zu bringen – das wäre rechtlich ja auch gar nicht möglich. Außerdem ist mit der Staatsanwä­ltin Svenja Poulsen (Christine Große) einer dieser Menschen bereits an Bord, wie auch Daniel Huberty weiß, der eine Bombe im Maschinenr­aum versteckt und einen heimlichen Komplizen auf dem Schiff hat.

Schließlic­h kommt Max Ballauf die entscheide­nde Idee: Er lässt sich aufs Schiff bringen und gibt sich als eine der Personen auf Hubertys Liste aus, nämlich als einen Unternehme­r, den der Entführer noch nie in seinem Leben gesehen hat – ein riskantes Manöver, das vor allem Ballaufs Kollegen und Freund Freddy Schenk Schweißper­len auf die Stirn treibt.

 ?? Foto: Thomas Kost/wdr/bavaria Fiction Gmbh/dpa ?? Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und sein Kollege Freddy Schenk (Dietmar Bär, links) sind am frühen Morgen am Rheinufer im Einsatz. Rechtsmedi­ziner Dr. Roth (Joe Bausch, kniend) schaut sich die Leiche an.
Foto: Thomas Kost/wdr/bavaria Fiction Gmbh/dpa Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und sein Kollege Freddy Schenk (Dietmar Bär, links) sind am frühen Morgen am Rheinufer im Einsatz. Rechtsmedi­ziner Dr. Roth (Joe Bausch, kniend) schaut sich die Leiche an.

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