Eine gute Grundlage
Die Diskussion über eine Wahlrechtsreform war bislang von zwei Wörtern geprägt: „geht“und „nicht“. Schon seit etwas mehr als einem Jahrzehnt bemüht sich der Bundestag, die Zahl seiner Abgeordneten nicht noch weiter ansteigen zu lassen. Die Vorhaben scheiterten immer wieder an den Bedenken der einen oder anderen Partei – zumeist der Union und der SPD. Denn die Reform des Wahlrechts wurde meistens nicht nur danach beurteilt, ob sie das Problem des Xxl-bundestages löst, sondern stets auch danach, ob die Lösung konkrete Vorteile für die eigene Partei oder zumindest einen Nachteil für die anderen mit sich brachte.
Kein Wunder also, dass der Vorschlag der Ampel-koalition zunächst auf Skepsis stieß. Denn er hält die Zahl der Abgeordneten klein, indem er die Aussichten beschränkt, mit einem Direktmandat in den Bundestag einzuziehen. Selbst wenn sie die meisten Stimmen in ihrem Wahlkreis erhielten, wäre ein Einzug ins Parlament nicht mehr sicher für die Abgeordneten. Der größte Protest kommt folglich von den Parteien mit den meisten direkt gewählten Politikern, das sind CDU und CSU.
In einigen Wahlkreisen mag es zwischen Abgeordneten und Wählern eine innige Beziehung geben. Eine Nachwahl-befragung 2017 ergab hingegen, dass die meisten Wähler keinen ihrer Wahlkreiskandidaten kennen. Das trifft übrigens auch für viele Wähler zu, die ihre Erst- und Zweitstimme unterschiedlich vergeben: Ein Drittel davon kannte keine der zur Wahl stehenden Personen. Damit soll nicht gesagt sein, dass der Vorschlag der Ampel-politiker der Weisheit letzter Schluss ist. Er ist aber eine gute Grundlage für die weitere Diskussion.