Weitere Ermittlungen gegen Strobl
Die Staatsanwaltschaft geht zusätzlich einer Strafanzeige der FDP nach. Im Innenausschuss begründet der Innenminister erneut, warum er ein Anwaltsschreiben weitergegeben hat.
Neue Ermittlungen Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Innenminister Thomas Strobl (CDU), erneut eine öffentliche Sitzung des Landtags-innenausschusses über den Komplex, der seinen Ursprung im Fall des Inspekteurs der Landespolizei hat – viel Erregungspotenzial also für Opposition wie Regierungsparteien. Der Tonfall dabei wird immer schärfer. Der aktuelle Stand: der
Beruhen die neuen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft unter anderem wegen des Verdachts auf Strafvereitelung auf neuen Erkenntnissen? Eigentlich nicht. Die Staatsanwaltschaft muss ermitteln, nachdem die FDP eine Strafanzeige gegen Innenminister Strobl wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses, der Strafvereitelung im Amt, des Verrats von Privatgeheimnissen sowie des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz erstattet hat. „Das ist ein Automatismus. Man muss dies als Ermittlungsverfahren erfassen“, betont Presse-staatsanwältin Melanie Rischke gegenüber unserer Redaktion. Dazu gehört etwa ein eigenes Aktenzeichen. Genutzt wird all das, was die Staatsanwaltschaft bereits in dem ganzen Komplex Briefweitergabe ermittelt hat oder noch ermittelt. Das Verfahren läuft also „parallel“, so Rischke.
Ist Strobl damit noch mehr unter Druck als vorher? Juristisch sieht er sich unter keinem größeren Druck als vorher, da zentrale Umstände, was die Weitergabe des Anwaltsschreibens angeht, bereits durch ihn selbst bekannt und Gegenstand der schon laufenden Ermittlungen sind. Sein Umfeld sieht dies genauso. Politisch ist dies schwerer zu beantworten. Ermittlungen gegen einen Innenminister sind immer eine Belastung. Noch hat er die Rückendeckung der Regierungskoalition und des Ministerpräsidenten, der dies am Dienstag noch einmal ausdrücklich betonte.
Was ist der Hintergrund der Strafanzeige der FDP? Die FDP zielt auf die Entscheidung des Innenministers, der Staatsanwaltschaft im Februar 2022 die Genehmigung zu verweigern, wegen Geheimnisverrats zu ermitteln. Dies ist ein sogenanntes Antragsdelikt. Es habe sich nicht um ein geheimhaltebedürftiges Schreiben gehandelt, so die Begründung des Innenministeriums. FDP und SPD werfen Strobl vor, die Erlaubnis verweigert zu haben und immer noch zu verweigern, weil er das Ziel dieser Ermittlungen wäre. Monatelang hatte das Ministerium verschleiert, wie das Schreiben an einen Journalisten kam. Die Regierungsparteien sahen am Mittwoch aber nur den Versuch, erneut negative Schlagzeilen über den Innenminister zu erzeugen. „Der Innenminister hat umfangreich und sachlich im Landtag vergangene Woche informiert. Seither hat sich doch am Sachverhalt nichts geändert“, so Thomas
Blenke, innenpolitischer der Cdu-fraktion
Sprecher
Was ist der Unterschied zum bereits laufenden Ermittlungsverfahren gegen den Minister, einen Mitarbeiter des Ministeriums und einen Journalisten der Stuttgarter Nachrichten? Hier hat die Staatsanwaltschaft von sich aus ermittelt, weil sie einen Anfangsverdacht für einen Verstoß gegen den Paragrafen
„353d Nr. 3“Strafgesetzbuch sah, der die Weitergabe von Dokumenten aus Strafprozessen und Disziplinarverfahren vor Eröffnung des Hauptverfahrens unter Strafe stellt.
Worum geht es im Kern? Im November 2021 wurde der Inspekteur der Polizei suspendiert. Er soll eine Polizistin zum Sex mit ihm aufgefordert und auf seinen
Einfluss auf ihre Karriere hingewiesen haben. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn. Kurz vor Weihnachten 2021 gab Strobl ein Schreiben des Anwalts des Inspekteurs an einen Journalisten weiter. Strobls Begründung: Der Fall sei von hohem öffentlichen Interesse. „Deshalb durfte nicht der Hauch eines Anscheins entstehen, dass hier gemauschelt, etwas unter den Teppich gekehrt werden könnte.“Im Innenausschuss argumentierten Strobl und Vertreter der Regierungsparteien, dass das Hauptthema unter die Räder komme, und dies sei die mögliche sexuelle Belästigung einer Polizistin. Julia Goll, innenpolitische Sprecherin der FDP konterte: „Der Minister hat doch selbst dafür gesorgt, dass der eigentliche Fall überlagert wird.“
Worum ging es genau in der Innenausschusssitzung am Mittwoch? Eigentlich sollte es nichtöffentlich um Anträge und Anfragen gehen, die SPD und FDP im Komplex Inspekteur schon vor dem Bekanntwerden der Briefaffäre eingereicht hatten. Darin ging es generell um die Vorwürfe gegen den Inspekteur oder um Personalentscheidungen unter seiner Beteiligung. Diese Anfragen sind alle beantwortet, waren auch Thema mehrerer Ausschusssitzungen. SPD und FDP hatten beantragt, die Sitzung am Mittwoch öffentlich abzuhalten. Beide Parteien sahen ihre damaligen Anträge natürlich unter dem Licht der neuen Entwicklungen. „Wir haben gelernt, dass Transparenz im Innenministerium und für den Innenminister große Bedeutung haben“, so Spd-fraktionsgeschäftsführer Sascha Binder spitz. Doch dies erweise sich „immer mehr als eine Schutzbehauptung eines Ertappten“.
Gab es neue Erkenntnisse? Nein, die spannendsten Fragen wurden von Strobl mit Verweis auf ein schwebendes Verfahren nicht beantwortet, etwa die Frage, ob die Innen-staatssekretäre Julian Würtenberger und Wilfried Klenk von der Weitergabe des Briefes an den Journalisten wussten.