Blecheimer statt Wasserklosett
Kaum noch tragbar waren vor 60 Jahren die hygienischen Zustände im alles andere als zeitgemäßen Heidenheimer Gefängnis. Abhilfe schaffen sollte ein Neubau, über dessen Grundzüge die HZ im April 1962 berichtete.
Millionen Mark – eine Menge Geld für ein zwar spektakuläres Bauvorhaben, das sich aber weitestgehend den Augen der Öffentlichkeit entzieht. Und es ist noch längst nicht der Endbetrag, denn die Nacht zum 6. April 1962 markiert erst einen Zwischenschritt auf dem Weg zur unterirdischen Direktverbindung zwischen Martigny im Schweizer Kanton Wallis und Aosta in Italien.
An besagtem 6. April gelingt nach drei Jahren fast pausenloser Schichtarbeit der Durchstich des Straßentunnels, der auf einer Höhe von 1900 Metern den Großen-st.-bernhard-pass unterquert.
Eine gewaltige Summe steckt zu diesem Zeitpunkt also bereits in dem Vorhaben, und bis zu seiner Fertigstellung zwei Jahre später soll noch einiges hinzukommen. Weitaus günstiger gestaltet sich der Bau eines neuen Gefängnisses in Heidenheim. Nach Jahren der Diskussionen, Verhandlungen und Verzögerungen steht nun fest, dass spätestens im Januar 1963 damit begonnen werden soll, an gleicher Stelle einen zeitgemäßen Ersatz für den von 1854 stammenden Knast zu schaffen.
Noch liegt der Vorentwurf freilich zur Genehmigung beim Justizund beim Finanzministerium. Er sieht ein dreigeschossiges Gebäude vor, das auf 38 Metern Länge Platz für 50 Gefangene bietet. Entstehen soll mit Rücksicht auf das Stadtbild ein „Gefängnis ohne Gefängnis-charakter“, dessen Flure entlang der Kirchenstraße verlaufen, während auf der Ostseite die Mauern des abgesenkten Hofes nur drei Meter in die Höhe ragen.
Nachholbedarf in Sachen Hygiene
Gezählt scheinen die Tage hygienischer Unzulänglichkeiten: Bislang bestehen die „Toiletten“aus einfachen Kübeln. Als Gefängnisküche dient die Privatwohnung des Dienststellenleiters, dessen Frau für die Inhaftierten kocht.
Auch andernorts reifen ambitionierte Baupläne. In Steinheim etwa unterstützt der Gemeinderat Überlegungen, in der Nähe der Ziegelhütte ein Motel zu errichten. Heranwachsen soll der Komplex auf einem 10.000 Quadratmeter großen Gelände und neben zwei Baukörpern mit einer Ferienwohnung und sieben Gästezimmern auch 30 Autostellplätze, eine Minigolfanlage, einen Spielplatz und ein kleines Schwimmbecken umfassen.
Bürgermeister freut sich tierisch
Steinheims Bürgermeister Manfred Bezler zeigt sich begeistert angesichts der Aussicht auf die private Investition: „Ist mir lieber als ein Hunde- oder Katzenhotel.“
Kaum anzunehmen, dass Touristen künftig mit dem Flugzeug anreisen, um auf der Ostalb ihren Urlaub zu verbringen. Gleichwohl schlägt Oberbaurat Karl Weihermüller den Landkreisen Heidenheim und Aalen vor, die 600 Meter lange Start- und Landebahn auf dem Elchinger Fluggelände auf bis zu einen Kilometer zu verlängern. Während Oberbürgermeister
Elmar Doch und Landrat Dr. Wild spontan Zustimmung signalisieren, äußern sich Vertreter der Wirtschaft deutlich zurückhaltender.
Möglicherweise spielen die zu erwartenden Kosten eine Rolle, wäre die Anlage doch künftig mit einem ständigen Flugleiter zu besetzen. Weihermüller gibt angesichts dessen zu bedenken, dass die Neuerung gerade Unternehmen zugutekäme, weil ihre in- und ausländischen Gäste dann die Möglichkeit hätten, auf dem kürzesten Weg in die Region zu gelangen.
Das geht natürlich auch per Pkw, allerdings mit einem erheblich größeren zeitlichen Aufwand. Maßgebliche politische Akteure sehen Heidenheim deshalb gar im „Verkehrsschatten“, zumal sich das vorhandene Autobahnnetz aufgrund der geographischen Lage nicht in Ost-westrichtung erweitern lasse.
Eine nachhaltige Verbesserung der Lage verspricht sich Baurat
Werner Trötsch, stellvertretender Leiter des Stadtplanungsamts, von einem „Wunschplan“, den er erstellt hat. Eine „Verkehrsspinne“, die drei Anschlussstellen der geplanten Nord-süd-autobahn, eine Umgehung Herbrechtingens sowie eine Schnellstraße zwischen Heidenheim und Giengen einschließt, soll Heidenheim wie schon zu Zeiten der Römer wieder zu einem Verkehrsknotenpunkt machen.
Sportzentrum im Schlosshau
Ambitionierte Pläne gibt es auch hinsichtlich einer zentralen Sportanlage im Eichert, im Schlosshau und auf der Schwende. Vorgesehen war eine solche Ende der 1950er-jahre eigentlich in den Seewiesen, aber weil sich dort mittlerweile Industriebetriebe angesiedelt haben, geht der Blick jetzt auf den Schlossberg.
Und der Entwurf eines Stuttgarter Architekturbüros findet die einhellige Zustimmung des Gemeinderats.
Wesentliche Bestandteile sind ein Stadion mit Rasenspielfeld, 400-Meter-bahn, weiteren Anlagen für die Leichtathletik und Tribüne, eine Schulsportanlage auf dem Gelände der alten Polizeischule, eine Schießanlage, ein Tennen- sowie ein Rasenplatz für den Vereinssport, zwei Reservespielfelder, sechs Tennisplätze und, auf Mergelstetter Markung, zwei Fußballplätze und eine Laufbahn. Hinzu kommen noch 1500 Parkplätze.
All das ist Zukunftsmusik, während sich in der Karl-rau-halle bei einem Fußballspiel die Auswahlen der Stadtverwaltung und des Stadtverbands für Leibesübungen gegenüberstehen. Auf einen Wimpeltausch verzichten die Mannschaften, stattdessen will Oberbürgermeister Elmar Doch eine Flasche Wein überreichen. Der Spielführer des Gegners lehnt den möglicherweise einschläfernden Trunk allerdings dankend ab . . .
Der Stadtverband seinerseits verteilt keine Präsente, sondern schenkt der Rathaus-vertretung drei Treffer ein, während Dochs Vorderleuten lediglich ein Tor glückt.
Auch jenseits der Landesgrenzen stellen die Heidenheimer ihr fußballerisches Geschick unter Beweis: Eine Stadtauswahl sichert sich in der französischen Partnerstadt Clichy den Sieg bei einem Pokalturnier, wobei der Kameradschaftsgeist nicht nur in Blumensträußen, sondern besonders nachhaltig auch in einem sechsgängigen Menü seinen Ausdruck findet.
Stolz vermeldet unterdessen das Giengener Rathaus einen neuen Rekord bei den Neueinschulungen: 95 Mädchen und 87 Jungen kommen zur Aufnahmefeier in die voll besetzte städtische Turnhalle. Angesichts dieser zuvor noch nicht dagewesenen Zahl wird der Wunsch laut, in der Südstadt ein neues Schulhaus zu bauen. Rektor Stolch appelliert an die Eltern, Erziehungsprobleme zusammen mit der Schule zu meistern.
Das englische Königshaus verfolgt hingegen die Strategie größtmöglicher Zurückhaltung: Königin Elisabeth II. und Prinz Philip bitten darum, ihrem Sohn, Prinz Charles, die Eingewöhnung an seiner neuen Schule nicht durch unnötige Publizität zu erschweren. Die Presse möge daher zum Schulbeginn des Prinzen keine zusätzlichen Fotografen und Reporter schicken.