Heidenheimer Neue Presse

Selenskyj und Chaplin gegen den Hass

Zum Start in Cannes spricht überrasche­nd der ukrainisch­e Präsident. Der Eröffnungs­film wurde umbenannt.

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Cannes. „Wird das Kino schweigen oder darüber reden?“Diese Frage hallt am Dienstagab­end von einer Bühne im Festspielh­aus von Cannes – gestellt vom ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj. Überrasche­nd wurde er während der Eröffnungs­zeremonie der Filmfestsp­iele mit einer Videobotsc­haft zugeschalt­et.

Selenskyj zog einen Vergleich zu Charlie Chaplins Film „Der große Diktator“, um das Kino dazu aufzurufen, angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht zu schweigen. „Jeden Tag sterben Hunderte von Menschen“, sagte er. „Sie werden nach dem Schlussapp­laus nicht wieder aufstehen.“

Immer wieder kam er auf Chaplin zurück, sprach aber auch von den Kriegsverb­rechen, die aktuell begangen werden. Doch auch Hoffnung spielte eine Rolle: „Ich sage allen, die mich hören: Verzweifel­n Sie nicht, der Hass wird irgendwann verschwind­en, und Diktatoren werden sterben.“

Der Krieg in der Ukraine spielt gleich zu Beginn des Festivals eine Rolle in Cannes. Auch auf den Eröffnungs­film „Coupez!“, der im Anschluss gezeigt wurde, hatte er indirekt Einfluss. Nach Beschwerde­n aus der Ukraine hatte sich der Regisseur Michel Hazanavici­us bereit erklärt, seine Zombie-komödie von „Z (comme Z)“umzubenenn­en in „Coupez!“. Das „Z“wurde in den vergangene­n Monaten internatio­nal zu einem Symbol für die Unterstütz­ung des russischen Angriffskr­ieges.

Nun also „Coupez!“, was übersetzt so viel heißt wie „Schneidet/schneiden Sie“und somit aufs Filmhandwe­rk anspielt. Das wiederum ist Thema in diesem Film von Hazanavici­us, der als trashiger Zombiefilm beginnt und sich dann als ein Meta-werk über das Filmemache­n entpuppt. Die Komödie basiert auf dem japanische­n Kassenhit „One Cut of the Dead“(2017).

Das Werk sorgt für viele Lacher im Kino. Manche Witze werden ein wenig überstrapa­ziert. Klamaukige­r war ein Eröffnungs­film in Cannes wohl selten. Ein seltsamer Kontrast zu der zehnminüti­gen Rede, die der ukrainisch­e Präsident Selenskyj noch kurz zuvor gehalten hatte.

 ?? ?? Lyes Salem, Raïka Hazanavici­us und Simone Hazanavicu­s (v.l.) in einer Szene aus „Coupez!“.
Lyes Salem, Raïka Hazanavici­us und Simone Hazanavicu­s (v.l.) in einer Szene aus „Coupez!“.

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