Wie umgehen mit Moskau?
Die Zeit der Entspannung ist vorbei. Experten nennen Ideen, wie das Verhältnis zu Russland zukünftig aussehen könnte.
Russlands Krieg gegen die Ukraine hat im Rest von Europa die Sicht auf Moskau verändert. Es gibt kein Zurück zum Verhältnis davor. Politikexperten haben Ideen entwickelt, wie das neue Verhältnis aussehen könnte.
1. Pufferzonen zwischen den Blöcken verschwinden Die estnische Politologin Kristi Raik spricht vom Ende der „grauen Zonen“zwischen der EU und Russland. Moskau versuche, Einfluss in solchen Pufferzonen zu erlangen, wie das Beispiel Ukraine zeige. Bislang militärisch neutrale Staaten wie Schweden und Finnland schließen sich der Nato an – während der Kreml in Belarus seinen Einfluss verstärke, prophezeit der ungarische Sicherheitsexperte Andras Racz. „Russland wird dort dauerhaft Truppen stationieren.“
2. Es entstehen wieder harte Grenzen zu Russland Die Konfrontation mit Russland werde „viele Jahre“dauern, prophezeit Politologin Raik. Nicht nur der wirtschaftliche, auch der zwischenmenschliche Kontakt werde leiden, erwartet sie. Lange Jahre habe man auch in Deutschland fälschlich gedacht, „dass gegenseitige Abhängigkeit konfliktlindernd wirkt“, sagt der ehemalige außenpolitische Berater im Kanzleramt, Christoph Heusgen. Nun müssten Abhängigkeiten verringert werden.
3. Es wird keine Einigkeit mit Russland über Europas Sicherheit geben „Es gibt eine fundamentale Meinungsverschiedenheit mit Putins Russland“, sagt Raik. Die von Moskau geforderten „Sicherheitsgarantien“an die Nato seien ein Beleg dafür. Für den Sicherheitsexperten Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik steht eine Ära der Auseinandersetzungen bevor.
4. Die Einheit des Westens wird auf die Probe gestellt EU, Nato und G7 handeln bisher recht einig bei Sanktionen gegen Moskau oder Hilfe für Kiew. Doch bleibt das so? Wird die Türkei dem Natobeitritt von Schweden und Finnland zustimmen? Wird das Ölembargo gegen Russland durchgesetzt? Wird Kiew Eu-kandidat? „Autoritäre Großmächte versuchen, die Weltordnung in ihrem Sinne umzugestalten“, sagt der frühere Un-botschafter Heusgen. Der Westen müsse die regelbasierte Ordnung verteidigen.
5. Die Europäer werden mehr für ihre Verteidigung tun müssen Zwar steckt Deutschland 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr. Aber dass Europa Krisen selbst vor der eigenen Haustür nicht allein bewältigen kann, zeigt sich aktuell am Engagement der Amerikaner. Und das kann sich ändern, sollte 2024 Nato-skeptiker Donald Trump wieder ins Weiße Haus einziehen. „Wir müssen uns vorbereiten auf eine Situation, in der die USA nicht bereit sind, Europa zu verteidigen“, sagte die französische Botschafterin Anne-marie Descotes diese Woche in Berlin.