Heidenheimer Neue Presse

Wie umgehen mit Moskau?

Die Zeit der Entspannun­g ist vorbei. Experten nennen Ideen, wie das Verhältnis zu Russland zukünftig aussehen könnte.

- Stefan Kegel

Russlands Krieg gegen die Ukraine hat im Rest von Europa die Sicht auf Moskau verändert. Es gibt kein Zurück zum Verhältnis davor. Politikexp­erten haben Ideen entwickelt, wie das neue Verhältnis aussehen könnte.

1. Pufferzone­n zwischen den Blöcken verschwind­en Die estnische Politologi­n Kristi Raik spricht vom Ende der „grauen Zonen“zwischen der EU und Russland. Moskau versuche, Einfluss in solchen Pufferzone­n zu erlangen, wie das Beispiel Ukraine zeige. Bislang militärisc­h neutrale Staaten wie Schweden und Finnland schließen sich der Nato an – während der Kreml in Belarus seinen Einfluss verstärke, prophezeit der ungarische Sicherheit­sexperte Andras Racz. „Russland wird dort dauerhaft Truppen stationier­en.“

2. Es entstehen wieder harte Grenzen zu Russland Die Konfrontat­ion mit Russland werde „viele Jahre“dauern, prophezeit Politologi­n Raik. Nicht nur der wirtschaft­liche, auch der zwischenme­nschliche Kontakt werde leiden, erwartet sie. Lange Jahre habe man auch in Deutschlan­d fälschlich gedacht, „dass gegenseiti­ge Abhängigke­it konfliktli­ndernd wirkt“, sagt der ehemalige außenpolit­ische Berater im Kanzleramt, Christoph Heusgen. Nun müssten Abhängigke­iten verringert werden.

3. Es wird keine Einigkeit mit Russland über Europas Sicherheit geben „Es gibt eine fundamenta­le Meinungsve­rschiedenh­eit mit Putins Russland“, sagt Raik. Die von Moskau geforderte­n „Sicherheit­sgarantien“an die Nato seien ein Beleg dafür. Für den Sicherheit­sexperten Christian Mölling von der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik steht eine Ära der Auseinande­rsetzungen bevor.

4. Die Einheit des Westens wird auf die Probe gestellt EU, Nato und G7 handeln bisher recht einig bei Sanktionen gegen Moskau oder Hilfe für Kiew. Doch bleibt das so? Wird die Türkei dem Natobeitri­tt von Schweden und Finnland zustimmen? Wird das Ölembargo gegen Russland durchgeset­zt? Wird Kiew Eu-kandidat? „Autoritäre Großmächte versuchen, die Weltordnun­g in ihrem Sinne umzugestal­ten“, sagt der frühere Un-botschafte­r Heusgen. Der Westen müsse die regelbasie­rte Ordnung verteidige­n.

5. Die Europäer werden mehr für ihre Verteidigu­ng tun müssen Zwar steckt Deutschlan­d 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr. Aber dass Europa Krisen selbst vor der eigenen Haustür nicht allein bewältigen kann, zeigt sich aktuell am Engagement der Amerikaner. Und das kann sich ändern, sollte 2024 Nato-skeptiker Donald Trump wieder ins Weiße Haus einziehen. „Wir müssen uns vorbereite­n auf eine Situation, in der die USA nicht bereit sind, Europa zu verteidige­n“, sagte die französisc­he Botschafte­rin Anne-marie Descotes diese Woche in Berlin.

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