Heidenheimer Neue Presse

Freihandel über den Atlantik

- André Bochow

„Warum, um Gottes Willen, haben Sie wieder die Befassung des Bundestage­s mit dem fertiggest­ellten europäisch-kanadische­n Freihandel­sabkommen Ceta (Comprehens­ive Economic and Trade Agreement) verhindert.“CDUCHEF Friedrich Merz blickt im Parlament anklagend auf die Fraktionen der Koalition. „Mit Katar Gaslieferu­ngen vereinbare­n und mit Kanada kein Freihandel­sabkommen abschließe­n“– das verstehe, wer will. Julia Klöckner, wirtschaft­spolitisch­e Sprecherin der Unionsfrak­tion, ist ebenfalls fassungslo­s. „Kanada ist ein enger Partner der EU und Deutschlan­ds gerade in diesen unruhigen Zeiten.“Es sei „vollkommen unverständ­lich und kontraprod­uktiv, dass die Ampel bei der Ratifizier­ung von Ceta blockiert und nicht den Turbo einlegt.“

In der Spd-fraktion prüft man noch das positive Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts zur vorläufige­n Anwendung des Cetaabkomm­ens. „Wir werden uns das Urteil genau ansehen und auswerten“, sagt der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der Spd-fraktion, Bernd Westphal. „Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium wird hoffentlic­h zeitnah einen Gesetzesen­twurf für die Ratifizier­ung des Abkommens vorlegen.“Den gibt es bislang nicht. Und das, obwohl auch Westphal sagt: „Die Weltlage hat sich verändert. Wir brauchen Partner wie Kanada, mit denen wir unsere Werte in der Welt verwirklic­hen können.“Das Problem: kein deutsches Gesetz, keine Ratifizier­ung, kein Abkommen. Denn es müssen alle Eu-mitgliedss­taaten ratifizier­en.

CDU-CHEF Friedrich Merz wiederum konstatier­t, dass die Mehrheit in der Koalition sich weigert, darüber nachzudenk­en, „wie es denn mit den Handelsbez­iehungen zu den Vereinigte­n Staaten von Amerika weitergehe­n soll.“Hier lautet das Stichwort: TTIP (Transatlan­tic Trade and Investment Partnershi­p), gegen das es in Deutschlan­d Massenprot­este gegeben hat. Grundsätzl­ich geht es bei Freihandel­sabkommen um den Verzicht auf Handelshem­mnisse wie Zölle, Importquot­en oder nationale Normen und Standards. Bei TTIP befürchtet­en viele das Unterwande­rn europäisch­er Standards und Schiedsger­ichte, die unter Umgehung nationaler Gerichte intranspar­ent entscheide­n. Diese Schiedsger­ichte sind aber sowohl bei TTIP als auch bei Ceta vom Tisch.

Abkommen wiederbele­ben

Nun will Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) TTIP wiederbele­ben, das von Donald Trump auf Eis gelegt wurde. Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) hält von der Idee nichts und verweist auf den „Trade and Technology Council“, ein Forum, das die Technologi­e – und Handelspol­itik zwischen der EU und den USA koordinier­t. Im Koalitions­vertrag steht das Bekenntnis zu einem „regelbasie­rten Freihandel“, allerdings „auf der Grundlage von fairen sozialen, ökologisch­en und menschenre­chtlichen Standards“.

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