Freihandel über den Atlantik
„Warum, um Gottes Willen, haben Sie wieder die Befassung des Bundestages mit dem fertiggestellten europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen Ceta (Comprehensive Economic and Trade Agreement) verhindert.“CDUCHEF Friedrich Merz blickt im Parlament anklagend auf die Fraktionen der Koalition. „Mit Katar Gaslieferungen vereinbaren und mit Kanada kein Freihandelsabkommen abschließen“– das verstehe, wer will. Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, ist ebenfalls fassungslos. „Kanada ist ein enger Partner der EU und Deutschlands gerade in diesen unruhigen Zeiten.“Es sei „vollkommen unverständlich und kontraproduktiv, dass die Ampel bei der Ratifizierung von Ceta blockiert und nicht den Turbo einlegt.“
In der Spd-fraktion prüft man noch das positive Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur vorläufigen Anwendung des Cetaabkommens. „Wir werden uns das Urteil genau ansehen und auswerten“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der Spd-fraktion, Bernd Westphal. „Das Bundeswirtschaftsministerium wird hoffentlich zeitnah einen Gesetzesentwurf für die Ratifizierung des Abkommens vorlegen.“Den gibt es bislang nicht. Und das, obwohl auch Westphal sagt: „Die Weltlage hat sich verändert. Wir brauchen Partner wie Kanada, mit denen wir unsere Werte in der Welt verwirklichen können.“Das Problem: kein deutsches Gesetz, keine Ratifizierung, kein Abkommen. Denn es müssen alle Eu-mitgliedsstaaten ratifizieren.
CDU-CHEF Friedrich Merz wiederum konstatiert, dass die Mehrheit in der Koalition sich weigert, darüber nachzudenken, „wie es denn mit den Handelsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika weitergehen soll.“Hier lautet das Stichwort: TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership), gegen das es in Deutschland Massenproteste gegeben hat. Grundsätzlich geht es bei Freihandelsabkommen um den Verzicht auf Handelshemmnisse wie Zölle, Importquoten oder nationale Normen und Standards. Bei TTIP befürchteten viele das Unterwandern europäischer Standards und Schiedsgerichte, die unter Umgehung nationaler Gerichte intransparent entscheiden. Diese Schiedsgerichte sind aber sowohl bei TTIP als auch bei Ceta vom Tisch.
Abkommen wiederbeleben
Nun will Finanzminister Christian Lindner (FDP) TTIP wiederbeleben, das von Donald Trump auf Eis gelegt wurde. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält von der Idee nichts und verweist auf den „Trade and Technology Council“, ein Forum, das die Technologie – und Handelspolitik zwischen der EU und den USA koordiniert. Im Koalitionsvertrag steht das Bekenntnis zu einem „regelbasierten Freihandel“, allerdings „auf der Grundlage von fairen sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Standards“.