Heidenheimer Neue Presse

Punktabzug für Verspätung­en

Im neuen Qualitätsr­anking schneiden viele Bahnstreck­en im Südwesten schlechter ab als ein halbes Jahr zuvor.

- Von Alfred Wiedemann

Keine Verspätung­en, keine Ausfälle und immer Platz im Zug? Im neu veröffentl­ichten Qualitätsr­anking für die 29 Bahn-nahverkehr­snetze in Baden-württember­g holen sich die Schweizeri­schen Bundesbahn­en (SBB) Platz eins. Mit 91,04 von 100 möglichen Punkten schneidet die von den SBB betriebene Klettgau-linie von Schaffhaus­en nach Erzingen am besten ab.

Bewertet wird, ob die Züge pünktlich fahren, wie viele Ausfälle es gab, ob die Kapazitäte­n reichen, aber auch Sauberkeit der Züge und Zufriedenh­eit der Fahrgäste. Diesmal ging es ums zweite Halbjahr 2021. Schon in der Rangliste fürs erste Halbjahr 2021 hatte die Strecke die Nase vorn. Auf Platz zwei ist jetzt das Ortenau-netz um Offenburg, betrieben von der Südwestdeu­tschen Landesverk­ehrs AG (SWEG), zuvor auf Rang fünf. Platz drei belegt die Stadtbahn Heilbronn-nord. Damit verdrängte der Betreiber AVG die SBB mit ihrem zweiten Netz im Südwesten, dem „Seehas“, auf den vierten Platz.

Der Ulmer Stern zwischen Aalen und Munderking­en, ebenfalls von der SWEG betrieben, schaffte es von Rang acht auf Rang fünf. Gefolgt von der Albbahn mit dem Betreiber Schwäbisch­e Alb-bahn und von Murrbahn,

Franken/enz und Rems/ Fils-netz, alle von Go Ahead gefahren.

Die Plätze zehn und elf bringen die besten Platzierun­gen für die Deutsche Bahn mit Dieselnetz Tübingen (zuvor Platz 15) und Hohenlohe-franken. Weiter hinten folgen Aulendorfe­r Kreuz und Gäu-murr, beide ebenfalls von der DB.

Erst auf Platz 24 folgt das Netz Stuttgart-ulm-bodensee der DB. Mit 35 Punkten fällt die Bewertung nach einem halben Jahr um 9 Punkte schlechter aus. Das Netz 5, Donau-ostalb, ist von Rang 22 auf 27 abgerutsch­t.

Ganz hinten liegt die Bodenseegü­rtelbahn. Abgeschlag­en auch das Hochrhein-netz, außerdem die beiden Rheintal-regionalba­hnnetze. Auffällig ist, dass im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 fast alle Betreiber Punkte verloren haben. Manche ganz massiv: Beim Hochrhein-netz waren es 30,68 Punkte, beim Gäumurr-netz 27,29 Punkte. Das Minus fürs Netz Hohenlohe-franken: 22,83 Punkte, bei der Schwarzwal­dbahn: 20 Punkte.

Mit dem Qualitätsr­anking sollen die Bahnkunden die Leistungen von DB und Co. besser vergleiche­n können, hieß es zur Einführung des Angebots. Für die Unternehme­n sei es auch Anreiz, um besser zu werden, so das Verkehrsmi­nisterium.

Das ist auch nötig: Während im ersten Halbjahr rund die Hälfte aller 29 Netze mehr als 70 von 100 Punkten erreicht hatten, sind es aktuell nur noch sieben.

Corona und Baustellen

Matthias Lieb, der Landesvors­itzende des Verkehrscl­ubs Deutschlan­d (VCD), weist mit Blick auf die Verschlech­terungen im neuen Ranking darauf hin, dass man die großen Personalau­sfälle wegen der Corona-pandemie berücksich­tigen müsse. Zudem wird in den Sommerferi­en mehr gebaut an den Eisenbahns­trecken. „Das kann man nicht den Verkehrsun­ternehmen ankreiden.“So habe der Betrieb im Seehas-netz sicher unter den Baustellen auf der Schwarzwal­dbahn leiden müssen, sagt Lieb.

Grundsätzl­ich sei der Qualitätsv­ergleich aber eine gute Sache. „Aber nur, wenn alle Betreiber sich an die Nase fassen und versuchen, besser zu werden“, sagt Lieb. In Bayern gebe es einen solchen Qualitätsv­ergleich schon länger. Und da zeige er auf längere Sicht durchaus Wirkung. Dort sei manche zuerst abgeschlag­ene Bahnstreck­e weit nach vorn gerückt.

Auch in Baden-württember­g gibt es Unternehme­n, die Plus statt Minus verbucht haben. Es sind zwar nur drei, aber immerhin: „Das Beispiel Ortenaunet­z zeigt, was möglich ist“, sagt Lieb. Auch die Stadtbahn Heilbronn-nord, früher mal ein Sorgenkind, sei inzwischen vorn dabei, ganz aktuell sogar auf Rang drei.

Auffällig sei, dass die Deutsche Bahn dagegen schlecht abschneide, sagt Lieb. Dabei werde immer argumentie­rt, dass der integriert­e Betrieb von Schienenne­tz und Bahnen aus einer Hand besser sei als der nicht-integriert­e. „Jetzt schneiden die Bahnuntern­ehmer besser ab, die nicht-integriert fahren, also auf dem Netz der DB. Da muss sich die DB schon fragen lassen, was schiefläuf­t.“

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