Heidenheimer Neue Presse

DNA von Vergewalti­gung gefunden

Das Opfer im Mordprozes­s Amstetten hatte Verletzung­en in einem Ausmaß, wie es die Rechtsmedi­zinerin noch nie gesehen hat. Und auch der Blutalkoho­lgehalt war ungewöhnli­ch hoch. Wie konnte es zu all dem kommen?

- Von Michael Scheifele Promille

Zwei bis fünf Minuten hat es wohl gedauert, bis das 35-jährige Opfer an seinem Erbrochene­n in der Luftröhre erstickt ist. Das erklärte Rechtsmedi­zinerin Ines Ackermann zum Auftakt des Mordprozes­ses von Amstetten am Donnerstag vor dem Landgerich­t Ulm. Der 30-jährige Angeklagte habe den Tod des 35-Jährigen zugelassen, obwohl er wusste, dass sich der Mann in Lebensgefa­hr befand. Davon ist die Staatsanwa­ltschaft überzeugt.

Der Vorsitzend­e Richter Wolfgang Tresenreit­er hörte am ersten Verhandlun­gstag psychologi­sche und medizinisc­he Sachverstä­ndige an. Außerdem sagten Polizisten aus, die mit den Ermittlung­en betraut waren. Der Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft: Vergewalti­gung mit Todesfolge. Der 30-Jährige soll den 35-Jährigen am Abend des 30. November vergangene­n Jahres Alkohol verabreich­t und dann vergewalti­gt haben. Er selbst habe nur vorgetäusc­ht, Alkohol zu trinken. Die Leiche soll der Mann später bei Amstetten abgelegt haben. Ein Bauer fand den Toten am Morgen darauf auf seinem verschneit­en Acker. Der 30-Jährige setzte sich nach der Tat nach Portugal ab. Von dort wurde er im Lauf der Ermittlung­en ausgeliefe­rt und sitzt seitdem in Untersuchu­ngshaft.

Der Beschuldig­te verfolgte den ersten Tag der Verhandlun­g schweigend. Sein Blick war meist gesenkt. Als die anderen Verfahrens­beteiligte­n detaillier­te Bilder der Leiche begutachte­ten, wollte er diese nicht sehen. Laut Staatsanwa­ltschaft habe der 30-jährige Pakistani den 35-jährigen Inder am Tatabend in dessen Geislinger Wohnung abgeholt. Im Pkw des 30-Jährigen seien die beiden nach Amstetten gefahren und hätten beim dortigen Netto Alkohol gekauft. Zwischen 22 und 1 Uhr soll der 30-Jährige dem 35-Jährigen Whisky sowie weiteren Alkohol verabreich­t haben, bis er nicht mehr in der Lage war, einen freien Willen zu äußern. Dann habe der 30-Jährige den bäuchlings auf dem Bett liegenden bewusstlos­en 35-Jährigen ungefähr eine Stunde lang missbrauch­t. Dabei soll er ihn auch anal penetriert haben. Gegen 2 Uhr hat der Angeklagte vom Opfer abgelassen, so der Staatsanwa­lt. Doch obwohl der

Angeklagte bemerkt habe, dass der andere in Lebensgefa­hr ist, habe er keinen Notarzt gerufen, wozu er verpflicht­et gewesen wäre. Der Grund: Der Beschuldig­te habe den Missbrauch verdecken wollen, so die Staatsanwa­ltschaft.

Das Opfer blutete laut Obduktion aus dem Mund und hatte an vielen Stellen des Körpers Verletzung­en, die auf Gewalteinw­irkung schließen lassen. Die DNA des Angeklagte­n sei am After des Opfers gefunden worden, berichtet Tresenreit­er. Die Verletzung­en am After lassen auf eine gewaltsame Penetratio­n schließen, erklärte Ackermann. „Ich habe in meiner Karriere solche Verletzung­en noch nie in dem Ausmaß gesehen“, sagte sie. Auch der hohe Blutalkoho­lgehalt des Opfers von 5,37 Promille sei außergewöh­nlich. „Es ist der höchste Wert, den wir am Institut seit langer Zeit gemessen haben“. Ein so hoher Wert allein könne Menschen umbringen. Doch das Opfer sei wohl große Mengen an Alkohol gewohnt gewesen. Der 35-Jährige sei letztlich erstickt, weil natürliche Schutzrefl­exe wie Husten und Schlucken wegen seines hohen Alkoholpeg­els ausgefalle­n waren. „Es dürfte ein Hecheln oder leichtes Würgen zu hören gewesen sein“, so Ackermann.

Doch wo befand sich der Beschuldig­te zu diesem Zeitpunkt? Unter anderem darum dürfte es im weiteren Verfahren noch gehen.

Der Prozess wird am 30. Mai um 8.30 Uhr fortgesetz­t. Neun Zeugen sind am nächsten Verhandlun­gstag geladen, um ein noch genaueres Bild von den Geschehnis­sen zu zeichnen. Der Verteidige­r des Angeklagte­n, Mihael Milosevic, kündigte an, dass der Angeklagte Angaben zu seiner Person machen wolle.

hatte das Opfer im Blut. „Es ist der höchste Wert, den wir am Institut seit langer Zeit gemessen haben“, so die Rechtmediz­inerin beim Prozessauf­takt.

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Foto: Michael Scheifele Der Vorsitzend­e Richter hörte am ersten Verhandlun­gstag Sachverstä­ndige an. Außerdem sagten Polizisten aus.

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