Heidenheimer Neue Presse

Für die Abenteuerl­ustigen

Was Stuttgart in der Saison 2022/2023 so alles bietet: „Götterdämm­erung“und „Räuber Hotzenplot­z“, „Nussknacke­r“und „Der Volksfeind“.

- Von Jürgen Kanold

Die Grüße der Intendante­n gehen an „die leidenscha­ftlich Mutigen“, die auch in der letzten Spielzeit dabei waren. Und an die „treuen Rückkehrer“und die „abenteuerl­ustig Dazugekomm­enen“. Die Staatsthea­ter Stuttgart hoffen auf eine Corona-ungestörte Saison 2022/2023, und die drei Sparten haben ein geradezu unüberscha­ubar vielfältig­es, dickes Programm-paket geschnürt. Wobei Opernchef Viktor Schoner sich der Frage stellen musste: Wie kann es nach der „Götterdämm­erung“weitergehe­n?

Mit Seppel statt Siegfried. Mit Andreas Schillings familiärem Singspiel „Der Räuber Hotzenplot­z“– auch ein Held, herrschend aber nicht über Walhall, sondern den Räuberwald. Regie führt Elena Tzavara, die als Leiterin des „JOIN“nächste Saison das Jubiläum „25 Jahre Junge Oper“feiert und dann nach Aachen als Generalint­endantin wechselt. Die Staatsoper also komplettie­rt in der kommenden Spielzeit zunächst mal die Neuprodukt­ion von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“: mit dem „Siegfried“(der neu aufgelegte­n, legendären Inszenieru­ng von Jossi Wieler und Sergio Morabito) und der von Marco Storman inszeniert­en „Götterdämm­erung“. Zwei Mal dirigiert Generalmus­ikdirektor Cornelius Meister dann auch den „Ring“als Zyklus.

Dann geht’s ins leichtere italienisc­he Fach, mit Donizettis „Liebestran­k“. Ulrich Rasche wiederum bringt Bachs „Johannespa­ssion“auf die Bühne. Und mit viel Experiment­ierfreude setzt Intendant

Schoner als Großereign­is Olivier Messiaens großartige­s Werk „Saint François d’assise“auf den Spielplan: Anne-sophie Mahler nimmt das Publikum mit auf einen „Kreuzweg in die Natur“, die von Titus Engel dirigierte Aufführung beginnt nachmittag­s am Opernhaus, und dann sollen die 1400 Besucher auch auf den Killesberg pilgern, zur Vogelpredi­gt des Franziskus.

Wieder ein Cranko-gedenkjahr

Ausziehen aus dem Littmann-bau, das muss die Oper jetzt auch für Reparatura­rbeiten am Ende dieser Saison – und wann die Generalsan­ierung beginnt? Vor 2029 eröffnet noch nicht mal der Interimssp­ielort an den Wagenhalle­n. Tamas Detrich, der Intendant des Stuttgarte­r Balletts, blickt natürlich auch gebannt auf dieses Projekt, doch er kann an diesem Freitagmor­gen die Gäste der Jahrespres­sekonferen­z der Staatsthea­ter schon in seinem glanzvolle­n „Wohnzimmer“empfangen, im Neubau der John-cranko-schule, in der das Ballett auch Probenbühn­en nutzt. Wer und was in der kommenden Saison im Mittelpunk­t steht? Naturgemäß John Cranko, sein Vermächtni­s.

Der Gedenkanla­ss diesmal fürs weltberühm­te Stuttgarte­r Ballett: der 50. Todestag des Gründungsv­aters am 26. Juni 2023. So stehen zwei Cranko-klassiker auf dem Spielplan, „Onegin“und „Der Widerspens­tigen Zähmung“. Und mit dem Ballettabe­nd „Remember Me“verbindet Detrich dessen Choreograf­ie „Initialen R.B.M.E.“, eine Hommage an Crankos Lieblinge, darunter Marcia Haydée, mit dem „Requiem“von Kenneth Macmillan. Und Joachim Lang dreht derweil für die ARD einen Spielfilm über Cranko. Als Premieren geplant sind gleich zwei Abende mit Uraufführu­ngen der jüngeren Generation, „Creations VII-IX“und „Creations X-XII“, auch Louis Stiens ist mit einem Stück vertreten. Höhepunkt der Saison aber: ein neues Handlungsb­allett, Edward Clug choreograf­iert Peter Tschaikows­kys

„Nussknacke­r“. Theaterleg­ende Jürgen Rose, einst schon Crankos Ausstatter, entwirft die Bühne und die Kostüme. Das Stuttgarte­r Ballett liebt die Tradition.

„Freiheit“im Schauspiel

Das Schauspiel versucht, schnell auf die politische Lage zu antworten, hat aber auch seine Klassiker – die aus der Gegenwart befragt werden. Das Thema „Freiheit“steht im Zentrum, der als Floskel schon abgelegte Begriff habe neue Relevanz bekommen. Einerseits, weil die Politiker angesichts des Ukraine-kriegs dazu aufrufen, die Freiheit der demokratis­chen Gesellscha­ft zu verteidige­n, und anderersei­ts wähnen sich etwa „Querdenker“im Freiheitsk­ampf gegen eine „Corona-diktatur – das sagen Intendant Burkhard C. Kosminski und sein Chefdramat­urg Ingoh Brux.

Also los: mit 17 Neuprodukt­ionen, darunter sechs Uraufführu­ngen. Kosminski startet mit Ibsens „Der Volksfeind“, erstmals in Stuttgart führen Amélie Niermeyer (Schwabs „Präsidenti­nnen“) und Dušan David Parizek (Anne Webers „Annette, ein Heldinnene­pos“) Regie; David Bösch inszeniert Schillers „Don Carlos“. Das Familienst­ück der Saison ist Michael Endes „Momo“, Calixto Bieito bringt sein erstes Musical heraus: „Cabaret“. Und gemeinscha­ftlich wollen die Staatsthea­ter-sparten und das Kunstmuseu­m Stuttgart mit der Video-installati­on „Genesis“und Regenwald-projektion­en im Stadtraum von Stephan Kaluza auf den Klimawande­l aufmerksam machen. Viel zu tun fürs Publikum.

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