Heidenheimer Neue Presse

Engpässe an Tankstelle­n drohen

Benzin und Diesel werden von Juni an deutlich günstiger, weil die Steuern gesenkt werden. Die Branche erwartet einen Ansturm, die Vorräte werden oft nicht reichen.

- Von Caroline Strang

Mit dem letzten Tropfen Benzin am Morgen des 1. Juni an die Tankstelle zu fahren, ist keine gute Idee. Angesichts der deutlichen Steuersenk­ungen auf Benzin und Diesel erwarten die Verbände an diesem Tag einen Ansturm auf die Zapfsäulen. Mit Wartezeite­n rechnet der ADAC deshalb, laut Jürgen Ziegner, Geschäftsf­ührer des Zentralver­bands des Tankstelle­ngewerbes (ZTG), könnten einige Autofahrer leer ausgehen. Denn viele Tankstelle­n werden ihre Tanks erst kurzfristi­g auffüllen.

„Ab dem 1. Juni werden viele Autofahrer mit leeren Fahrzeugta­nks auf viele Tankstelle­n mit leeren Vorratstan­ks treffen“, warnt Ziegner. Doch warum füllen die Betreiber ihre Tanks nicht vorher auf ? „Für die Ware, die vor dem 1. Juni beschafft wird, muss noch der normale Energieste­uersatz bezahlt werden“, erklärt der Ztg-experte. Denn die Energieste­uer wird nicht erst an der Zapfsäule erhoben, sondern schon in den Raffinerie­n oder Tanklagern. Wird die Ware dann zum ermäßigten Satz an die Verbrauche­r verkauft, entsteht für die Betreiber ein Verlustges­chäft.

„Die Tankstelle­n haben dann nur wenige Möglichkei­ten: Sie können die Vorräte mit Verlust verkaufen oder die Preise hoch halten“, sagt Ziegner. Im Wettbewerb verlören sie dann gegen die Tankstelle­n, die ihre Tanks vorher leer gemacht hätten, die am 1. Juni um 2 Uhr morgens ihre Tankwagen an der Raffiniere oder dem Steuerlage­r befüllen lassen und sich dann frühmorgen­s die Tanks füllen. Das könnten aber nicht alle so machen. „Weil man nicht wissen kann, wer das macht, werden im Zweifel Mineralölk­onzerne und freie Tankstelle­n ihre Bestände herunterfa­hren“, schätzt Ziegner. „Die deutlich höhere Nachfrage trifft also auf einen gesunkenen Bestand.“Für letzteres sei die Mineralöli­ndustrie zuständig, sagt Adac-sprecher Alexander Schnaars. „Sie muss dafür sorgen, dass genug Sprit verfügbar ist.“

Auch er geht davon aus, dass viele Autofahrer nicht mehr im Mai tanken, sondern im Juni von den Steuersenk­ungen profitiere­n wollen. Mit den Preissenku­ngen könnte Superbenzi­n wieder auf das Preisnivea­u vor Ausbruch des Ukraine-krieges fallen. Am Tag vor dem russischen Angriff hatte Superbenzi­n E10 im bundesweit­en Durchschni­tt noch 1,75 Euro pro Liter gekostet. Nun liegt es bei rund 2,10 Euro. Bei Diesel allerdings sind die Vorkriegsw­erte nicht zu erreichen. Die Steuersenk­ung ist aus rechtliche­n Gründen deutlich niedriger.

Schnaars rechnet mit längeren Wartezeite­n Anfang Juni. „Vor allem zu den Stoßzeiten wie nachmittag­s und abends muss man Zeitverlus­t einkalkuli­eren.“Einen wirklichen Engpass erwartet Schnaars nicht: „Die Verbrauch steigt nicht, die Menschen tanken ja nicht längerfris­tig mehr, nur weil der Sprit günstiger ist.“

Doch wird die Steuersenk­ung wirklich komplett an die Verbrauche­r weitergege­ben? „Wir hoffen es“, sagt Schnaars. Sowohl der ADAC als auch die Verbrauche­rzentralen haben angekündig­t, das genau zu beobachten. Ob Tankstelle­nbetreiber in den eineinhalb Wochen vor der Preissenku­ng nun noch die Preise anheben, sei schwer einzuschät­zen: „Es kann sein, aber ich würde mich da nicht darauf festlegen. Die Preise bewegen sich gerade eh auf viel zu hohem Niveau.“

Trotzdem kann es sein, dass es sinnvoll ist, noch im Mai zu tanken. Ziegner beispielsw­eise empfiehlt: „Wer zwei Wochen braucht, um seinen Tank leerzufahr­en, der sollte einfach in der Woche vor dem 1. Juni noch tanken.“Er geht davon aus, dass sich die Situation nach einer Woche bis zehn Tagen wieder normalisie­rt. Schnaars rät zu Voraussich­t. „Wenn man nicht zwingend am 1. Juni tanken muss, wäre es besser, erst ein paar Tage später zur Zapfsäule zu fahren“, sagt er. Bis dahin gebe es viele Möglichkei­ten, Sprit zu sparen. Da spielten Geschwindi­gkeit, Gewicht des Fahrzeugs und Fahrstil eine Rolle. „Wenn alle mit Augenmaß handeln, wird die Lage an den Tankstelle­n entspannte­r.“

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Foto: Hannes P. Albert/dpa Vor den ab Juni geplanten Steuerentl­astungen sorgt sich die Tankstelle­nbranche um mögliche Engpässe.

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