Heidenheimer Neue Presse

Covid weg, anderes aber auch Tschechien

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im Sommer die Covid-zahlen in Tschechien sanken, feierten Tausende mit Sekt, Als vor zwei Jahren

Bier und Canapés an einem ellenlange­n Tisch auf der Prager Karlsbrück­e eine „Corona-abschiedsp­arty“, deren Bilder um die Welt gingen. Dann kam alles ganz anders. Corona kehrte zurück und erwischte Tschechen zeitweilig so schwer wie kaum ein anderes Land weltweit. Das Land musste sich über Monate wieder abschotten. Homeoffice war angesagt, die Kinder lernten via Internet, die Kneipen waren dicht, alles andere auch.

Eine Neuauflage der Aktion auf der Karlsbrück­e wird es nicht geben. Die Stimmung im Land ist nicht danach. „Der Krieg in der Ukraine, vor unserer Haustür, verbietet das“, hört man in den nach Feierabend wegen des frühsommer­lichen Wetters wieder ganz gut gefüllten Biergärten. Aktuelle Sorgen drängen nach vorne

Doch auch andere Dinge bekümmern die Tschechen: „Die Inflation nähert sich der 15-Prozent-grenze, die Leute klagen über die massiv steigenden Immobilien­preise, manche haben nicht mehr genug Geld, um ihre langfristi­gen Kredite für die Wohnung abzuzahlen. Die Regierung tut zu wenig, um die Betroffene­n zu unterstütz­en“, fasst Petr, Chef einer Kneipe im Stadtteil Nusle, die häufigsten Gesprächst­hemen seiner Gäste zusammen. „Und die meisten lassen auch weniger Geld hier, zahlen schon nach dem dritten Bier, nicht wie früher erst nach dem fünften halben Liter.“

Der Wirt hilft jetzt mangels Personal selbst auch in der Küche mit. Vier von sechs seiner einstigen Beschäftig­ten haben in der Corona-zeit den Job gewechselt. „Es kommt niemand nach“, klagt er. Ähnliche Probleme hat das Hotelgewer­be, weiß er: „Dort haben jetzt zwar zahlreiche Frauen angeheuert, die mit ihren Kindern aus der Ukraine nach Tschechien geflüchtet sind. Aber die werden nicht ewig bleiben, die wollen so schnell wie möglich in ihre Heimat zurück.“

Zu den Langzeitfo­lgen von Corona im Verein mit Kulturbetr­ieb leidet besonders der allgemeine­n Teuerung gehört auch, dass die Leute bei der Kultur sparen. Kinos sind nur noch halb gefüllt. Die Theater klagen ähnlich: „Zur ersten Aufführung einer Neuinszeni­erung von Wagners ‚Fliegendem Holländer‘ im Theater in Usti (Aussig) kamen ganze 60 Zuschauer“, erzählt Pavel Žur, Direktor eines nordböhmis­chen Stadttheat­ers. Selbst Konzerte internatio­naler Stars sind nicht mehr ausverkauf­t wie früher.

Und Corona? Das ist aus den Schlagzeil­en völlig verschwund­en. Es gibt keinerlei Einschränk­ungen mehr für die Bürger, zuletzt wurde in der Prager Metro und in den Gesundheit­seinrichtu­ngen die Maskenpfli­cht abgeschaff­t. Aktuell werden landesweit lediglich 370 Covid-patienten in den Hospitäler­n behandelt, die Sieben-tage-inzidenz liegt bei etwas über 50. Tendenz fallend. Aber es sind seit Beginn der Pandemie auch mehr als 40.000 Menschen im Zusammenha­ng mit dem Virus gestorben. Aus dem Gesundheit­sministeri­um heißt es, man rechne mit einer neuen Welle im Herbst. Wie schwer sie ausfallen werde, sei jedoch noch nicht abzuschätz­en.

Hans-jörg Schmidt

 ?? ?? Noch im Januar demonstrie­rten auf dem Prager Wenzelplat­z Menschen lautstark gegen die Corona-maßnahmen. Foto: Deml Ondøej/dpa
Noch im Januar demonstrie­rten auf dem Prager Wenzelplat­z Menschen lautstark gegen die Corona-maßnahmen. Foto: Deml Ondøej/dpa
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