Heidenheimer Neue Presse

Lieber Schlüsselr­eiz,

- Hendrik Rupp

der Psychologe weiß, dass Du von Wesen zu Wesen unterschie­dlich ausgeprägt bist. Hunde agieren instinktiv anders als Katzen, Vögel anders als Fische und Schwaben anders als Menschen.

Jawohl. Jetzt in der Urlaubszei­t wird es wieder vorkommen, dass Schwaben auf ausländisc­hen Campingplä­tzen ihren Akkuschrau­ber zücken und den Wasserschl­auch an der Gemeinscha­ftsdusche mit einer Schelle befestigen, nachdem er zuvor nur mit Isolierban­d angeklebt war. „Ich haus kenna nemme agucka!“, werden sie erzählen. Es ist wie ein Bild, das schief hängt. Man kommt nicht dran vorbei.

Umso verständli­cher das Problem, das viele Menschen mit schwäbisch­en Schlüsselr­eizen seit Wochen am Bahnüberga­ng an der Mergelstet­ter Hainenbach­straße haben, auch genannt „der beim Schwenk“. Den Übergang hat man kürzlich erneuert, das war gut und richtig und das Ergebnis erfreut in vielerlei Hinsicht: Große Mengen verzinkten Stahls, alles noch ganz neu und sauber, da hüpft die schwäbisch­e Seele.

ABER! Der neue Bahnüberga­ng hat einen Makel. Nur einen Schönheits­fehler, aber einen, der nun wirklich einen Schlüsselr­eiz auslöst.

Über Generation­en waren wir gewöhnt, dass eine anständige Bahnschran­ke sich beim Schließen in die Horizontal­e senkt und beim Öffnen in die Vertikale hebt. Vertikal, also senkrecht! Lotrecht! 90 Grad!

Doch die neuen Schranken in Mergelstet­ten öffnen sich nur bis geschätzt 80 Grad. Dann bleiben sie stehen! Gar nicht senkrecht.

Der bestürzend­e Bildbeweis zeigt: Es herrscht Schieflage!

Es soll schlüsselg­ereizte Schwaben geben, die nur noch gesenkten Blickes den Bahnüberga­ng queren können. Zum Glück geht das schnell, und wenn man an der Schranke warten muss, ist sie wenigstens schön horizontal. Das schont Dich, lieber Schlüsselr­eiz.

Aber Du liest das ja eh wieder nicht.

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