Stolz und glücklich
Am Ende der Spielzeit 2022 verzeichnet das Heidenheimer Festival mit 13.596 Besuchern ein zufriedenstellendes Ergebnis.
Weil am Ende ja doch gern alles nach Zahlen bemessen wird, gibt’s eine davon gleich mal vorweg. Exakt 13.596 Besucher wurden während der am vergangenen Sonntag beendeten Spielzeit 2022 der Heidenheimer Opernfestspiele gezählt. Damit rangiert diese Saison auf Platz zehn der ewigen Bestenliste. Das wiederum macht Festspieldirektor Marcus Bosch „sehr glücklich“. Und „sehr stolz“macht es Matthias Jochner, den Kulturamtsleiter.
Mit einem Rekordbesuch, wie er zwischen 2012 und 2018 nahezu alljährlich vermeldet werden konnte, hatte heuer ohnehin niemand gerechnet. Und eigentlich wusste ja keiner, mit was überhaupt zur rechnen wäre nach zwei stark abgespeckten Jahren wegen Corona, nach einem Vorverkauf ohne Weihnachtsgeschäft und mit einem um ein halbes Jahr verkürzten Vorlauf. Sogar das Publikum war plötzlich ein unbekanntes Wesen. Kommt es zurück? Bleibt es daheim? Fürchtet es nach wie vor das Virus? Und wenn ja, wie sehr?
Reise ins Ungewisse
Dass unter diesen Bedingungen der Rekord mit 19.736 Besuchern der „Nabucco“-saison 2018 nicht in Gefahr geraten würde, war also klar. Ansonsten unternahmen Heidenheims Opernfestspieler gewissermaßen eine Reise ins Ungewissen, an deren Ende nun deutlich Erleichterung überwiegt. „Und gemessen an unseren Ausgangsbedingungen in der Postpandemie oder daran, dass wir eine sehr viel kürzere Zeit im Kartenvorverkauf waren, ist das Ergebnis geradezu sensationell.“Sagt Matthias Jochner.
Und Marcus Bosch sagt: „Am Ende sind wir wieder glücklich zurück.“Nach einer Saison, die Matthias Jochner gar als „Mutmacher“bezeichnet. Denn sowohl der Festspieldirektor als auch der Kulturamtsleiter werten „noch viel wichtiger“als die Besucherzahlen die Tatsache, dass man noch während der Saison die Zuschauer zurückholen konnte.
Große Ermutigung
„Aus Zurückhaltung oder Ängstlichkeit ist wieder Zuneigung geworden in den letzten zwei Wochen“, sagt Marcus Bosch und spielt damit auf die Tatsache an, dass der Vorverkaufsstand zur Zeit der „Tannhäuser“-premiere vor einem Monat auf eine Auslastung des Festivals von um die 65 Prozent hinzudeuten schien. „Am Ende sind wir nun bei 82 Prozent, da ist noch einiges passiert, denn plötzlich lief es immer besser.“
Was auch Matthias Jochner als große Ermutigung empfunden hat: „Je länger die Saison andauerte, desto mehr haben die Menschen ihre Zurückhaltung aufgegeben und wieder Lust am Liveerlebnis bei uns bekommen. Das macht auch uns Lust, die nächste Saison zu planen und dann all diejenigen wieder abzuholen, die sich diesmal noch nicht wieder getraut haben oder jene neu zu uns zu locken, die uns erst noch entdecken wollen.“Bis dahin will man auch die Zeit nutzen, um das gesamte Zahlenwerk noch ein wenig detaillierter zu analysieren.
Zahlenanalyse folgt
Lag es vor allem an den ausbleibenden Schulklassen und damit an Corona, dass die Vorstellungen der Jungen Oper lediglich zu 69 Prozent ausgelastet waren? Unterm Strich bleibt hier jedenfalls ein absoluter Minusrekord, der sich ebenso auf die Gesamtbesucherzahl auswirkte wie der Umstand, dass die „Tannhäuser“vorstellungen lediglich 75 Prozent Auslastung aufwiesen. Nur Corona? Oder weil Wagner nicht jedermanns Sache ist? „Auffällig war“, sagt Matthias Jochner, dass, die Premiere ausgenommen, in jeder Vorstellung mehr Besucher saßen, am meisten dann in der letzten.“Allerdings gab’s „Tannhäuser“insgesamt auch nur siebenmal. „Nabucco“war 2018 neunmal über die Bühne gegangen. „La Bohème“war 2016 zehnmal gezeigt worden. Die drei sinfonischen Konzerte wiederum waren am Ende zu 98 Prozent ausgelastet gewesen, das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten in dieser
Hinsicht. Die Verdi-oper „I due Foscari“war mit 85 Prozent ausgelastet und verzeichnete damit im fünften Jahr der Reihe mit Frühwerken des Meisters den zweitbesten Besuch.
Über dem Schnitt
„Sicher jedenfalls ist“, meint Marcus Bosch, „dass unser Programm gestimmt hat, was sich letztendlich herumgesprochen und die Menschen verlockt hat, nun doch heraus und zu uns zu kommen.“„Und sicher ist auch“, sagt Matthias Jochner, „dass wir mit unseren Zahlen im Vergleich zu anderen Theater- oder Festivalstädten deutlich über dem Schnitt liegen, denn landauf, landab wird da in der Regel mit größeren Auslastungsproblemen gekämpft.“
Dreimal weiteren Grund zur Freude und Zuversicht nimmt Marcus Bosch mit in den Urlaub. „Zunächst einmal hat mich sehr positiv überrascht, mit welcher inhaltlichen Tiefe über die beiden Operninszenierungen diskutiert worden ist. Und dann hat mich sehr gefreut, was Oberbürgermeister Michael Salomo gesagt hat, nämlich dass es nun gelte, die Opernfestspiele mit großen Enthusiasmus weiterzuentwickeln. Froh bin ich schließlich auch darüber, dass uns die Unternehmen der Stadt und der Region so deutlich zu verstehen geben, dass die Unterstützung der Opernfestspiele ganz klar Standortpolitik sei.“
Dies wiederum bestätigt Britta Fünfstück nicht nur in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende des Kuratoriums der Opernfestspiele, sondern auch als Vorstandsvorsitzende des Festspielsponsors Hartmann. „Aus Unternehmenssicht ist jede überregionale positive Strahlwirkung der Stadt von Bedeutung. Wir haben in unserem Unternehmen eine Mitarbeiterumfrage zu verschiedensten Aspekten zu Heidenheim durchgeführt, und die Opernfestspiele sind für viele ein wichtiges und sehr geschätztes Highlight. Die herausragende Qualität der Festspiele und die Strahlwirkung für die Stadt sind die Gründe, warum wir als Unternehmen finanziell unterstützen.“Und ganz persönlich kommt Britta Fünfstück 2022 zu diesem Festspielergebnis: „Es wurde musikalische Top-qualität geboten. Beide Operninszenierungen waren hervorragend, im Tannhäuser war ich gleich zweimal. Alles große Erlebnisse.“