Schröders Kontakte nutzen
Es fällt leicht, sich über Altkanzler Gerhard Schröder zu empören. Der Spd-politiker weigert sich, auf Distanz zum russischen Präsidenten Wladimir Putin zu gehen. Er zeigt Verständnis für Russlands „Einkreisungsängste“, die mit der politischen Realität nichts zu tun haben, und er empfiehlt einfache Lösungen wie die Inbetriebnahme von Nord Stream 2, was politisch nahezu bizarr wäre. Kurzum: Schröder tut wenig dafür, nicht wie der „Laufbursche Putins“zu wirken.
Doch so schäbig Schröders Verhalten auf viele Zeitgenossen wirkt. Zur Wahrheit gehört, dass er offensichtlich als Einziger noch einen Zugang zum russischen Präsidenten hat. Diese Männerfreundschaft scheint stabil genug zu sein, um in der gegenwärtigen Krise zu bestehen.
Anstatt von Schröder zu fordern, sich von Putin zu distanzieren, sollten sich die Gegner Russlands eher überlegen, wie sie seine Kontakte nach Moskau nutzen können. Verhandler kann man sich nicht immer aussuchen: Auch die Getreideexporte aus der Ukraine wurden von einer Regierung vermittelt, mit der Deutschland offenbar ein Problem hat, wie der Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in der Türkei gezeigt hat.
Zweifelhaft ist allerdings, ob der Altkanzler noch einen klaren Blick für die Situation im Osten Europas hat. Wenn er den angeblichen Verhandlungswillen des Kremls als „gute Nachricht“verkündet, nimmt er dabei den Blickwinkel des russischen Aggressors ein – und lässt die Interessen der Ukraine außen vor. Es ist nicht die Sache Moskaus und nicht die westlicher Unterstützer zu verkünden, ob das souveräne Land bereit für Verhandlungen ist. Das muss die Regierung in Kiew entscheiden.