Heidenheimer Neue Presse

Letzte Ausfahrt München

Lisa Brennauer wird nach den European Championsh­ips ihre Karriere beenden. Das gab die Bahn-olympiasie­gerin just am Jahrestag ihres Tokio-triumphes bekannt.

-

Am 3. August 2021 war Lisa Brennauer endgültig im Radsport-himmel angekommen: Olympia-gold mit dem deutschen Bahnvierer in Tokio, Fabelweltr­ekord. Und deshalb passt es, dass die 34-Jährige am Jahrestag des größten ihrer vielen großen Erfolge das Ende ihrer beeindruck­enden Karriere ankündigte.

An den Schlüsselm­oment im Sommer 2018 in Glasgow erinnert sich Lisa Brennauer noch bestens: Ihre Straßenrad-karriere war ein wenig ins Stocken geraten, Olympia in Rio 2016 war mehr oder weniger zum Vergessen und die Rückkehr auf die Bahn lief auch noch nicht wie gewünscht. „Wenn ich Kristina Vogel nehme: Ich erinnere mich an all die Bilder, wie sie jubelnd um die Bahn gefahren ist. Ich habe halt nie etwas gewonnen“, erzählt die Allgäuerin.

Doch in Glasgow platzte der Knoten, Sieg bei der EM in der Einerverfo­lgung, ihr erster Erfolg auf dem Holzoval. Sie habe danach gleich Kontakt zu Vogel aufgenomme­n, die einige Wochen zuvor ihren schlimmen Unfall hatte, und ihr gesagt: „Ich wollte auch mal so jubelnd um die Bahn fahren wie du.“

Seitdem fährt Brennauer eigentlich nur noch jubelnd um die Bahn – mit dem Super-jahr 2021 als Höhepunkt: Olympia-gold im Frauen-vierer, dazu jeweils der WM- und Em-titel in der Einerund Mannschaft­sverfolgun­g. Auf der Straße gab es auch noch Wmgold im Mixed. Gemessen an den

Erfolgen steht sie längst auf einer Stufe mit den besten deutschen Radsportle­rinnen wie eben Vogel und Judith Arndt. „Das sind Leute, zu denen habe ich aufgeschau­t“, sagt Brennauer: „Wenn man mit solchen Leuten auf eine Stufe gestellt wird, das macht schon stolz.“

Was soll also da noch kommen? Brennauer hat lange überlegt und viele Gespräche geführt – mit dem Ergebnis, dass der „richtige Zeitpunkt“für das Ende ihrer sportliche­n Laufbahn gekommen ist. „Man hat mir immer gesagt: Beim Karriereen­de fühlst du, wenn es der richtige Moment ist. Ich habe das nie so verstanden, aber jetzt verstehe ich es“, berichtet die 34-Jährige, die froh ist, dass sie den „Zeitpunkt selber wählen konnte und nicht dazu gezwungen

Die

Radsportle­rin übers Aufhören

wurde“. Im Bahn-vierer werden sie Brennauer vermissen, „die Mutti“, wie Teamkolleg­in Franziska Brauße sagt und Lisa Klein ergänzt: „War sie am Start, dann wusste man, es läuft. Was sie für den deutschen Radsport getan hat, ist unerreicht. Dass sie geht, ist echt schade. Aber unsere gemeinsame­n Erfolge werden uns für immer verbinden.“Ein gemeinsame­r Auftritt bleibt aber noch, bei den anstehende­n Europameis­terschafte­n, den „Championsh­ips“in München.

Sie nehme dort noch mal alles mit, sagt Brennauer. Auch auf der Straße werde sie an den Start gehen. Dass sie auf dem Asphalt auch noch richtig schnell ist, hat die Zeitfahr-weltmeiste­rin von 2014 gerade erst bei der DM bewiesen, als sie sich das Meistertri­kot geholt hatte. Und die nötige Grundlage hat sie mit über 1000 Kilometern bei der wiederbele­bten Tour de France auch in den Beinen. Das sei „richtig cool“gewesen, sagt Brennauer und schwärmt von der Atmosphäre am Straßenran­d in Frankreich.

Du fühlst den richtigen Moment. Ich habe das nie verstanden, aber jetzt verstehe ich es. Lisa Brennauer

Schub für den Sport

Das sei „ein Schub“gewesen, „den der Frauen-radsport gebraucht hat“, so die Allgäuerin. Ihre Sportart sei noch lange nicht da, wo sie sein könnte, so Brennauer, auch wenn das „Exotendase­in“abgelegt worden sei. „Es gibt auch Umfragen, dass nicht jeder von dem Sport leben kann. Da sind noch Wege zu gehen.“

Lisa Brennauer muss sich finanziell keine Sorgen machen. Seit letztem Jahr ist sie Berufssold­atin bei der Bundeswehr – Dienstgrad Hauptfeldw­ebel. Sie wolle dort dem Sport verbunden bleiben. „Ich hoffe, dass ich die Möglichkei­t bekomme, viel von meinem Wissen und meiner Erfahrung weiterzuge­ben“, sagt Lisa Brennauer. Auch eine Rolle als Trainerin sei durchaus einmal vorstellba­r.

 ?? Foto: Eibner ?? Die Kempteneri­n hat es nicht weit bis ins steilere alpine Trainings-terrain: Lisa Brennauer.
Foto: Eibner Die Kempteneri­n hat es nicht weit bis ins steilere alpine Trainings-terrain: Lisa Brennauer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany