Heidenheimer Neue Presse

„Sir Paul“allein zu Haus

Pop Eine schön gestaltete Box gibt einen umfassende­n Überblick über Mccartneys Solowerk.

- Werner Herpell

Vielleicht war Glastonbur­y Ende Juni der größte Triumph einer an Triumphen reichen Karriere. Mehr als 100 000 meist junge Fans bejubelten den gerade 80 Jahre alt gewordenen Paul Mccartney auf der riesigen Festivalbü­hne. Gastauftri­tte der Us-superstars Bruce Springstee­n und Dave Grohl rundeten die verspätete Geburtstag­sparty ab.

Oft ist reflexarti­g vom „Ex-beatle“die Rede – eine arge Verkürzung nach über fünf Jahrzehnte­n erfolgreic­her Karriere jenseits der „Fab Four“. Nun kommt, quasi als Fortsetzun­g der

Paul-mccartney-festspiele 2022, eine schicke Box heraus. Das vom berühmten Us-maler und Grafiker Ed Ruscha gestaltete Vinyl/ CD-SET beweist die Solo-qualitäten und die stilistisc­he Bandbreite des Liverpoole­r Sängers, Songwriter­s und Multiinstr­umentalist­en.

„Mccartney I/II/III“umfasst die drei selbstbeti­telten Studioalbe­n von 1970, 1980 und 2020, die der Meister praktisch im Alleingang schrieb, produziert­e und einspielte. Enthalten sind erste eigene Stücke nach dem Beatles-split („Mccartney I“), ein weiterer Neubeginn nach dem Ende der Nachfolgeb­and Wings („Mccartney II“), sowie musikalisc­he Grüße aus der Corona-pandemieze­it („Mccartney III“).

Wer die drei Alben am Stück hören will, sollte sich auf eine bunte Mixtur gefasst machen. Von den bescheiden arrangiert­en

Songs des jungen „Beatlemani­a“-aussteiger­s über Elektronik-experiment­e der frühen 1980er Jahre bis zum altersweis­en Songwriter-pop eines knapp 80-Jährigen ist alles dabei.

Passenderw­eise beginnt der 35-Lieder-reigen mit einer Liebeserkl­ärung an Mccartneys große Liebe „Lovely Linda“und endet mit „Winter Bird/when Winter Comes“. Dazwischen sind einige eher unbedeuten­de Songs und Instrument­als versteckt, aber auch Juwelen wie „Every Night“und „Maybe I‘m Amazed (1970), „Coming Up“und „Waterfalls“ (1980), „Women And Wives“und „Deep Deep Feeling“(2020).

Vor allem das erste Mccartney-soloalbum traf im April 1970 auf Ablehnung. Die rustikalen Arrangemen­ts der 13 kurzen Lieder hatten so gar nichts mit den Pop-kunstwerke­n der „Fab Four“gemein. Inzwischen wird das Debüt besser beurteilt.

50 Jahre später gelang „Sir Paul“mit dem melodisch und produktion­stechnisch brillanten Lockdown-solowerk „Mccartney III“ein großer Wurf, es wurde sofort weltweit für seine Klasse gefeiert.

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Kein Gedanke an Rente: Paul Mccartney Foto: Joel C Ryan/invision via Ap/dpa

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