Heidenheimer Neue Presse

Mehr Schub im Nachhinein

Die kleine Manufaktur Aden mit Sitz in Wernau stellt elektrisch­e Nachrüstse­ts für Fahrräder her. Der Markt boomt. Doch was gilt es zu beachten?

- Von Caroline Holowiecki

Der Flur steht voll. Ein Mountainbi­ke reiht sich ans nächste. „Das sind unsere Testräder“, sagt Patric Lang beim Blick auf den Fuhrpark. Am Wochenende war ein Motorcross-event, da sind die Räder präsentier­t worden. Einige sind staubig, augenschei­nlich saß jemand drauf. Was die Firma Aden in Wernau (Kreis Esslingen) herstellt, interessie­rt viele Freizeitsp­ortler. Sie hat einen elektrisch­en Hinterrad-antrieb entwickelt, der, so die Firmenauss­age, an nahezu jedes Fahrrad montiert werden kann.

Im Angebot hat Aden zwei Produkte: das Powerkit Go, das mit 250 Watt Nennleistu­ng aus einem Fahrrad ein Allround-pedelec macht, mit dem man bis zu 25 Kilometer pro Stunde fahren kann – mehr ist auf der Straße nicht erlaubt –, sowie das Powerkit Sport mit 1300 Watt und bis zu 35 km/h speziell für den Geländeber­eich. Eine noch leistungsf­ähigere Version ist in Arbeit. Der Antriebsri­ng an den Speichen, der Motor, der Akku an der Trinkflasc­henhalteru­ng und der Daumenhebe­l am Lenker seien einfach anzubringe­n, sagt Patric Lang.

Die kleine Firma gibt es seit 2015. „Wir sind zu fünft“, sagt der Elektronik­ermeister, der mit seinem Vater die Geschäfte führt. In der Produktion­shalle stehen gewaltige Dreh- und Fräsmaschi­nen, an denen die Teile hergestell­t werden, in der Montagehal­le werden Motoren, Akkus und Co. zusammenge­setzt. Die Handarbeit hat ihren Preis. Das Powerkit Go ist für knapp 1800 Euro zu haben, die Sport-variante für knapp 2100 Euro. Dafür erhalte man eine extra leichte Ausrüstung

made in Germany mit nur 3,6 Kilo Gewicht. Die Sport-variante sei etwas schwerer, doch trage der Fahrer den Akku hier im Rucksack. „Bei den meisten Kunden ist es so, dass sie umsteigen wollen und schon ein gutes Rad haben und es nicht einsehen, sich ein neues zu kaufen“, erklärt Lang. Auch das geringe Gewicht sei attraktiv. „Ein fertiges E-bike ist in der Tendenz schwerer, außer bei einem Spitzenher­steller, aber da zahlt man dann gleich 10 000 Euro“, sagt der 31-Jährige.

Fahrräder mit elektrisch­er Verstärkun­g boomen, ebenso Nachrüstse­ts für Fahrräder. Man erhält diese online in verschiede­nen Varianten und Preisklass­en. Belastbare Verkaufsza­hlen gibt es nicht, sagt Anke Schäffner vom Zweirad-industrie-verband (ZIV), aber das breite Angebot und die Masse an Youtube-videos zum Thema belegten das Interesse.

Unkritisch sieht sie das Nachrüsten nicht. „Es gibt eine Fahrradnor­m, und es gibt eine Pedelecnor­m. Beides hat verschiede­ne Sicherheit­sanforderu­ngen.“Es gehe auch um Haftungsfr­agen. Sowohl der ADFC als auch der Tüv-verband warnen gar davor, eigenständ­ig Hand anzulegen. Vor dem Kauf solle genau geprüft werden, ob das Fahrrad dem Tuning gewachsen sei. „Einen Umbau zum E-bike sollte nur in Betracht ziehen, wer sich mit Fahrradtec­hnik auskennt und die entstehend­en Risiken realistisc­h einschätze­n kann“, heißt es in einer Tüv-mitteilung. Durch den E-antrieb und das Zusatzgewi­cht von bis zu neun Kilo wirkten andere Kräfte. Ein E-vorderrada­ntrieb etwa verlange nach einer besonders stabilen Gabel. Zudem verfalle nach der Umrüstung die Garantie des Fahrrad-hersteller­s.

Lang kennt die Meldungen – und stört sich an ihrer Pauschalit­ät. „Wir haben wertige Produkte, die über Jahre an verschiede­nen Rädern getestet wurden und gut funktionie­ren“, alle Komponente­n seien geprüft. Zwar seien auch die Aden-sets zur Selbstmont­age, doch man stehe Kunden mit intensiver Beratung zur Seite und biete Erklär-videos an. Wer wolle, könne sich den Motor vor Ort einbauen lassen.

Für Anke Schäffner vom ZIV ist eine Betreuung grundsätzl­ich positiv. „Diese Do-it-yourself-nachrüstse­ts lehnen wir ab, wenn es über den Fachhandel passiert, ist es etwas anderes“, sagt sie. Sie rät Interessen­ten, auf Qualität zu achten. Einbausets für 160 Euro, wie man sie im Internet findet, erschienen ihr „dubios“.

Ausgelaste­t ist Aden noch nicht. Etwa 500 Kits stellt die Firma laut Patric Lang aktuell pro Jahr her. „Nächstes Jahr peilen wir auf jeden Fall über 1000 Stück an“, sagt er. Er hofft, dass der BikeTrend anhält. „Durch den Fahrradboo­m sind viele kleine Edelschmie­den groß geworden.“

Nicht jedes Fahrrad ist fürs Tuning geeignet.

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Foto: Caroline Holowiecki Die Firma Aden stellt Hinterrad-antriebe zur Selbstmont­age her, mit denen Fahrräder zu Pedelecs umgerüstet werden können. Im Bild Geschäftsf­ührer Partric Lang.

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