13 Millionen Menschen in Deutschland armutsgefährdet
Regelmäßig werden Daten zur Armut in Deutschland veröffentlicht. Jetzt hat das Statistische Bundesamt welche für 2021 vorgelegt. Was die neuen Zahlen aussagen – und was nicht.
Berlin. Wer ist arm, wer ist armutsgefährdet, und welche Kriterien liegen den Berechnungen zugrunde? Das Statistische Bundesamt hat am Donnerstag Zahlen vorgelegt, nach denen in Deutschland 13 Millionen Menschen – 15,8 Prozent der Bevölkerung – im vergangenen Jahr als armutsgefährdet galten. Die neueren Entwicklungen mit zum Teil dramatisch gestiegenen Energieund Lebensmittelpreisen sind in diesen Angaben noch nicht enthalten.
Die Zahl liegt damit leicht niedriger als im Jahr zuvor, als 200 000 Menschen mehr den Kriterien zur Armutsgefährdung entsprachen. Frauen sind demnach etwas mehr (16,5 Prozent) von Armut bedroht als Männer (15,1 Prozent).
Am größten ist die Gefährdung bei Arbeitslosen (47 Prozent), Alleinlebenden (26,8 Prozent) und Alleinerziehenden (26,6 Prozent).
Laut Eu-definition gilt ein Mensch als armutsgefährdet, wenn ihm weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung zur Verfügung steht. Wohngeld, Kindergeld und weitere Sozialleistungen gelten als Teil des Gesamteinkommens. In absoluten Zahlen lag der Schwellenwert für Armutsgefährdung im Jahr 2021 für Alleinlebende bei 15 009 Euro netto im Jahr (1251 Euro im Monat) und für eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren bei 31 520 Euro im Jahr (2627 Euro im Monat). Im Eu-ländervergleich liegt Deutschland bei diesen Wertungen regelmäßig etwa in der Mitte.
Definition ist umstritten
Kritiker monieren an der Berechnungsweise der Armutsgefährdung zum einen die willkürliche Festsetzung der 60-Prozent-marke. Zum anderen hätten Angaben über eine „relative“Armut immer den Nachteil, dass sich die Gefährdungsquote auch nicht verändern würde, wenn plötzlich alle zum Beispiel das Doppelte verdienen würden.
Aber auch wenn man die 60-Prozent-marke als Berechnungsgrundlage akzeptiert – die Zahlen, die von einzelnen Stellen zur Armutsgefährdung vorgelegt werden, weichen stark voneinander ab. So schlug der Paritätische Gesamtverband kürzlich Alarm mit der Mitteilung, die „Armut“sei innerhalb von zwei Jahren „rasant“von 15,9 auf 16,6 Prozent (2021) gestiegen. Zwar bezieht sich auch der Paritätische bei seinen Angaben auf Eu-zahlen, kommt aber zu anderen Ergebnissen als das Statistikamt.
Zudem vermischt der Paritätische in seinen Veröffentlichungen „Armut“mit „armutsgefährdet“– in der Eu-quelle (etwa dem Mikrozensus 2021) ist in der Regel von „Risk of Poverty“(Armutsrisiko) die Rede. Nicht alle, die von Armut bedroht sind, sind wirklich arm. Deshalb belässt man es beim Statistischen Bundesamt beim Begriff „Armutsgefährdung“.