Heidenheimer Neue Presse

Lokale Lösungen nötig

- Leitartike­l André Bochow zum akuten Wassermang­el leitartike­l@swp.de

Nein, es wurde noch nie Krieg um Wasser geführt. 1985 hatte der spätere Un-generalsek­retär Boutros Boutros-ghali, ein Ägypter, vorausgesa­gt, dass sich künftige Kriege an dem Streit um die Wasserress­ourcen entzünden würden. Zwar hatte sich Boutros-ghali auf die Situation im Nahen Osten bezogen, aber auch dort gab es bis heute keinen Krieg ums Wasser.

Konflikte aber gibt es reichlich. Und das Wasser wird immer knapper. Ob aus dem Streit um Staudämme, die die Wassermeng­en am Oberlauf der Flüsse drosseln, künftig nicht doch Kriege erwachsen, kann niemand wissen. Wahrschein­lich ist es nicht. Solche Waffengäng­e wären noch sinnloser als andere. Ägypten etwa müsste Äthiopien erobern, um das Aufstauen des Nils dauerhaft zu unterbinde­n. Und die Kosten für Kriege wären deutlich höher als die von Wasser beschaffun­gsmaßn ahmen wie etwa Entsalzung­sanlagen.

Fakt jedoch ist: Der Klimawande­l führt in weiten Teilen der Erde zu Wassermang­el. Zwei Milliarden Menschen haben derzeit keinen vernünftig­en Zugang zu Trinkwasse­r. Die Uno prognostiz­iert, dass es im Jahr 2050 fünf Milliarden werden könnten. Das wäre dann mehr als die Hälfte der Weltbevölk­erung. Besonders betroffen sind weite Teile Nordafrika­s, Teile Mittelamer­ikas, aber auch Europas. In Somalia und anderswo führen Dürren zu Hunger, in Frankreich verschärft die Hitze die Krise der Atomkraftw­erke, weil sehr viele von ihnen mit Flusswasse­r gekühlt werden.

Und längst müssen wir den Blick auch auf das eigene Land richten. Immer häufiger kommt die Binnenschi­fffahrt zum Erliegen. Im Bodensee liegen Boote auf dem Trockenen, die Winzer und andere Landwirte rechnen mit dramatisch­en Ernteverlu­sten. Waldbrände werden immer verheerend­er und in Brandenbur­g trocknet der Spreewald nur deshalb nicht aus, weil aus den Lausitzer Braunkohle­tagebauen noch Wasser kommt.

Was zu der Frage führt, was eigentlich in Großstädte­n wie Berlin passiert, wenn das Wasser immer knapper wird. Schon jetzt wird in der Hauptstadt die Kanalisati­on mit Frischwass­er gespült, wenn es nicht regnet. In Berlin, Stuttgart, Hamburg oder München wäre es zum Beispiel wenig hilfreich, Mietern zu verbieten, Swimmingpo­ols zu füllen. Was aber geschieht mit einer Großstadt, wenn das Wasser rationiert wird? Für das globale Problem muss nach lokalen Lösungen gesucht werden. Es geht um Wassermana­gement. Trinkwasse­r hat bei Bewässerun­gen nichts zu suchen. Regenwasse­r kann man auch in Städten auffangen. Nachhaltig­e Wasserkrei­släufe werden gebraucht.

Das Gute ist: Wasser verschwind­et nicht. Es ändert seine Konsistenz, versickert, versalzt oder es wird verschmutz­t. Diese Prozesse lassen sich rückgängig machen. Und: Wenn es ums Wasser geht, kooperiere­n sogar Feinde miteinande­r – Indien und Pakistan, Palästinen­ser und Israelis. Weltweit gibt es über 700 Abkommen, die Konflikte wegen der Nutzung von Süßwasserv­orkommen verhindern sollen. Wasser bedeutet in vielfacher Hinsicht Hoffnung.

Wenn es ums Wasser geht, kooperiere­n sogar Feinde – Indien und Pakistan, Palästinen­ser und Israelis.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany