Heidenheimer Neue Presse

Bio führt zu Staatsbank­rott

- Dominik Guggemos

Manchmal sagt eine Grafik mehr als tausend Worte. Der Elends-index von Sri Lanka, der Inflations­rate und Arbeitslos­enquote addiert, lag über viele Jahre um den Wert 10 herum. Mitte 2021 stieg er dann exorbitant, mittlerwei­le auf über 60. Was war passiert? Der kürzlich nach Massenprot­esten gestürzte Präsident Gotabaya Rajapaksa, der das Land in den Staatsbank­rott geführt hat, hatte die heimische Landwirtsc­haft auf 100 Prozent Bio umgestellt.

Der Import von chemischen Dünge- und Pflanzensc­hutzmittel­n wurde den zwei Millionen Bauern verboten; sie durften nur noch heimischen Bio-dünger verwenden. Die Folgen waren verheerend: massive Ernteausfä­lle, die zu einer Lebensmitt­elknapphei­t führten. Innerhalb von sechs Monaten fiel die Reisproduk­tion um 20 Prozent – während der Preis für das Grundnahru­ngsmittel um 50 Prozent stieg. Ende vergangene­n Jahres lockerte Ex-präsident Rajapaksa dann zwar das Verbot, doch da war der Schaden bereits angerichte­t.

„Die dortige Regierung hat aus Unfähigkei­t und der Not heraus einfach diese Maßnahmen verhängt. Mir war sofort klar, dass das zum Scheitern verurteilt ist“, sagt Urs Niggli. Der Schweizer Agrarwisse­nschaftler ist ein Vordenker der ökologisch­en Landwirtsc­haft. Aber für ihn ist klar: „Biolandbau per Dekret, das geht einfach nicht.“100 Prozent Bio, das schaffe nicht einmal der Zwergstaat Liechtenst­ein – und dort gebe es 100 Bauern. „Selbst dort liegt der Ökolandbau-anteil erst bei 50 Prozent.“

Missglückt­es Experiment

Erschweren­d kommt hinzu, dass dieses missglückt­e Experiment unter schwierige­n Bedingunge­n stattfand. Denn Sri Lanka hat kein gemäßigtes Klima wie Mitteleuro­pa. „Dort herrschen tropische Bedingunge­n, die eine sehr inputinten­sive Landwirtsc­haft erfordern“, sagt Niggli – „und die hat man auf null gestellt.“

Auch für den Göttinger Agrarökolo­gen Teja Tscharntke ist klar: „Man kann nicht einfach Pestizide weglassen und sonst bleibt alles beim Alten.“Gerade bei Hochertrag­ssorten laufe man sonst Gefahr, mit Krankheite­n und Schädlinge­n kämpfen zu müssen. Was bedeuten die Erfahrunge­n aus Sri Lanka für die Fähigkeit des Biolandbau­s, die Welt zu ernähren? Für Urs Niggli „wäre es absurd zu glauben, dass Ökolandbau eine Methode ist, die global flächendec­kend angewendet werden kann“.

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Die Wirtschaft­skrise trifft die Menschen in Sri Lanka schwer.

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