Software-verbot gegen Schule
Landesbeauftragter leitet Verfahren ein. Mehrere Schulen kündigen nach Prüfung und Beratung an, den Microsoft-dienst „MS 365“bis Ende des Jahres zu verlassen.
Mehr Zeit für Einsichtige – Strenge gegen Widerspenstige. In der Auseinandersetzung um die schulische Nutzung der Software „MS 365“des Us-herstellers Microsoft hat die Datenschutz-aufsichtsbehörde eine neue Stufe gezündet. Auf Anfrage teilte ein Sprecher von Stefan Brink, des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LFDI), mit, dass erstmals ein „Untersagungsverfahren“gegen eine Schule eingeleitet werde, die den Dienst nutzt.
Um den schulischen Einsatz des Cloud-gestützten Programms laufen schon lange Konflikte. Bis zu 1200 Schulen im Land sollen es zuletzt eingesetzt haben. Mit „MS 365“und dem enthaltenen Programm „Teams“können Lehrer Klassen digital managen, Material und Aufgaben verteilen, man kann per Video und Chat kommunizieren, gemeinsam Dokumente bearbeiten und mehr.
An vielen Schulen hat der Dienst während der Pandemie Fernunterricht ermöglicht. Die Programme sind günstig, funktionstüchtig und einfach zu bedienen. Ex-kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) überzeugte das, sie wollte sie in eine seit Jahren angekündigte, landesweite „Digitale Bildungsplattform“für alle Schulen verbauen.
Langer Konflikt
Früh gab es Zweifel und Kritik, ob die schulische Nutzung datenschutzrechtlich möglich sei. Brink zeigte sich skeptisch. Bei einem Pilotversuch des Ministeriums gemeinsam mit der Herstellerfirma testeten seine Techniker die Software. Sie prüften, verfolgten und maßen Datenströme – und rieten im April 2021 ab.
Es gebe „eine Vielzahl von Problemen und offenen Fragestellungen, welche weder das Kultusministerium noch die einzelnen Schulen datenschutzrechtlich verantworten können“, erklärte Brink. So komme es zu „zahlreichen Datentransfers in die USA, die nicht unterbunden werden können“. Weil dort ein nach Eu-maßstäben unzureichendes Datenschutzniveau herrscht, bestehe die Gefahr, dass Rechte von Nutzern verletzt würden, insbesondere von Minderjährigen, die dem wegen ihrer Schulpflicht auch nicht ausweichen könnten.
Wenig später war die landesweite Anschaffung vom Tisch. Doch es blieb die Frage nach dem Umgang mit jenen Schulen, die die Software „MS 365“oder „Teams“auf eigene Faust nutzen. In diesen Fällen sind die Schulleitungen rechtlich verantwortlich.
Im April gab Brink bekannt, die Anwendung an 40 Schulen, zu denen Beschwerden von Schülern, Eltern oder Lehrern vorlägen, zu prüfen. „Ab dem kommenden Schuljahr ist die Nutzung von MS 365 an Schulen zu beenden oder deren datenschutzkonformer Betrieb ist von den verantwortlichen Schulen eindeutig nachzuweisen“, forderte Brink. Nun ist das Schuljahr vorbei.
Auf Anfrage erklärt Brinks Sprecher, dass 28 der geprüften 40 Schulen angekündigt hätten, die Nutzung von „MS 365“im Laufe des nächsten Schuljahres zu beenden, „die allermeisten dabei bis Ende 2022“. Vier Beratungen liefen noch.
Weniger einsichtig zeigten sich andere: „Drei Schulen haben leider nicht auf unser Schreiben geantwortet, obwohl sie hierzu verpflichtet sind“, erklärte der Sprecher. Man nehme erneut Kontakt auf. „Wenn unsere Fragen weiterhin nicht beantwortet werden, eröffnen wir jeweils Untersagungsverfahren.“
Eine Schule habe „mitgeteilt, nicht auf MS 365 verzichten zu wollen, uns aber keine für unsere datenschutzrechtliche Prüfung notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt. Hier werden wir wie angekündigt ein Untersagungsverfahren eröffnen.“Zuerst werde die Schulaufsicht eingeschaltet, dann soll das Verfahren seinen Lauf nehmen.