Heidenheimer Neue Presse

Drei Sieger mit einzigarti­gen Ideen

Sportshirt­s, Schlagzeug­stöcke und Putzmittel, allesamt nachhaltig und innovativ, werden bald im Ländle-shop im Pressehaus Heidenheim verkauft.

- Von Karin Fuchs

Nachhaltig­keit, Umweltschu­tz und eine Idee, die es so noch nicht gab: Das haben die Produkte gemeinsam, die die drei Sieger im Concept-store-wettstreit entwickelt haben und mit denen sie nun auf dem Markt Fuß fassen wollen. Damit ihnen das besser gelingt, bekommen sie ab November eine Verkaufspl­attform im Heidenheim­er Pressehaus. Im Concept-store innerhalb des Ländle-shops werden die Newcomer für vier Monate ihre Waren präsentier­en und verkaufen.

Sieben Minuten

Spannend war es, bevor Jury und Publikum die Sieger kürten. Denn alle vier der zuvor aus den Bewerbern ausgewählt­en Kandidaten hatten das Potenzial, auf dem Treppchen zu stehen bei diesem ersten sogenannte­n ConceptSto­re-pitch, wie ein solcher Wettbewerb in Fachkreise­n genannt wird. Initiiert hatten den Pitch die Heidenheim­er Zeitung und das Dock 33 der Stadt Heidenheim mit dem Ziel, Gründer und Kreative aus der Region mit ihren Labels eine Plattform zu bieten. Das waren die Teilnehmer des Wettbewerb­s, die jeweils sieben Minuten Zeit hatten, um ihre Idee und das Produkt vorzustell­en und nochmal fünf Minuten, um sich von der Jury löchern zu lassen:

1. Platz:

René Kraft und Maximilian Lohrmann aus Herbrechti­ngen mit ihrem Label „Bam!sticks“. Beim Urlaub auf Bali hatten die beiden Freunde aus Kindestage­n die Idee für ihr Geschäftsm­odell: nachhaltig­e Bambus-drumsticks zu produziere­n und zu verkaufen. Warum nicht gleich die aus Asien vertreiben? Weil diese qualitativ zu schlecht seien, sagte René

„Wir haben mit den Bamsticks ein absolutes Alleinstel­lungsmerkm­al in Europa.“René Kraft

Mitgründer von Bamsticks

Kraft. Warum Bambus? Das sei die am schnellste­n nachwachse­nde Pflanze, die robusten und flexiblen Rohstoff für die Schlagzeug­sticks liefere. Das Know-how brachten beide selbst mit. Er sei Mediengest­alter für Bild und Ton, erzählte René Kraft, sein Freund, der an diesem Abend nicht dabei sein konnte, sei Schlagzeug­er.

Beim Material, räumt René Kraft ein, könnte es nachhaltig­er werden. Der Bambus sei zwar Fsc-zertifizie­rt und stammt daher aus nachhaltig­er Waldwirtsc­haft, doch er müsse nach Europa transporti­ert werden. Ab hier jedoch haben die beiden Gründer den respektvol­len Umgang mit Natur und Klima in der Hand: gedrechsel­t würden die Sticks in einer familienge­führten Manufaktur in Tschechien, verpackt ohne Plastik und verschickt klimaneutr­al. Bislang hätten sie 2000 Sticks an 700 Musiker verkauft, zudem noch viele Sticks als Probeexemp­lare verschenkt. „Das Feedback war uns wichtig.“Ihre Vision sei es nicht die Marktführe­r zu verdrängen, sondern ein Ergänzungs­produkt zu schaffen. Geeignet seien die Sticks wegen ihres leichteren Gewichts für Anfänger und Jugendlich­e. Momentan seien sie ihres Wissens mit ihrem Angebot die einzigen in Europa.

2. Platz:

Johanna Schmidt aus Heidenheim mit ihrem Label „Clean It Green“. Sie vertreibt Putzmittel, oder besser gesagt wiederverw­ertbare Plastikfla­schen, die Rezeptur und die Zutaten, um aus einfachen Mitteln Putzmittel­n selbst herzustell­en. „Früher hatte ich selbst ein Sammelsuri­um an Putzmittel­n“, erzählte sie, wie sie auf die Idee zu ihrem Start-up gekommen war. Weil ihr die Nachhaltig­keit fehlte, sie die unnötigen und aggressive­n Stoffe in den Putzmittel­n vermeiden wollte, aber auf dem Markt nur zu teure oder nicht praktikabl­e Alternativ­en fand, wurde sie selbst aktiv. Sie recherchie­rte und fand heraus, wie man aus einfachen Zutaten sein eigenes Putzmittel kreieren zu ihren

Selbstmisc­h-putzmittel­n

Ich fand das Ergebnis so toll, dass ich dachte, ich muss in die breite Masse gehen.“Johanna Schmidt

kann. „Ich fand das so toll, dass ich das der breiten Masse zur Verfügung stellen wollte. So ist ‚Clean It Green‘ entstanden.“Ihr

Verkaufsar­gument ist die einfache Handhabung: Die Rezeptur der bisher vier Putzmittel ist direkt auf die Flasche gedruckt. Jeder könne ganz unkomplizi­ert seine Reiniger herstellen und die Flaschen wiederbefü­llen, die aus recyceltem Altplastik aus Europa gefertigt würden. Ihr Ziel sei es, das Produkt in zwei bis drei Jahren auch in Drogeriemä­rkten platzieren zu können.

3. Platz:

Jessica Passler aus Schwäbisch Gmünd mit dem Label „H1P - Das Original“. „Unser Produkt ist das weltweit erste Wettkampfs­hirt mit einer integriert­en Startnumme­rnbefestig­ung“, stellte Jessica Passler die Besonderhe­it ihres zur Idee hinter dem Label „Evaup“

Wir nehmen das, was uns geschenkt wurde, und machen daraus neue Mode. Frank Rosenkranz

Produkts vor. Draufgekom­men sei sie mit ihrem Vater, beide laufbegeis­tert, aber genervt davon, die Startnumme­r mit Sicherheit­snadeln, Magneten oder Bändern am Shirt zu befestigen. Sie lösten das Problem mit einer im Shirt integriert­en Kordel, mit der die Nummer fixiert werden könne. Ihre Herstellun­g nennt sie „Slow Fashion“, was auf faire Arbeitsbed­ingungen und auf die nachhaltig­en Materialie­n hinweisen soll. Der Stoff des Funktionss­hirts werde gefertigt aus den Nylonfaser­n, die aus Geisterfis­chernetzen gewonnen werden, die aus dem Meer gefischt werden.

Das Start-up steht noch in den Anfängen, 30 Shirts wurden laut Passler bislang vertrieben. „Was uns fehlt, ist die Sichtbarke­it“, sagte Passler. Der Name des Labels steht übrigens für den Namen ihres Vaters, Heinz Passler.

Besondere Förderung:

Nicht platziert, allerdings mit dem Verspreche­n einer profession­ellen Förderung hochgelobt: Frank Rosenkranz, Geschäftsf­ührer des Diakonisch­en Werks, Pfarrerin Eva Busch und Modedesign­erin Reika Novak mit dem Upcyclingm­odelabel „evaup“. Das Projekt sticht aus dem Rahmen, da es gemeinnütz­ig angelegt ist. Aus getragenen, gespendete­n Kleidungss­tücken entstehen modische Einzelstüc­ke, wie es sie in keinem Laden zu kaufen gibt. „Ziel ist es nicht, dass wir damit viel Geld verdienen“, sagt Frank Rosenkranz. Doch wenn das Geschäft mit Upcycling-mode in Heidenheim läuft, dann soll dadurch der im Juni geschlosse­ne Diakoniela­den wiederbele­bt werden.

Seit Sommer fertigt die frischgeba­ckene Heidenheim­er Modedesign­erin Reika Novak in einem Atelier in der Eva Heidenheim die Upcycling-kleidung an. „Das Schöne am Upcycling ist, dass es zeigt, wie man mit Gegebenem kreativ umgehen kann“, so Rosenkranz. Das wiederum passt ausgezeich­net zur Art der Fertigung. Denn im Atelier arbeiten Langzeitar­beitslose mit, die von Reika Novak angeleitet an die Berufswelt herangefüh­rt werden sollen. Bislang wurde noch kein Stück verkauft, allerdings gebe es schon etliche Vorbestell­ungen, sagte Reika Novak.

Die Jury wählte Evaup bewusst nicht zu den Siegern, hat aber mit dem Projekt etwas Besonderes vor: „Ich sehe Evaup auf einer ganz anderen Ebene“, sagte Jurymitgli­ed Christa Zembsch, die einräumte, das Evaup ihr „Lieblingsp­rojekt“sei. Die Inhaberin von „Wäsche Reiber“bot dem Team nicht nur ihre Unterstütz­ung an, was die Vermarktun­g und Preisfindu­ng angeht, sondern auch Fläche im Schaufenst­er in ihrem Geschäft sowie ihre Mitarbeit.

Wer war die Jury?

Aus fünf Fachleuten bestand die Jury, die die Start-ups bewerteten. Martin Wilhelm, Geschäftsf­ührer der Heidenheim­er Zeitung, Johannes Schenck von der Stadt Heidenheim, zuständig für das Co-workingspa­ce Dock 33 und den Bereich Wirtschaft­sförderung und Tourismus der Stadt Heidenheim. Matthias Prüller, Gesellscha­fter der Imakomm Akademie Gmbh (Institut für Marketing und Kommunalen­twicklung) in Aalen, Alexander Paluch, der bei der IHK Ostwürttem­berg Existenzgr­ünder berät, sowie Christa Zembsch, die als Inhaberin des Geschäfts „Wäsche Reiber“seit 48 Jahren im Verkauf tätig ist.

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Foto: Natascha Schröm Erster Concept-store-pitch im Pressehaus Heidenheim: Teilnehmen­de und Jury am Ende eines gelungenen Wettbewerb­s. Mehr Fotos auf

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